Humboldt, Alexander von: Skizze einer Geologischen Schilderung des südlichen Amerika. In: Allgemeine Geographische Ephemeriden. Bd. 9 (1802) St. 4, S. 310-329.Abhandlungen. nea, und die Llanos des Mississipi, seit dem Ein-bruch des Meerbusens von Mexico ein Eigenthum des Meeres, gegenüber der Wüste von Serah. Diese Ansicht wird weniger gewagt scheinen, wenn man sich den alten und neuen Continent durch die Ge- walt des Wassers von einandergerissen denkt. Die Form der K[ü]sten, die ein- und auswärtsspringen- den Winkel von Amerika, Afrika und Europa be- zeugen diese Katastrophe; was wir den Atlantischen Ocean nennen, ist nichts als ein Thal vom Meer ausgewühlt. Die pyramidalische Form aller Con- tinente, mit gegen Süden gerichteter Spitze, die grössere Verflächung der Erde am Südpol, und an- dere von Reinhold Forster beobachtete Erschei- nungen scheinen zu beweisen, dass der Andrang des Wassers von Süden kam. An der Küste von Brasi- lien von Rio Janeiro bis Fernambouc fand es Wider- stand, und richtete sich von dem 50° N. Br. an gegen Nordost, wo es den Golfo von Guinea, bey Loango, Benin und Minc auswühlte; durch die Gebürge von Ober-Guinea wurde es gezwungen, sich nach Nordwest zu richten, und zerstörte bis zum 23° N. Br. die Küsten von Guiana, von Mexico und Flo- rida. An der hohen Cordillere der vereinigten Staa- ten brach sich die Gewalt des Wassers noch einmal, es lenkte zum zweytenmal ab gegen Nordost, und schonte weniger der westlichen Küsten von Europa als der nördlichen von Amerika. Dieser Kanal hat seine geringste Breite bey Brasilien und Grönland, er scheint sich aber, der Geographischen Geschichte der Thiere und Gewächse zufolge, zu einer Zeit gebildet zu haben, wo die organische Schöpfung noch gar nicht oder nur wenig auf der Erde zur Ent-
Abhandlungen. nea, und die Llanos des Miſſiſſipi, ſeit dem Ein-bruch des Meerbuſens von Mexico ein Eigenthum des Meeres, gegenüber der Wüſte von Serah. Dieſe Anſicht wird weniger gewagt ſcheinen, wenn man ſich den alten und neuen Continent durch die Ge- walt des Waſſers von einandergeriſſen denkt. Die Form der K[ü]ſten, die ein- und auswärtsſpringen- den Winkel von Amerika, Afrika und Europa be- zeugen dieſe Kataſtrophe; was wir den Atlantiſchen Ocean nennen, iſt nichts als ein Thal vom Meer ausgewühlt. Die pyramidaliſche Form aller Con- tinente, mit gegen Süden gerichteter Spitze, die gröſsere Verflächung der Erde am Südpol, und an- dere von Reinhold Forſter beobachtete Erſchei- nungen ſcheinen zu beweiſen, daſs der Andrang des Waſſers von Süden kam. An der Küſte von Braſi- lien von Rio Janeiro bis Fernambouc fand es Wider- ſtand, und richtete ſich von dem 50° N. Br. an gegen Nordoſt, wo es den Golfo von Guinea, bey Loango, Benin und Minc auswühlte; durch die Gebürge von Ober-Guinea wurde es gezwungen, ſich nach Nordweſt zu richten, und zerſtörte bis zum 23° N. Br. die Küſten von Guiana, von Mexico und Flo- rida. An der hohen Cordillere der vereinigten Staa- ten brach ſich die Gewalt des Waſſers noch einmal, es lenkte zum zweytenmal ab gegen Nordoſt, und ſchonte weniger der weſtlichen Küſten von Europa als der nördlichen von Amerika. Dieſer Kanal hat ſeine geringſte Breite bey Braſilien und Grönland, er ſcheint ſich aber, der Geographiſchen Geſchichte der Thiere und Gewächſe zufolge, zu einer Zeit gebildet zu haben, wo die organiſche Schöpfung noch gar nicht oder nur wenig auf der Erde zur Ent-
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Abhandlungen.
nea, und die Llanos des Miſſiſſipi, ſeit dem Ein-
bruch des Meerbuſens von Mexico ein Eigenthum
des Meeres, gegenüber der Wüſte von Serah. Dieſe
Anſicht wird weniger gewagt ſcheinen, wenn man
ſich den alten und neuen Continent durch die Ge-
walt des Waſſers von einandergeriſſen denkt. Die
Form der Küſten, die ein- und auswärtsſpringen-
den Winkel von Amerika, Afrika und Europa be-
zeugen dieſe Kataſtrophe; was wir den Atlantiſchen
Ocean nennen, iſt nichts als ein Thal vom Meer
ausgewühlt. Die pyramidaliſche Form aller Con-
tinente, mit gegen Süden gerichteter Spitze, die
gröſsere Verflächung der Erde am Südpol, und an-
dere von Reinhold Forſter beobachtete Erſchei-
nungen ſcheinen zu beweiſen, daſs der Andrang des
Waſſers von Süden kam. An der Küſte von Braſi-
lien von Rio Janeiro bis Fernambouc fand es Wider-
ſtand, und richtete ſich von dem 50° N. Br. an gegen
Nordoſt, wo es den Golfo von Guinea, bey Loango,
Benin und Minc auswühlte; durch die Gebürge
von Ober-Guinea wurde es gezwungen, ſich nach
Nordweſt zu richten, und zerſtörte bis zum 23° N.
Br. die Küſten von Guiana, von Mexico und Flo-
rida. An der hohen Cordillere der vereinigten Staa-
ten brach ſich die Gewalt des Waſſers noch einmal,
es lenkte zum zweytenmal ab gegen Nordoſt, und
ſchonte weniger der weſtlichen Küſten von Europa
als der nördlichen von Amerika. Dieſer Kanal hat
ſeine geringſte Breite bey Braſilien und Grönland,
er ſcheint ſich aber, der Geographiſchen Geſchichte
der Thiere und Gewächſe zufolge, zu einer Zeit
gebildet zu haben, wo die organiſche Schöpfung
noch gar nicht oder nur wenig auf der Erde zur
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