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Humboldt, Alexander von: Über die Haupt-Ursachen der Temperatur-Verschiedenheit auf dem Erdkörper. In: Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften in Berlin. Aus dem Jahre 1827. Berlin, 1830, S. 295-316.

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schließen; überall geht von den Einwohnern selbst gründliche und voll-
ständige Belehrung aus.

Die executive Gewalt der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika läßt
seit 5 Jahren, zwischen dem 28sten und 47sten Grade der Breite, zwischen
dem Missury und den Alleghanis, zwischen dem See Michigan und der Küste
von Pensacola
, auf einem Flächen-Raume von 24,000 Quadratmeilen, an
siebenzehn verschiedenen Punkten, wo militairische Besatzungen stehen, täg-
lich dreimal meteorologische Beobachtungen anstellen, aus denen sich die
mittlere Temperatur der Tage, der Monate, und des Jahres ergiebt. Diese
Beobachtungen von dem General-Staabs-Arzte der Armee, Herrn Lovell,
berechnet, sind in zwei Abhandlungen auf Kosten der Nord-Amerikanischen
Regierung herausgegeben, und an alle wissenschaftliche Institute in Europa
vertheilt worden. Wenn nach diesem schönen Beispiele, in dem östlichen
Theile unseres alten Continents, in dem weitausgedehnten, der halben Mond-
fläche gleichen Raume zwischen der Weichsel und der Lena, in wohl ausge-
wählten Punkten, ähnliche unter sich vergleichbare Thermometer-Beobach-
tungen, auf Befehl und Kosten eines mächtigen Monarchen, gemacht wür-
den; so müßte in wenigen Jahren die ganze Klimatologie eine neue und
verbesserte Gestalt gewinnen.

Der Eifer, welcher die Vereinigten Staaten von Nord-Amerika be-
seelt, ist in dem jetzt erst frei gewordenen spanischen Amerika mit gleicher
Lebhaftigkeit erwacht. Zeitschriften, die in Bergstädten bis zu 9000 Fuß
Höhe gedruckt werden, geben täglich, in der ungeheuren Ausdehnung von
28° nördlicher bis 40° südlicher Breite, den Stand des Thermometers, Ba-
rometers und Hygrometers, nach genauen, in Paris und London angefer-
tigten Instrumenten an. So ist die nun vollendete politische Revolution
dieser Länder nicht bloß ihrem eigenen Wohlstande und dem Erwerbfleiße
von Europa ersprieslich geworden; sie wird auch unbezweifelt, je nach-
dem die Bevölkerung zunimmt, und sich wissenschaftliche Kultur über so
viele Berggehänge und Hochebenen verbreitet, zu einer gründlicheren
Kenntniß der höheren Schichten der Atmosphäre führen. Ganze Provin-
zen erheben sich dort zu der Höhe des Aetna und Pic's von Teneriffa, in-
selförmig im Luftmeere. Wo im alten Continent der reisende Physiker,
der ewigen Schneegrenze nahe, sein Zelt aufschlägt, da liegen hier volk-
reiche Städte.

schließen; überall geht von den Einwohnern selbst gründliche und voll-
ständige Belehrung aus.

Die executive Gewalt der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika läßt
seit 5 Jahren, zwischen dem 28sten und 47sten Grade der Breite, zwischen
dem Missury und den Alleghanis, zwischen dem See Michigan und der Küste
von Pensacola
, auf einem Flächen-Raume von 24,000 Quadratmeilen, an
siebenzehn verschiedenen Punkten, wo militairische Besatzungen stehen, täg-
lich dreimal meteorologische Beobachtungen anstellen, aus denen sich die
mittlere Temperatur der Tage, der Monate, und des Jahres ergiebt. Diese
Beobachtungen von dem General-Staabs-Arzte der Armee, Herrn Lovell,
berechnet, sind in zwei Abhandlungen auf Kosten der Nord-Amerikanischen
Regierung herausgegeben, und an alle wissenschaftliche Institute in Europa
vertheilt worden. Wenn nach diesem schönen Beispiele, in dem östlichen
Theile unseres alten Continents, in dem weitausgedehnten, der halben Mond-
fläche gleichen Raume zwischen der Weichsel und der Lena, in wohl ausge-
wählten Punkten, ähnliche unter sich vergleichbare Thermometer-Beobach-
tungen, auf Befehl und Kosten eines mächtigen Monarchen, gemacht wür-
den; so müßte in wenigen Jahren die ganze Klimatologie eine neue und
verbesserte Gestalt gewinnen.

