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Humboldt, Alexander von: [Humboldt an Schultze, Secretär der naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg]. In: Freiburger Wochen- und Unterhaltungsblatt, Nr. 15 (1830), S. [59]-61.

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[Spaltenumbruch] ten in voller, durch mehrere academische und andere
Aemter vermehrter Thätigkeit, in der Sitzung seiner
Facultät, der er präsidirte.

Sein Andenken wird dauern in der freundlichen
Gesinnung seiner Kollegen, es wird fortleben in den
dankbaren Herzen einer großen Zahl von Schülern,
fortleben in der Erinnerung der Tausende, die er mit
aufopfernder Sorgfalt in Krankheiten gepflegt, denen
er Tag und Nacht ein treuer Helfer in Noth und Tod,
und Tröster in den bittersten Schmerzen gewesen. Denn
er war unermüdlich in dem Berufe des Arztes, und
dieser Beruf ist schwer, so leicht ihn auch mancher dar-
stellen möchte. Die nähere Schilderung seiner Ver-
dienste in den vielfachen Beziehungen, welche ihm seine
Stellung darbot, überlasse ich dem gewandten Redner
der Universität, der diese Pflicht übernommen hat. Nur
eine uns zunächst angehende Seite seiner Thätigkeit
will ich mit wenigen Worten berühren. Es war un-
verkennbar das höchste Ziel von Eckers Bestrebungen,
seiner ärztlichen Wirksamkeit eine feste Grundlage durch
naturwissenschaftliche Kenntnisse zu geben; die erste und
letzte, die höchste und größte Aufgabe des Arztes.

O meine jüngern Freunde, die Sie an der Schwelle
ärztlicher Wirksamkeit stehen! Wenn leichter jugendlicher
Sinn, oder das verführerische Beispiel frivoler Char-
latanerie Jhnen die Schwierigkeiten dieser großen Auf-
gabe verbergen will, fragen Sie einen Mann, der
Arzt und wahrer Naturforscher zugleich, und in diesem
doppelten Wirkungskreise ergraut ist, fragen Sie ihn,
wie oft er der gewaltigen Natur gegenüber die Schwäche
menschlicher Kräfte gefühlt habe, wie oft er vergeblich
bemüht gewesen, in allen den vermeintlichen Lebens-
gesetzen, die heute mit leichter Zunge gegeben, und
morgen wieder umgestoßen werden, das Mittel zu fin-
den, um den Sturm der Kräfte in der Krankheit zu
zähmen; wie oft ihm endlich erst die Untersuchung der
Leiche den Schlüssel zu dem Räthsel gegeben, an des-
sen Lösung vielleicht das Leben eines Kindes hieng,
das das Glück seiner Eltern, oder die Rettung eines
Vaters, der die Stütze der Familie, der Stolz des
Landes war.

Solche Erfahrungen sind unzertrennlich von dem
Geschäft des gewissenhaften naturforschenden Arztes;
sie bringen ihm kummervolle Nächte und sorgenschwere
Tage, deren hartverdiente Frucht endlich der Schmuck
des großen Arztes ist; die reife Erfahrung mit dem
bescheidenen Mißtrauen in die menschliche Kunst gepaart.

Darum ist es ein so seltenes als großes Glück,
darum ein so allgemeines Fest, wenn ein ächter Heil-
künstler auf 50 Jahre treu erfüllten Berufes zurück-
blicken kann, und in der stillen Theilnahme wie in der
lauten Freude den Lohn für viele und große Opfer fin-
det; ein Fest, das unserm geschiedenen Kollegen nahe
[Spaltenumbruch] bevorstand, und dessen Feier wir ihm vom Herzen ge-
wünscht haben.

Da mehrere Mitglieder im vergangenen Jahre län-
gere Zeit auf Reisen abwesend waren, so fanden nur
15 Sitzungen statt, in welchen folgende wissenschaft-
liche Vorträge gehalten wurden.

