nicht mit der rechten, sondern mit der linken Hand abwischen müße. Aber, fragte ihn der Sohn des Asai, wie konntest du so unartig gegen deinen Leh- rer seyn? Es ist das Gesetz, antwortete Akkiva, und ich muß lernen."
Der Sohn des Asai machte es darauf eben so bei seinem Lehrer, dem Rabbi Akkiva, und als ihn sein Schüler der Rabbi Jehuda, dem er dies nach- mals erzählte, fragte: Wie er so unverschämt ha- be seyn können? gab er gleichfalls zur Antwort: Es ist das Gesetz und ich muß lernen. *)
Noch weit vorwitziger oder wißbegieriger war der Rabbi Cahana. Er schlich sich einmal in das Schlafgemach seines Lehrers, des Raf, und ver- kroch sich unter dessen Bettstelle. Hier hörte er, daß der Raf mit seiner Frau scherzte und kurzweil- te. Als die Sache vorbei war, sprach er zum Raf: "Der Mund meines Lehrers ist gleich, als ob die Speise nicht verbrannt wäre." Cahana, bist du hier? fragte der Raf. Gehe hinaus. Es ist nicht Sitte, Eheleuten in ihrem Gemach nachzuschleichen, und sie in ihrem Bette zu belauschen. Cahana aber that seinen Mund auf, redete und sprach: Es ist das Gesetz, und ich muß lernen. **)
Dies hohe Ansehen erwarben sich die Rabbiner durch ihre Weisheit, ihre Tugenden und ihre Kraft Wunder zu thun.
*) Gleichfalls im Buche Berachoth.
**) Ebendaselbst.
nicht mit der rechten, ſondern mit der linken Hand abwiſchen muͤße. Aber, fragte ihn der Sohn des Aſai, wie konnteſt du ſo unartig gegen deinen Leh- rer ſeyn? Es iſt das Geſetz, antwortete Akkiva, und ich muß lernen.‟
Der Sohn des Aſai machte es darauf eben ſo bei ſeinem Lehrer, dem Rabbi Akkiva, und als ihn ſein Schuͤler der Rabbi Jehuda, dem er dies nach- mals erzaͤhlte, fragte: Wie er ſo unverſchaͤmt ha- be ſeyn koͤnnen? gab er gleichfalls zur Antwort: Es iſt das Geſetz und ich muß lernen. *)
Noch weit vorwitziger oder wißbegieriger war der Rabbi Cahana. Er ſchlich ſich einmal in das Schlafgemach ſeines Lehrers, des Raf, und ver- kroch ſich unter deſſen Bettſtelle. Hier hoͤrte er, daß der Raf mit ſeiner Frau ſcherzte und kurzweil- te. Als die Sache vorbei war, ſprach er zum Raf: „Der Mund meines Lehrers iſt gleich, als ob die Speiſe nicht verbrannt waͤre.‟ Cahana, biſt du hier? fragte der Raf. Gehe hinaus. Es iſt nicht Sitte, Eheleuten in ihrem Gemach nachzuſchleichen, und ſie in ihrem Bette zu belauſchen. Cahana aber that ſeinen Mund auf, redete und ſprach: Es iſt das Geſetz, und ich muß lernen. **)
Dies hohe Anſehen erwarben ſich die Rabbiner durch ihre Weisheit, ihre Tugenden und ihre Kraft Wunder zu thun.
*) Gleichfalls im Buche Berachoth.
**) Ebendaſelbſt.
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nicht mit der rechten, ſondern mit der linken Hand
abwiſchen muͤße. Aber, fragte ihn der Sohn des
Aſai, wie konnteſt du ſo unartig gegen deinen Leh-
rer ſeyn? Es iſt das Geſetz, antwortete Akkiva,
und ich muß lernen.‟
Der Sohn des Aſai machte es darauf eben ſo
bei ſeinem Lehrer, dem Rabbi Akkiva, und als ihn
ſein Schuͤler der Rabbi Jehuda, dem er dies nach-
mals erzaͤhlte, fragte: Wie er ſo unverſchaͤmt ha-
be ſeyn koͤnnen? gab er gleichfalls zur Antwort:
Es iſt das Geſetz und ich muß lernen. *)
Noch weit vorwitziger oder wißbegieriger war
der Rabbi Cahana. Er ſchlich ſich einmal in das
Schlafgemach ſeines Lehrers, des Raf, und ver-
kroch ſich unter deſſen Bettſtelle. Hier hoͤrte er,
daß der Raf mit ſeiner Frau ſcherzte und kurzweil-
te. Als die Sache vorbei war, ſprach er zum Raf:
„Der Mund meines Lehrers iſt gleich, als ob die
Speiſe nicht verbrannt waͤre.‟ Cahana, biſt du
hier? fragte der Raf. Gehe hinaus. Es iſt nicht
Sitte, Eheleuten in ihrem Gemach nachzuſchleichen,
und ſie in ihrem Bette zu belauſchen. Cahana aber
that ſeinen Mund auf, redete und ſprach: Es iſt
das Geſetz, und ich muß lernen. **)
Dies hohe Anſehen erwarben ſich die Rabbiner
durch ihre Weisheit, ihre Tugenden und ihre Kraft
Wunder zu thun.
*) Gleichfalls im Buche Berachoth.
**) Ebendaſelbſt.
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/128>, abgerufen am 16.02.2025.
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