Der Eifer, welcher die Vereinigten Staaten von Nord-Amerika be-
seelt, ist in dem jetzt erst frei gewordenen spanischen Amerika mit gleicher
Lebhaftigkeit erwacht. Zeitschriften, die in Bergstädten bis zu 9000 Fuß
Höhe gedruckt werden, geben täglich, in der ungeheuren Ausdehnung von
28° nördlicher bis 40° südlicher Breite, den Stand des Thermometers, Ba-
rometers und Hygrometers, nach genauen, in Paris und London angefer-
tigten Instrumenten an. So ist die nun vollendete politische Revolution
dieser Länder nicht bloß ihrem eigenen Wohlstande und dem Erwerbfleiße
von Europa ersprieslich geworden; sie wird auch unbezweifelt, je nach-
dem die Bevölkerung zunimmt, und sich wissenschaftliche Kultur über so
viele Berggehänge und Hochebenen verbreitet, zu einer gründlicheren
Kenntniß der höheren Schichten der Atmosphäre führen. Ganze Provin-
zen erheben sich dort zu der Höhe des Aetna und Pic's von Teneriffa, in-
selförmig im Luftmeere. Wo im alten Continent der reisende Physiker,
der ewigen Schneegrenze nahe, sein Zelt aufschlägt, da liegen hier volk-
reiche Städte.

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[300/0007] A. v. Humboldt schließen; überall geht von den Einwohnern selbst gründliche und voll- ständige Belehrung aus. Die executive Gewalt der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika läßt seit 5 Jahren, zwischen dem 28sten und 47sten Grade der Breite, zwischen dem Missury und den Alleghanis, zwischen dem See Michigan und der Küste von Pensacola, auf einem Flächen-Raume von 24,000 Quadratmeilen, an siebenzehn verschiedenen Punkten, wo militairische Besatzungen stehen, täg- lich dreimal meteorologische Beobachtungen anstellen, aus denen sich die mittlere Temperatur der Tage, der Monate, und des Jahres ergiebt. Diese Beobachtungen von dem General-Staabs-Arzte der Armee, Herrn Lovell, berechnet, sind in zwei Abhandlungen auf Kosten der Nord-Amerikanischen Regierung herausgegeben, und an alle wissenschaftliche Institute in Europa vertheilt worden. Wenn nach diesem schönen Beispiele, in dem östlichen Theile unseres alten Continents, in dem weitausgedehnten, der halben Mond- fläche gleichen Raume zwischen der Weichsel und der Lena, in wohl ausge- wählten Punkten, ähnliche unter sich vergleichbare Thermometer-Beobach- tungen, auf Befehl und Kosten eines mächtigen Monarchen, gemacht wür- den; so müßte in wenigen Jahren die ganze Klimatologie eine neue und verbesserte Gestalt gewinnen. Der Eifer, welcher die Vereinigten Staaten von Nord-Amerika be- seelt, ist in dem jetzt erst frei gewordenen spanischen Amerika mit gleicher Lebhaftigkeit erwacht. Zeitschriften, die in Bergstädten bis zu 9000 Fuß Höhe gedruckt werden, geben täglich, in der ungeheuren Ausdehnung von 28° nördlicher bis 40° südlicher Breite, den Stand des Thermometers, Ba- rometers und Hygrometers, nach genauen, in Paris und London angefer- tigten Instrumenten an. So ist die nun vollendete politische Revolution dieser Länder nicht bloß ihrem eigenen Wohlstande und dem Erwerbfleiße von Europa ersprieslich geworden; sie wird auch unbezweifelt, je nach- dem die Bevölkerung zunimmt, und sich wissenschaftliche Kultur über so viele Berggehänge und Hochebenen verbreitet, zu einer gründlicheren Kenntniß der höheren Schichten der Atmosphäre führen. Ganze Provin- zen erheben sich dort zu der Höhe des Aetna und Pic's von Teneriffa, in- selförmig im Luftmeere. Wo im alten Continent der reisende Physiker, der ewigen Schneegrenze nahe, sein Zelt aufschlägt, da liegen hier volk- reiche Städte.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Über die Haupt-Ursachen der Temperatur-Verschiedenheit auf dem Erdkörper. In: Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften in Berlin. Aus dem Jahre 1827. Berlin, 1830, S. 295-316, hier S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_ursachen_1830/7>, abgerufen am 29.03.2024.