Humboldt, Alexander von: Ueber einige wichtige Punkte der Geographie Guyanas. In: Annalen der Erd-, Völker- und Staatenkunde, 5 (1837/1838), S. 35-62.Annalen etc., Oktober 1837. -- Länder- und Völkerkunde. Branco, dem Curaricara, den die Eingebornen auch Uraricaparanennen. Jn den Reise-Tagebüchern des Kapitain Santos finde ich für die Kette, welche die Wasser scheidet, den Namen Paca- raymo. Die im Jahre 1804 beendigten Manuscript-Karten des Fregatten-Kapitains Sylva Pontes Leme und des Jngenieur-Ka- pitains Almeida de Serra nennen den Kamm, den man passiren muß, um von dem Araicuque (einem Zuflusse des Uraricapara) zu dem Anocapra, einem Zuflusse des Paraguamussi, zu gelangen, Pacarahina. Man muß in der Synonymie dieser barbarischen Berg- und Fluß-Namen sehr vorsichtig sein, denn wenn die Kar- ten von Guyana, wie schon La Condamine sagt, "von eben so fal- schen, als umständlichen Details wimmeln," so liegt die Ursache davon öfters in der aüßersten Ungenauigkeit der Nomenklatur und in dem Wunsche, für jeden Namen einen Fluß zu schaffen. Man hat Mühe, in dem Xia den Guaicia und in Raleigh's Europa- Flusse den Rio Guarapo zu erkennen. Da die Geographen für je- den Namen dieser Synonymen einen Fluß erfunden und dargestellt haben, so wiederholt sich dies seit Jahrhunderten auf allen nach dem- selben Typus entworfenen Karten. Es scheint ein erhaltender Geist über diesen Jrrthümern früherer Zeiten zu machen. Die Karte von Columbien, welche ich im Jahre 1825 heraus- *) Siehe Blatt 14. meines "geographischen Atlas," welches den Titel
führt: "Geschichte der Geographie des Orenoko seit der Karte des Jodocus Hondius 1599 bis zu der Karte von Buache 1798." Die Entstehung der Mythe von dem Dorado findet sich im VII. Buche, Annalen ꝛc., Oktober 1837. — Laͤnder- und Voͤlkerkunde. Branco, dem Curaricara, den die Eingebornen auch Uraricaparanennen. Jn den Reiſe-Tagebuͤchern des Kapitain Santos finde ich fuͤr die Kette, welche die Waſſer ſcheidet, den Namen Paca- raymo. Die im Jahre 1804 beendigten Manuſcript-Karten des Fregatten-Kapitains Sylva Pontes Leme und des Jngenieur-Ka- pitains Almeida de Serra nennen den Kamm, den man paſſiren muß, um von dem Araicuque (einem Zufluſſe des Uraricapara) zu dem Anocapra, einem Zufluſſe des Paraguamuſſi, zu gelangen, Pacarahina. Man muß in der Synonymie dieſer barbariſchen Berg- und Fluß-Namen ſehr vorſichtig ſein, denn wenn die Kar- ten von Guyana, wie ſchon La Condamine ſagt, „von eben ſo fal- ſchen, als umſtaͤndlichen Details wimmeln,“ ſo liegt die Urſache davon oͤfters in der auͤßerſten Ungenauigkeit der Nomenklatur und in dem Wunſche, fuͤr jeden Namen einen Fluß zu ſchaffen. Man hat Muͤhe, in dem Xia den Guaicia und in Raleigh's Europa- Fluſſe den Rio Guarapo zu erkennen. Da die Geographen fuͤr je- den Namen dieſer Synonymen einen Fluß erfunden und dargeſtellt haben, ſo wiederholt ſich dies ſeit Jahrhunderten auf allen nach dem- ſelben Typus entworfenen Karten. Es ſcheint ein erhaltender Geiſt uͤber dieſen Jrrthuͤmern fruͤherer Zeiten zu machen. Die Karte von Columbien, welche ich im Jahre 1825 heraus- *) Siehe Blatt 14. meines „geographiſchen Atlas,“ welches den Titel