1) Jn der öffentlichen Sitzung am 24. August 1828
wurde der Jahresbericht von dem Secretär abge-
stattet.
2) Hierauf zeigte Hr. Geheime-Hofrath Ecker
den Gypsabguß eines außerordentlich dicken Schedels
der sich in der großherzoglichen Sammlung zu Darm-
stadt befindet, vor, und sprach über diesen und ähn-
liche Fälle.
3) Dann trug Hr. Professor Zell eine Zusam-
menstellung der Ansichten des Aristoteles über den Ge-
schmacksinn vor.
4) Diesem Vortrage folgte in derselben Sitzung die
Abhandlung des Hrn. Dr. Schwörer über das Thema:
Würdigung des großen Einflusses der Naturforschung
auf höhere Anthropologie und des weiblichen Lebens
insbesondere, und dadurch bedingte natürliche Geburts-
hülfe, deren Geschichte in kurzer Skizze gegeben wurde.
5) Am 9. Dezember: Hofrath Schultze über
die Bewegung der einzelnen Theilchen fein pulverisirter
Körper in verdunstenden Flüssigkeiten. *)
6) Am 5. Januar 1829 trug Herr Hofrath
Baumgärtner
einen Fall von geheilter Blausäure-
Vergiftung vor.
7) Am 19. Januar: Hofrath Schultze über
einige menschliche Mißgeburten.
8) Am 3. Februar trug Hr. Professor Fromm-
herz
über die Gratiola officinalis vor; in derselben
Sitzung zeigte er das Kalium in größeren Quantitäten,
und machte mehrere Versuche über seine Verbrennlichkeit.
9) Am 16. Februar hielt Herr Hofrath Beck über
die Behandlung der nach Verbrennung entstandenen Nar-
ben Vortrag.
10) Am 16. März: Herr Dr. Schwörer über das
menschliche Ei.
11) Am 6. April: Herr Professor Perleb über
die Bildung des Pflanzensaamens und die Analogie sei-
ner einzelnen Theile mit denen des Thier-Eies.
12) Herr Hofrath Baumgärtner theilte in der
Sitzung am 27. April seine Beobachtungen über die
Entwickelung des Froscheies mit, und erläuterte sie durch
Zeichnungen.
13) Jn der Sitzung vom 15. Juni erzählte Herr Dr.
Diez die Geschichte von drei psychischen Krankheitsfällen.
*) Diese Abhandlung ist in Verbindung mit dem Programm,
welches die Gesellschaft zur Feier des Karl Friedrich's
Festes herausgegeben hat, in der Herder'schen Buchhand-
lung erschienen.

[Spaltenumbruch] ten in voller, durch mehrere academiſche und andere
Aemter vermehrter Thätigkeit, in der Sitzung ſeiner
Facultät, der er präſidirte.

Sein Andenken wird dauern in der freundlichen
Geſinnung ſeiner Kollegen, es wird fortleben in den
dankbaren Herzen einer großen Zahl von Schülern,
fortleben in der Erinnerung der Tauſende, die er mit
aufopfernder Sorgfalt in Krankheiten gepflegt, denen
er Tag und Nacht ein treuer Helfer in Noth und Tod,
und Tröſter in den bitterſten Schmerzen geweſen. Denn
er war unermüdlich in dem Berufe des Arztes, und
dieſer Beruf iſt ſchwer, ſo leicht ihn auch mancher dar-
ſtellen möchte. Die nähere Schilderung ſeiner Ver-
dienſte in den vielfachen Beziehungen, welche ihm ſeine
Stellung darbot, überlaſſe ich dem gewandten Redner
der Univerſität, der dieſe Pflicht übernommen hat. Nur
eine uns zunächſt angehende Seite ſeiner Thätigkeit
will ich mit wenigen Worten berühren. Es war un-
verkennbar das höchſte Ziel von Eckers Beſtrebungen,
ſeiner ärztlichen Wirkſamkeit eine feſte Grundlage durch
naturwiſſenſchaftliche Kenntniſſe zu geben; die erſte und
letzte, die höchſte und größte Aufgabe des Arztes.

O meine jüngern Freunde, die Sie an der Schwelle
ärztlicher Wirkſamkeit ſtehen! Wenn leichter jugendlicher
Sinn, oder das verführeriſche Beiſpiel frivoler Char-
latanerie Jhnen die Schwierigkeiten dieſer großen Auf-
gabe verbergen will, fragen Sie einen Mann, der
Arzt und wahrer Naturforſcher zugleich, und in dieſem
doppelten Wirkungskreiſe ergraut iſt, fragen Sie ihn,
wie oft er der gewaltigen Natur gegenüber die Schwäche
menſchlicher Kräfte gefühlt habe, wie oft er vergeblich
bemüht geweſen, in allen den vermeintlichen Lebens-
geſetzen, die heute mit leichter Zunge gegeben, und
morgen wieder umgeſtoßen werden, das Mittel zu fin-
den, um den Sturm der Kräfte in der Krankheit zu
zähmen; wie oft ihm endlich erſt die Unterſuchung der
Leiche den Schlüſſel zu dem Räthſel gegeben, an deſ-
ſen Löſung vielleicht das Leben eines Kindes hieng,
das das Glück ſeiner Eltern, oder die Rettung eines
Vaters, der die Stütze der Familie, der Stolz des
Landes war.

