Alles Menschliche verändert sich im Laufe der Zeit, und so nahm auch die jüdische Religion man- ches Fremdartige auf. Fahren ließen Jsraels Kin- der aber nichts von dem, was sie hatten, mochte selbst der neue Zuwachs dem ursprünglichen Besitz noch so sehr widerstreiten. Sie verstehen besser, als irgend eine andere Sekte, die seltene Kunst, den Schnee zu gleicher Zeit für weiß und für schwarz anzusehen, und die widersprechendsten Dinge mit einander zu vereinen. Für die Erhaltung des Ur- sprünglichen und für die Aufnahme neuer Dogmen und Formen sorgte die wachsame Kaste der Priester oder Leviten, welche sowohl in dem Alten, als in dem Neuen kräftige Befriedigungsmittel ihres Ei- gennutzes fand. Ganz anders, als mit dem mosai- schen Glauben gieng es mit der göttlichen Lehre des großen Gekreuzigten. Er hatte keine Priester- kaste gestiftet, denn der Geist seiner Lehre war kein Pfaffengeist. Erst durch eigene Anmaßung führten sich Bischöfe, Presbyter und Diakonen ein, ent- schieden, was geglaubt und was nicht geglaubt wer-
I. Bändchen. 12
Von Gott und goͤttlichen Dingen.
Alles Menſchliche veraͤndert ſich im Laufe der Zeit, und ſo nahm auch die juͤdiſche Religion man- ches Fremdartige auf. Fahren ließen Jſraels Kin- der aber nichts von dem, was ſie hatten, mochte ſelbſt der neue Zuwachs dem urſpruͤnglichen Beſitz noch ſo ſehr widerſtreiten. Sie verſtehen beſſer, als irgend eine andere Sekte, die ſeltene Kunſt, den Schnee zu gleicher Zeit fuͤr weiß und fuͤr ſchwarz anzuſehen, und die widerſprechendſten Dinge mit einander zu vereinen. Fuͤr die Erhaltung des Ur- ſpruͤnglichen und fuͤr die Aufnahme neuer Dogmen und Formen ſorgte die wachſame Kaſte der Prieſter oder Leviten, welche ſowohl in dem Alten, als in dem Neuen kraͤftige Befriedigungsmittel ihres Ei- gennutzes fand. Ganz anders, als mit dem moſai- ſchen Glauben gieng es mit der goͤttlichen Lehre des großen Gekreuzigten. Er hatte keine Prieſter- kaſte geſtiftet, denn der Geiſt ſeiner Lehre war kein Pfaffengeiſt. Erſt durch eigene Anmaßung fuͤhrten ſich Biſchoͤfe, Presbyter und Diakonen ein, ent- ſchieden, was geglaubt und was nicht geglaubt wer-
I. Baͤndchen. 12
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Von Gott und goͤttlichen Dingen.
Alles Menſchliche veraͤndert ſich im Laufe der
Zeit, und ſo nahm auch die juͤdiſche Religion man-
ches Fremdartige auf. Fahren ließen Jſraels Kin-
der aber nichts von dem, was ſie hatten, mochte
ſelbſt der neue Zuwachs dem urſpruͤnglichen Beſitz
noch ſo ſehr widerſtreiten. Sie verſtehen beſſer, als
irgend eine andere Sekte, die ſeltene Kunſt, den
Schnee zu gleicher Zeit fuͤr weiß und fuͤr ſchwarz
anzuſehen, und die widerſprechendſten Dinge mit
einander zu vereinen. Fuͤr die Erhaltung des Ur-
ſpruͤnglichen und fuͤr die Aufnahme neuer Dogmen
und Formen ſorgte die wachſame Kaſte der Prieſter
oder Leviten, welche ſowohl in dem Alten, als in
dem Neuen kraͤftige Befriedigungsmittel ihres Ei-
gennutzes fand. Ganz anders, als mit dem moſai-
ſchen Glauben gieng es mit der goͤttlichen Lehre
des großen Gekreuzigten. Er hatte keine Prieſter-
kaſte geſtiftet, denn der Geiſt ſeiner Lehre war kein
Pfaffengeiſt. Erſt durch eigene Anmaßung fuͤhrten
ſich Biſchoͤfe, Presbyter und Diakonen ein, ent-
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/139>, abgerufen am 24.11.2024.
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