Fortsetzung des Vorigen. Vom Tode und von den verschiedenen Zustän- den nach dem Tode.
Rabbi Menasse Ben Jsrael sagt: Die ganze Welt glaubte ehemals, daß die Seelen vergänglich wären, und daß der Mensch keinen Vorzug hätte vor den Thieren, bis endlich unser Vater Abraham kam, und den Menschen offenbarte, daß ihre See- len nach dem Tode fortdauern, und ans einem Leibe in den andern fahren würden *).
Der gute Rabbi irrt jedoch gar sehr. Unser Vater Abraham wußte wahrscheinlich eben so wenig von einer Fortdauer der Seele nach dem Tode, als von einer Seelenwanderung. Hätte er von beiden eine Ahnung gehabt, so würde er seinen Glau- ben sicherlich auf seine Nachkommen fortgepflanzt, und Moses selbst würde dann nicht blos irdische, sondern neben diesen auch künftige Belohnungen und
Fortſetzung des Vorigen. Vom Tode und von den verſchiedenen Zuſtaͤn- den nach dem Tode.
Rabbi Menaſſe Ben Jſrael ſagt: Die ganze Welt glaubte ehemals, daß die Seelen vergaͤnglich waͤren, und daß der Menſch keinen Vorzug haͤtte vor den Thieren, bis endlich unſer Vater Abraham kam, und den Menſchen offenbarte, daß ihre See- len nach dem Tode fortdauern, und ans einem Leibe in den andern fahren wuͤrden *).
Der gute Rabbi irrt jedoch gar ſehr. Unſer Vater Abraham wußte wahrſcheinlich eben ſo wenig von einer Fortdauer der Seele nach dem Tode, als von einer Seelenwanderung. Haͤtte er von beiden eine Ahnung gehabt, ſo wuͤrde er ſeinen Glau- ben ſicherlich auf ſeine Nachkommen fortgepflanzt, und Moſes ſelbſt wuͤrde dann nicht blos irdiſche, ſondern neben dieſen auch kuͤnftige Belohnungen und
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Fortſetzung des Vorigen.
Vom Tode und von den verſchiedenen Zuſtaͤn-
den nach dem Tode.
Rabbi Menaſſe Ben Jſrael ſagt: Die ganze
Welt glaubte ehemals, daß die Seelen vergaͤnglich
waͤren, und daß der Menſch keinen Vorzug haͤtte
vor den Thieren, bis endlich unſer Vater Abraham
kam, und den Menſchen offenbarte, daß ihre See-
len nach dem Tode fortdauern, und ans einem
Leibe in den andern fahren wuͤrden *).
Der gute Rabbi irrt jedoch gar ſehr. Unſer
Vater Abraham wußte wahrſcheinlich eben ſo wenig
von einer Fortdauer der Seele nach dem Tode,
als von einer Seelenwanderung. Haͤtte er von
beiden eine Ahnung gehabt, ſo wuͤrde er ſeinen Glau-
ben ſicherlich auf ſeine Nachkommen fortgepflanzt,
und Moſes ſelbſt wuͤrde dann nicht blos irdiſche,
ſondern neben dieſen auch kuͤnftige Belohnungen und
*) Jn ſeinem Buche Niſchmath Chajim, Maamar
(Theil) 4, Kap. 21.
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/214>, abgerufen am 03.05.2024.
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