fuͤhrt: „Geſchichte der Geographie des Orenoko ſeit der Karte des Jodocus Hondius 1599 bis zu der Karte von Buache 1798.“ Die Entſtehung der Mythe von dem Dorado findet ſich im VII. Buche, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0008" n="42"/><fw place="top" type="header">Annalen ꝛc., Oktober 1837. — Laͤnder- und Voͤlkerkunde.</fw><lb/> Branco, dem Curaricara, den die Eingebornen auch Uraricapara<lb/> nennen. Jn den Reiſe-Tagebuͤchern des Kapitain Santos finde<lb/> ich fuͤr die Kette, welche die Waſſer ſcheidet, den Namen <hi rendition="#g">Paca-<lb/> raymo</hi>. Die im Jahre 1804 beendigten Manuſcript-Karten des<lb/> Fregatten-Kapitains Sylva Pontes Leme und des Jngenieur-Ka-<lb/> pitains Almeida de Serra nennen den Kamm, den man paſſiren<lb/> muß, um von dem Araicuque (einem Zufluſſe des Uraricapara) zu<lb/> dem Anocapra, einem Zufluſſe des Paraguamuſſi, zu gelangen,<lb/><hi rendition="#g">Pacarahina</hi>. Man muß in der Synonymie dieſer barbariſchen<lb/> Berg- und Fluß-Namen ſehr vorſichtig ſein, denn wenn die Kar-<lb/> ten von Guyana, wie ſchon La Condamine ſagt, „von eben ſo fal-<lb/> ſchen, als umſtaͤndlichen Details wimmeln,“ ſo liegt die Urſache<lb/> davon oͤfters in der auͤßerſten Ungenauigkeit der Nomenklatur und<lb/> in dem Wunſche, fuͤr jeden Namen einen Fluß zu ſchaffen. Man<lb/> hat Muͤhe, in dem Xia den Guaicia und in Raleigh's <hi rendition="#g">Europa</hi>-<lb/> Fluſſe den Rio Guarapo zu erkennen. Da die Geographen fuͤr je-<lb/> den Namen dieſer Synonymen einen Fluß erfunden und dargeſtellt<lb/> haben, ſo wiederholt ſich dies ſeit Jahrhunderten auf allen nach dem-<lb/> ſelben Typus entworfenen Karten. Es ſcheint ein erhaltender Geiſt<lb/> uͤber dieſen Jrrthuͤmern fruͤherer Zeiten zu machen.</p><lb/> <p>Die Karte von Columbien, welche ich im Jahre 1825 heraus-<lb/> gab, und die von Herrn Bru<hi rendition="#aq">é</hi> nach den Zeichnungen und Mate-<lb/> rialien, welche ich dieſem geſchickten Geographen mittheilte, redigirt<lb/> worden iſt, enthaͤlt die Fruͤchte meiner Unterſuchungen. Die oberen<lb/> Theile des Laufes des Rio Branco und des Rio Caroni erſcheinen<lb/> hier in einer ganz neuͤen Geſtalt. Bemuͤht, die Mythe des Dorado<lb/> zu enthuͤllen, welches allmaͤhlig von Weſten nach Oſten, von den<lb/> Quellen des Rio Negro (Guainia), des Guape (Uaupes) und des<lb/> Supura (Caqueta) zu den Quellen des Orenoko gewandert iſt,<lb/> mußte ich eine große Wichtigkeit auf den Lauf des Rio <hi rendition="#g">Rupu-<lb/> nury</hi> oder <hi rendition="#g">Rupunuwini</hi> (<hi rendition="#g">Weni</hi> oder <hi rendition="#g">Wini</hi> bedeuͤtet „Waſ-<lb/> ſer,“ „Fluß“ in der großen Verzweigung der Maypure-, Cabre- und<lb/> Guypunare-Sprachen) legen, und zwar mußte ich dies um ſo<lb/> mehr, als die Karten, ſeit dem Ende des 16ten Jahrhunderts, dem<lb/><hi rendition="#g">Parime-</hi> oder <hi rendition="#g">Dorado-See</hi> den Namen Rupunuwini gegeben<lb/> haben.<note xml:id="fn2" next="#fn2.1" place="foot" n="*)">Siehe Blatt 14. meines „geographiſchen Atlas,“ welches den Titel<lb/> fuͤhrt: „Geſchichte der Geographie des Orenoko ſeit der Karte des<lb/> Jodocus Hondius 1599 bis zu der Karte von Buache 1798.“ Die<lb/> Entſtehung der Mythe von dem Dorado findet ſich im <hi rendition="#aq">VII</hi>. Buche,</note> Die Jdee eines ungemein reichen Goldlandes, welches<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [42/0008]
Annalen ꝛc., Oktober 1837. — Laͤnder- und Voͤlkerkunde.
