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Humboldt, Alexander von: Versuch die mittlere Höhe der Continente zu bestimmen. In: Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Berlin, 1842, S. 233-244.

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lere Höhe des Himalaya-Rückens nicht zu 14,000 engl. Fuss,
sondern, wenn gleich überschätzt, zu 15,500 F. (2432 t.) ange-
schlagen. Das Plateau der drei Tübets von Iscardo, Ladak
und H'Lassa ist eine Intumescenz zwischen zwei anschaarenden
Ketten (Himalaya und Kouen-lun). Vigne's eben erschienene
Reise nach Baltistan oder Klein-Tübet, die von Lloyd besorgte
Ausgabe der Journale der Brüder Gerard, so wie neue in Indien
selbst angeregte Streitigkeiten über die relative Höhe der ewigen
Schneegrenze an dem indischen und tübetanischen Abhange des
Himalaya haben immer mehr gezeigt, dass die mittlere Höhe der
tübetanischen Hochebene bisher ansehnich überschätzt worden ist.
In seinem Werke Asie centrale, von dessen drittem Bande nur
noch wenige Bogen ungedruckt sind und welches von einer hyp-
sometrischen Karte von Asien vom Phasis bis zum Golf Petcheli,
vom Zusammenfluss des Ob und Irtysch bis zum Parallel von
Delhi begleitet ist, glaubt Herr von Humboldt durch Zusammen-
stellung vieler Thatsachen zu beweisen, dass die Intumescenz zwi-
schen Himalaya und Kouen-lun (der südlichen und nördlichen
Grenzkette von Tübet) nicht 1800 t. mittlerer Höhe übersteigt,
also selbst 200 t. niedriger als die Hochebene des Sees Titi-
caca ist.

Die hypsometrische Configuration des asiatischen Festlandes,
in der die Ebenen und Senkungen vielleicht noch auffallender als
die colossalen Hebungen sind, zeichnet sich durch zwei cha-
rakteristische
Grundzüge aus: 1) durch die lange Reihe von
Meridian-Ketten, die mit parallelen Axen, aber unter sich al-
ternirend
(vielleicht gangartig verworfen), vom Cap Como-
rin (Ceylon gegenüber) bis an die Küste des Eismeers, in gleich-
mässiger Richtung, SSO.-NNW.,unter dem Namen der Gha-
tes,
der Soliman-Kette, des Paralasa, des Bolor und
des Ural hinstreichen. Diese alternirende Lage der goldrei-
chen Meridian-Ketten
(Vigne hat neuerdings am östlichen
Bolor-Abfall, im Basha-Thale des Baltistan, die vom tübetischen
Murmelthiere, Herodots grossen Ameisen,durchwühlten Gold-
sandschichten besucht) offenbart das Gesetz, dass keine der eben
genannten fünf Meridian-Ketten, zwischen 64° und 75° Länge,
neben der nächsten gegen Osten und Westen vorbeistreicht,
auch dass jede neue longitudinale Erhebung erst in der geogr.

lere Höhe des Himalaya-Rückens nicht zu 14,000 engl. Fuſs,
sondern, wenn gleich überschätzt, zu 15,500 F. (2432 t.) ange-
schlagen. Das Plateau der drei Tübets von Iscardo, Ladak
und H'Lassa ist eine Intumescenz zwischen zwei anschaarenden
Ketten (Himalaya und Kouen-lun). Vigne's eben erschienene
Reise nach Baltistan oder Klein-Tübet, die von Lloyd besorgte
Ausgabe der Journale der Brüder Gerard, so wie neue in Indien
selbst angeregte Streitigkeiten über die relative Höhe der ewigen
Schneegrenze an dem indischen und tübetanischen Abhange des
Himalaya haben immer mehr gezeigt, daſs die mittlere Höhe der
tübetanischen Hochebene bisher ansehnich überschätzt worden ist.
In seinem Werke Asie centrale, von dessen drittem Bande nur
noch wenige Bogen ungedruckt sind und welches von einer hyp-
sometrischen Karte von Asien vom Phasis bis zum Golf Petcheli,
vom Zusammenfluſs des Ob und Irtysch bis zum Parallel von
Delhi begleitet ist, glaubt Herr von Humboldt durch Zusammen-
stellung vieler Thatsachen zu beweisen, daſs die Intumescenz zwi-
schen Himalaya und Kouen-lun (der südlichen und nördlichen
Grenzkette von Tübet) nicht 1800 t. mittlerer Höhe übersteigt,
also selbst 200 t. niedriger als die Hochebene des Sees Titi-
caca ist.