Solche Erfahrungen ſind unzertrennlich von dem
Geſchäft des gewiſſenhaften naturforſchenden Arztes;
ſie bringen ihm kummervolle Nächte und ſorgenſchwere
Tage, deren hartverdiente Frucht endlich der Schmuck
des großen Arztes iſt; die reife Erfahrung mit dem
beſcheidenen Mißtrauen in die menſchliche Kunſt gepaart.

Darum iſt es ein ſo ſeltenes als großes Glück,
darum ein ſo allgemeines Feſt, wenn ein ächter Heil-
künſtler auf 50 Jahre treu erfüllten Berufes zurück-
blicken kann, und in der ſtillen Theilnahme wie in der
lauten Freude den Lohn für viele und große Opfer fin-
det; ein Feſt, das unſerm geſchiedenen Kollegen nahe
[Spaltenumbruch] bevorſtand, und deſſen Feier wir ihm vom Herzen ge-
wünſcht haben.

Da mehrere Mitglieder im vergangenen Jahre län-
gere Zeit auf Reiſen abweſend waren, ſo fanden nur
15 Sitzungen ſtatt, in welchen folgende wiſſenſchaft-
liche Vorträge gehalten wurden.

1) Jn der öffentlichen Sitzung am 24. Auguſt 1828
wurde der Jahresbericht von dem Secretär abge-
ſtattet.
2) Hierauf zeigte Hr. Geheime-Hofrath Ecker
den Gypsabguß eines außerordentlich dicken Schedels
der ſich in der großherzoglichen Sammlung zu Darm-
ſtadt befindet, vor, und ſprach über dieſen und ähn-
liche Fälle.
3) Dann trug Hr. Profeſſor Zell eine Zuſam-
menſtellung der Anſichten des Ariſtoteles über den Ge-
ſchmackſinn vor.
4) Dieſem Vortrage folgte in derſelben Sitzung die
Abhandlung des Hrn. Dr. Schwörer über das Thema:
Würdigung des großen Einfluſſes der Naturforſchung
auf höhere Anthropologie und des weiblichen Lebens
insbeſondere, und dadurch bedingte natürliche Geburts-
hülfe, deren Geſchichte in kurzer Skizze gegeben wurde.
5) Am 9. Dezember: Hofrath Schultze über
die Bewegung der einzelnen Theilchen fein pulveriſirter
Körper in verdunſtenden Flüſſigkeiten. *)
6) Am 5. Januar 1829 trug Herr Hofrath
Baumgärtner
einen Fall von geheilter Blauſäure-
Vergiftung vor.
7) Am 19. Januar: Hofrath Schultze über
einige menſchliche Mißgeburten.
8) Am 3. Februar trug Hr. Profeſſor Fromm-
herz
über die Gratiola officinalis vor; in derſelben
Sitzung zeigte er das Kalium in größeren Quantitäten,
und machte mehrere Verſuche über ſeine Verbrennlichkeit.
9) Am 16. Februar hielt Herr Hofrath Beck über
die Behandlung der nach Verbrennung entſtandenen Nar-
ben Vortrag.
10) Am 16. März: Herr Dr. Schwörer über das
menſchliche Ei.
11) Am 6. April: Herr Profeſſor Perleb über
die Bildung des Pflanzenſaamens und die Analogie ſei-
ner einzelnen Theile mit denen des Thier-Eies.
12) Herr Hofrath Baumgärtner theilte in der
Sitzung am 27. April ſeine Beobachtungen über die
Entwickelung des Froſcheies mit, und erläuterte ſie durch
Zeichnungen.
13) Jn der Sitzung vom 15. Juni erzählte Herr Dr.
Diez die Geſchichte von drei pſychiſchen Krankheitsfällen.
*) Dieſe Abhandlung iſt in Verbindung mit dem Programm,
welches die Geſellſchaft zur Feier des Karl Friedrich's
Feſtes herausgegeben hat, in der Herder'ſchen Buchhand-
lung erſchienen.
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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: [Humboldt an Schultze, Secretär der naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg]. In: Freiburger Wochen- und Unterhaltungsblatt, Nr. 15 (1830), S. [59]-61, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_schultze_1830/2>, abgerufen am 28.03.2024.