Branco, dem Curaricara, den die Eingebornen auch Uraricapara
nennen. Jn den Reiſe-Tagebuͤchern des Kapitain Santos finde
ich fuͤr die Kette, welche die Waſſer ſcheidet, den Namen Paca-
raymo. Die im Jahre 1804 beendigten Manuſcript-Karten des
Fregatten-Kapitains Sylva Pontes Leme und des Jngenieur-Ka-
pitains Almeida de Serra nennen den Kamm, den man paſſiren
muß, um von dem Araicuque (einem Zufluſſe des Uraricapara) zu
dem Anocapra, einem Zufluſſe des Paraguamuſſi, zu gelangen,
Pacarahina. Man muß in der Synonymie dieſer barbariſchen
Berg- und Fluß-Namen ſehr vorſichtig ſein, denn wenn die Kar-
ten von Guyana, wie ſchon La Condamine ſagt, „von eben ſo fal-
ſchen, als umſtaͤndlichen Details wimmeln,“ ſo liegt die Urſache
davon oͤfters in der auͤßerſten Ungenauigkeit der Nomenklatur und
in dem Wunſche, fuͤr jeden Namen einen Fluß zu ſchaffen. Man
hat Muͤhe, in dem Xia den Guaicia und in Raleigh's Europa-
Fluſſe den Rio Guarapo zu erkennen. Da die Geographen fuͤr je-
den Namen dieſer Synonymen einen Fluß erfunden und dargeſtellt
haben, ſo wiederholt ſich dies ſeit Jahrhunderten auf allen nach dem-
ſelben Typus entworfenen Karten. Es ſcheint ein erhaltender Geiſt
uͤber dieſen Jrrthuͤmern fruͤherer Zeiten zu machen.
Die Karte von Columbien, welche ich im Jahre 1825 heraus-
gab, und die von Herrn Brué nach den Zeichnungen und Mate-
rialien, welche ich dieſem geſchickten Geographen mittheilte, redigirt
worden iſt, enthaͤlt die Fruͤchte meiner Unterſuchungen. Die oberen
Theile des Laufes des Rio Branco und des Rio Caroni erſcheinen
hier in einer ganz neuͤen Geſtalt. Bemuͤht, die Mythe des Dorado
zu enthuͤllen, welches allmaͤhlig von Weſten nach Oſten, von den
Quellen des Rio Negro (Guainia), des Guape (Uaupes) und des
Supura (Caqueta) zu den Quellen des Orenoko gewandert iſt,
mußte ich eine große Wichtigkeit auf den Lauf des Rio Rupu-
nury oder Rupunuwini (Weni oder Wini bedeuͤtet „Waſ-
ſer,“ „Fluß“ in der großen Verzweigung der Maypure-, Cabre- und
Guypunare-Sprachen) legen, und zwar mußte ich dies um ſo
mehr, als die Karten, ſeit dem Ende des 16ten Jahrhunderts, dem
Parime- oder Dorado-See den Namen Rupunuwini gegeben
haben. *) Die Jdee eines ungemein reichen Goldlandes, welches
*) Siehe Blatt 14. meines „geographiſchen Atlas,“ welches den Titel
fuͤhrt: „Geſchichte der Geographie des Orenoko ſeit der Karte des
Jodocus Hondius 1599 bis zu der Karte von Buache 1798.“ Die
Entſtehung der Mythe von dem Dorado findet ſich im VII. Buche,
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