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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

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sie sich zugetragen, und zwar in Gegenwart einer
großen Menge von Menschen; folglich muß sie
wahr seyn.

"Alle Jsraeliten werden Theil haben an dem
ewigen Leben; allein ihr Lohn wird sich nach der
Menge der guten Werke richten, die sie auf Erden
gethan haben. Die Gottlosen, welche ihre Sünden
nicht bereuen, müssen freilich zwölf Monate in der
Hölle büssen und gereinigt werden; allein nachher
bekommen sie im Paradiese gleichfalls ein Plätz-
chen *)." Hiernach wäre also die jüdische Hölle
eigentlich eine Besserungsanstalt, und insofern möch-
te ich ihr wirklich einen Vorzug vor der christlichen
geben. Nimmer kann ich mir denken, daß Gott
ein empfindendes Wesen zu unendlicher Qual sollte
erschaffen haben. Wäre ja mir, als einem Men-
schen es unmöglich, einen Andern zu ewiger Mar-
ter zu verdammen! Selbst den Doktor August Kuhn
(Aaron Kohn), den Herausgeber des Freimüthi-
gen **) für beschnittene und geschorene Leser, und
den Herrn Schriftsteller Wilhelm Scheerer, den
Verfasser der Turnfehde und des hinkenden Boten,
könnte ich zu keiner ewigen Höllenpein verurtheilen.
Die armen Judenseelen würden mich doch jammern,
so schlecht und schwarz sie auch sind. Wie sollte

*) Sanhedrin Kap. 11.
**) Dieser Freimüthige kömmt nemlich in Ber-
lin
heraus.
22 *

ſie ſich zugetragen, und zwar in Gegenwart einer
großen Menge von Menſchen; folglich muß ſie
wahr ſeyn.

»Alle Jſraeliten werden Theil haben an dem
ewigen Leben; allein ihr Lohn wird ſich nach der
Menge der guten Werke richten, die ſie auf Erden
gethan haben. Die Gottloſen, welche ihre Suͤnden
nicht bereuen, muͤſſen freilich zwoͤlf Monate in der
Hoͤlle buͤſſen und gereinigt werden; allein nachher
bekommen ſie im Paradieſe gleichfalls ein Plaͤtz-
chen *).« Hiernach waͤre alſo die juͤdiſche Hoͤlle
eigentlich eine Beſſerungsanſtalt, und inſofern moͤch-
te ich ihr wirklich einen Vorzug vor der chriſtlichen
geben. Nimmer kann ich mir denken, daß Gott
ein empfindendes Weſen zu unendlicher Qual ſollte
erſchaffen haben. Waͤre ja mir, als einem Men-
ſchen es unmoͤglich, einen Andern zu ewiger Mar-
ter zu verdammen! Selbſt den Doktor Auguſt Kuhn
(Aaron Kohn), den Herausgeber des Freimuͤthi-
gen **) fuͤr beſchnittene und geſchorene Leſer, und
den Herrn Schriftſteller Wilhelm Scheerer, den
Verfaſſer der Turnfehde und des hinkenden Boten,
koͤnnte ich zu keiner ewigen Hoͤllenpein verurtheilen.
Die armen Judenſeelen wuͤrden mich doch jammern,
ſo ſchlecht und ſchwarz ſie auch ſind. Wie ſollte

*) Sanhedrin Kap. 11.
**) Dieſer Freimuͤthige koͤmmt nemlich in Ber-
lin
heraus.
22 *
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[227/0261] ſie ſich zugetragen, und zwar in Gegenwart einer großen Menge von Menſchen; folglich muß ſie wahr ſeyn. »Alle Jſraeliten werden Theil haben an dem ewigen Leben; allein ihr Lohn wird ſich nach der Menge der guten Werke richten, die ſie auf Erden gethan haben. Die Gottloſen, welche ihre Suͤnden nicht bereuen, muͤſſen freilich zwoͤlf Monate in der Hoͤlle buͤſſen und gereinigt werden; allein nachher bekommen ſie im Paradieſe gleichfalls ein Plaͤtz- chen *).« Hiernach waͤre alſo die juͤdiſche Hoͤlle eigentlich eine Beſſerungsanſtalt, und inſofern moͤch- te ich ihr wirklich einen Vorzug vor der chriſtlichen geben. Nimmer kann ich mir denken, daß Gott ein empfindendes Weſen zu unendlicher Qual ſollte erſchaffen haben. Waͤre ja mir, als einem Men- ſchen es unmoͤglich, einen Andern zu ewiger Mar- ter zu verdammen! Selbſt den Doktor Auguſt Kuhn (Aaron Kohn), den Herausgeber des Freimuͤthi- gen **) fuͤr beſchnittene und geſchorene Leſer, und den Herrn Schriftſteller Wilhelm Scheerer, den Verfaſſer der Turnfehde und des hinkenden Boten, koͤnnte ich zu keiner ewigen Hoͤllenpein verurtheilen. Die armen Judenſeelen wuͤrden mich doch jammern, ſo ſchlecht und ſchwarz ſie auch ſind. Wie ſollte *) Sanhedrin Kap. 11. **) Dieſer Freimuͤthige koͤmmt nemlich in Ber- lin heraus. 22 *

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Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/261>, abgerufen am 13.05.2024.