Die hypsometrische Configuration des asiatischen Festlandes,
in der die Ebenen und Senkungen vielleicht noch auffallender als
die colossalen Hebungen sind, zeichnet sich durch zwei cha-
rakteristische
Grundzüge aus: 1) durch die lange Reihe von
Meridian-Ketten, die mit parallelen Axen, aber unter sich al-
ternirend
(vielleicht gangartig verworfen), vom Cap Como-
rin (Ceylon gegenüber) bis an die Küste des Eismeers, in gleich-
mäſsiger Richtung, SSO.-NNW.,unter dem Namen der Gha-
tes,
der Soliman-Kette, des Paralasa, des Bolor und
des Ural hinstreichen. Diese alternirende Lage der goldrei-
chen Meridian-Ketten
(Vigne hat neuerdings am östlichen
Bolor-Abfall, im Basha-Thale des Baltistan, die vom tübetischen
Murmelthiere, Herodots groſsen Ameisen,durchwühlten Gold-
sandschichten besucht) offenbart das Gesetz, daſs keine der eben
genannten fünf Meridian-Ketten, zwischen 64° und 75° Länge,
neben der nächsten gegen Osten und Westen vorbeistreicht,
auch daſs jede neue longitudinale Erhebung erst in der geogr.

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[241/0010] lere Höhe des Himalaya-Rückens nicht zu 14,000 engl. Fuſs, sondern, wenn gleich überschätzt, zu 15,500 F. (2432 t.) ange- schlagen. Das Plateau der drei Tübets von Iscardo, Ladak und H'Lassa ist eine Intumescenz zwischen zwei anschaarenden Ketten (Himalaya und Kouen-lun). Vigne's eben erschienene Reise nach Baltistan oder Klein-Tübet, die von Lloyd besorgte Ausgabe der Journale der Brüder Gerard, so wie neue in Indien selbst angeregte Streitigkeiten über die relative Höhe der ewigen Schneegrenze an dem indischen und tübetanischen Abhange des Himalaya haben immer mehr gezeigt, daſs die mittlere Höhe der tübetanischen Hochebene bisher ansehnich überschätzt worden ist. In seinem Werke Asie centrale, von dessen drittem Bande nur noch wenige Bogen ungedruckt sind und welches von einer hyp- sometrischen Karte von Asien vom Phasis bis zum Golf Petcheli, vom Zusammenfluſs des Ob und Irtysch bis zum Parallel von Delhi begleitet ist, glaubt Herr von Humboldt durch Zusammen- stellung vieler Thatsachen zu beweisen, daſs die Intumescenz zwi- schen Himalaya und Kouen-lun (der südlichen und nördlichen Grenzkette von Tübet) nicht 1800 t. mittlerer Höhe übersteigt, also selbst 200 t. niedriger als die Hochebene des Sees Titi- caca ist. Die hypsometrische Configuration des asiatischen Festlandes, in der die Ebenen und Senkungen vielleicht noch auffallender als die colossalen Hebungen sind, zeichnet sich durch zwei cha- rakteristische Grundzüge aus: 1) durch die lange Reihe von Meridian-Ketten, die mit parallelen Axen, aber unter sich al- ternirend (vielleicht gangartig verworfen), vom Cap Como- rin (Ceylon gegenüber) bis an die Küste des Eismeers, in gleich- mäſsiger Richtung, SSO.-NNW.,unter dem Namen der Gha- tes, der Soliman-Kette, des Paralasa, des Bolor und des Ural hinstreichen. Diese alternirende Lage der goldrei- chen Meridian-Ketten (Vigne hat neuerdings am östlichen Bolor-Abfall, im Basha-Thale des Baltistan, die vom tübetischen Murmelthiere, Herodots groſsen Ameisen,durchwühlten Gold- sandschichten besucht) offenbart das Gesetz, daſs keine der eben genannten fünf Meridian-Ketten, zwischen 64° und 75° Länge, neben der nächsten gegen Osten und Westen vorbeistreicht, auch daſs jede neue longitudinale Erhebung erst in der geogr.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Versuch die mittlere Höhe der Continente zu bestimmen. In: Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Berlin, 1842, S. 233-244, hier S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_versuch_1842/10>, abgerufen am 28.03.2024.