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Humboldt, Alexander von: Skizze einer Geologischen Schilderung des südlichen Amerika. In: Allgemeine Geographische Ephemeriden. Bd. 9 (1802) St. 5, S. 389-420.

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Abhandlungen.
die Llanos, durch die man zwischen Guayana und
Barcelona geht, weniger vollkommen und eben als
die von Calabozo und Uritucu.

Derselbe merkwürdige Unterschied, den wir zwi-
schen der Cordillere von Venezuela und der Cata-
racten-Cordillere
darin fanden, daß die letztere
von Flözgebirgen ganz entblößt ist, eben dieser
Unterschied zeigt sich auch zwischen dem nörd-
lichen Llano des Orinoco und dem des Rio negro
und Amazone. In jenem ist das Urgebirge überall
mit dichtem Kalkstein, Gyps und Sandstein bedeckt;
in diesem steht überall der Granit zu Tage. Je mehr
man sich dem Aequator nähert, desto dünner wird
die Sandschichte, die die Erdrinde aus Urgebirg be-
deckt; in einem Lande, wo die Vegetation so un-
geheuer stark ist, sieht man in der Mitte von Wäl-
dern Räume von 40000 Quadrattoisen bloßen Gra-
nits, der kaum mit einigen Lichenen bedeckt ist
und sich nicht um zwey Zolle über den übrigen
Theil der Fläche erhebt. Wird man wohl einst
dasselbe in Afrika entdecken? (denn nur in Amerika
und Afrika giebt es festes Land unterm Aequator.)

Wir haben nun die Richtung der Berge und
Thäler, oder die Form der Ungleichheiten der Erde
gesehen, werfen wir jetzt den Blick auf einen noch
wichtigern und weniger untersuchten Gegenstand,
das Streichen und Fallen der Lagen des Urgebirges,
die diesen kleinen Theil der Erde, den ich durchlau-
fen habe, bilden. Ich halte mich seit 1792 für über-
zeugt, daß dieses Streichen des Urgebirgs einem
allgemeinen Gesetze folge, und daß (abgesehen von
denen Ungleichheiten, die durch unbedeutende ört-

liche

Abhandlungen.
die Llanos, durch die man zwiſchen Guayana und
Barcelona geht, weniger vollkommen und eben als
die von Calabozo und Uritucu.

Derſelbe merkwürdige Unterſchied, den wir zwi-
ſchen der Cordillere von Venezuela und der Cata-
racten-Cordillere
darin fanden, daß die letztere
von Flözgebirgen ganz entblößt iſt, eben dieſer
Unterſchied zeigt ſich auch zwiſchen dem nörd-
lichen Llano des Orinoco und dem des Rio negro
und Amazone. In jenem iſt das Urgebirge überall
mit dichtem Kalkſtein, Gyps und Sandſtein bedeckt;
in dieſem ſteht überall der Granit zu Tage. Je mehr
man ſich dem Aequator nähert, deſto dünner wird
die Sandſchichte, die die Erdrinde aus Urgebirg be-
deckt; in einem Lande, wo die Vegetation ſo un-
geheuer ſtark iſt, ſieht man in der Mitte von Wäl-
dern Räume von 40000 Quadrattoiſen bloßen Gra-
nits, der kaum mit einigen Lichenen bedeckt iſt
und ſich nicht um zwey Zolle über den übrigen
Theil der Fläche erhebt. Wird man wohl einſt
daſſelbe in Afrika entdecken? (denn nur in Amerika
und Afrika giebt es feſtes Land unterm Aequator.)

Wir haben nun die Richtung der Berge und
Thäler, oder die Form der Ungleichheiten der Erde
geſehen, werfen wir jetzt den Blick auf einen noch
wichtigern und weniger unterſuchten Gegenſtand,
das Streichen und Fallen der Lagen des Urgebirges,
die dieſen kleinen Theil der Erde, den ich durchlau-
fen habe, bilden. Ich halte mich ſeit 1792 für über-
zeugt, daß dieſes Streichen des Urgebirgs einem
allgemeinen Geſetze folge, und daß (abgeſehen von
denen Ungleichheiten, die durch unbedeutende ört-

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[397/0009] Abhandlungen. die Llanos, durch die man zwiſchen Guayana und Barcelona geht, weniger vollkommen und eben als die von Calabozo und Uritucu. Derſelbe merkwürdige Unterſchied, den wir zwi- ſchen der Cordillere von Venezuela und der Cata- racten-Cordillere darin fanden, daß die letztere von Flözgebirgen ganz entblößt iſt, eben dieſer Unterſchied zeigt ſich auch zwiſchen dem nörd- lichen Llano des Orinoco und dem des Rio negro und Amazone. In jenem iſt das Urgebirge überall mit dichtem Kalkſtein, Gyps und Sandſtein bedeckt; in dieſem ſteht überall der Granit zu Tage. Je mehr man ſich dem Aequator nähert, deſto dünner wird die Sandſchichte, die die Erdrinde aus Urgebirg be- deckt; in einem Lande, wo die Vegetation ſo un- geheuer ſtark iſt, ſieht man in der Mitte von Wäl- dern Räume von 40000 Quadrattoiſen bloßen Gra- nits, der kaum mit einigen Lichenen bedeckt iſt und ſich nicht um zwey Zolle über den übrigen Theil der Fläche erhebt. Wird man wohl einſt daſſelbe in Afrika entdecken? (denn nur in Amerika und Afrika giebt es feſtes Land unterm Aequator.) Wir haben nun die Richtung der Berge und Thäler, oder die Form der Ungleichheiten der Erde geſehen, werfen wir jetzt den Blick auf einen noch wichtigern und weniger unterſuchten Gegenſtand, das Streichen und Fallen der Lagen des Urgebirges, die dieſen kleinen Theil der Erde, den ich durchlau- fen habe, bilden. Ich halte mich ſeit 1792 für über- zeugt, daß dieſes Streichen des Urgebirgs einem allgemeinen Geſetze folge, und daß (abgeſehen von denen Ungleichheiten, die durch unbedeutende ört- liche

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Skizze einer Geologischen Schilderung des südlichen Amerika. In: Allgemeine Geographische Ephemeriden. Bd. 9 (1802) St. 5, S. 389-420, hier S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_skizze02_1802/9>, abgerufen am 24.04.2024.