Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Ueber einige wichtige Punkte der Geographie Guyanas. In: Annalen der Erd-, Völker- und Staatenkunde, 5 (1837/1838), S. 35-62.

Bild:
<< vorherige Seite

Annalen etc., Oktober 1837. -- Länder- und Völkerkunde.
rend der Regenzeit der Waa-Ecouru ein Zufluß des Rupunuri,
mit dem Canno Pirara communicirt." Dies ist der Zustand jener
wenig entwickelten Flußbecken, denen es fast an den trennenden
Schwellen (seuils, aretes) fehlt.

Von dem Rupunuri und dem Dorfe Annay (Lat. 3° 56' N.
und Long. 60° 56' W. Paris) weiß man jetzt, daß sie in jenen
öden Gegenden die politische Gränze zwischen dem Englischen und
Brasilischen Gebiete bilden. Herr Schomburgk wurde durch eine
schwere Krankheit genöthigt, längere Zeit in Annay zu verweilen.
Er gründet die chronometrische Bestimmung des Amucu-Sees auf
das Mittel aus den, während seines Aufenthalts in Annay (östlich
und westlich) beobachteten Monds-Distanzen. Die Längen dieses
Reisenden sind im Allgemeinen für diese Punkte der Parime mehr
als einen Grad östlicher, als die Längen auf meiner Karte von Co-
lumbien. Es ist keinesweges meine Absicht, Zweifel über die Re-
sultate der Monds-Distanzen von Annay zu erheben; doch muß
ich bemerken, daß die Berechnung dieser Distanzen von Wichtig-
keit wird, wenn man die Zeitübertragung von dem Amucu-See
nach Esmeralda, dessen Long. ich zu 68° 23' 19" gefunden habe,
vornehmen will.

Es hat Herrn Schomburgk überrascht, an den Ufern des Esse-
quibo, weit oberhalb seiner Vereinigung mit dem Rupunuri, in
Lat. 3° 50' N., bei dem Jnlet Primoso,*) die Spuren einer Hol-
ländischen Niederlassung zu finden. Dieser Posten wurde ehemals
gegen die Einfälle der Caraiben befestigt. Es ist nicht ohne Jn-
teresse, daß Don Antonio Santos in seinem im Jahre 1775 ge-
schriebenen Reisetagebuche von derselben Holländischen An-
siedlung
spricht. Die Eüropäischen Niederlassungen waren da-
mals weiter gegen Süden und Westen vorgedrungen, als jetzt.
Man findet zu jener Zeit drei Landwege aus dem Bassin des Rio
Branco nach dem Demerari angegeben: einmal vom Mahu über
das Gebirge zum Benamo, einem Zuflusse des Cuyuni; dann vom
Canno Pirara zum Tavaricouru (Waa-Ecouru); und endlich der
Weg vom Sarauru, der in den Tacutu fällt, zum Rupunuri, et-
was südlich von den Cumucumu-Bergen, der Cuesta de Pontes
Leme
, die vielleicht mit den Conocon- (Conoconu) Bergen der Karte
des Herrn Schomburgk identisch sind.

*) Journal of the geograph. Soc. Vol. VI. P. I. pag. 263.

Annalen ꝛc., Oktober 1837. — Laͤnder- und Voͤlkerkunde.
rend der Regenzeit der Waa-Ecouru ein Zufluß des Rupunuri,
mit dem Caño Pirara communicirt.“ Dies iſt der Zuſtand jener
wenig entwickelten Flußbecken, denen es faſt an den trennenden
Schwellen (seuils, arètes) fehlt.

Von dem Rupunuri und dem Dorfe Annay (Lat. 3° 56′ N.
und Long. 60° 56′ W. Paris) weiß man jetzt, daß ſie in jenen
oͤden Gegenden die politiſche Graͤnze zwiſchen dem Engliſchen und
Braſiliſchen Gebiete bilden. Herr Schomburgk wurde durch eine
ſchwere Krankheit genoͤthigt, laͤngere Zeit in Annay zu verweilen.
Er gruͤndet die chronometriſche Beſtimmung des Amucu-Sees auf
das Mittel aus den, waͤhrend ſeines Aufenthalts in Annay (oͤſtlich
und weſtlich) beobachteten Monds-Diſtanzen. Die Laͤngen dieſes
Reiſenden ſind im Allgemeinen fuͤr dieſe Punkte der Parime mehr
als einen Grad oͤſtlicher, als die Laͤngen auf meiner Karte von Co-
lumbien. Es iſt keinesweges meine Abſicht, Zweifel uͤber die Re-
ſultate der Monds-Diſtanzen von Annay zu erheben; doch muß
ich bemerken, daß die Berechnung dieſer Diſtanzen von Wichtig-
keit wird, wenn man die Zeituͤbertragung von dem Amucu-See
nach Esmeralda, deſſen Long. ich zu 68° 23′ 19″ gefunden habe,
vornehmen will.

Es hat Herrn Schomburgk uͤberraſcht, an den Ufern des Eſſe-
quibo, weit oberhalb ſeiner Vereinigung mit dem Rupunuri, in
Lat. 3° 50′ N., bei dem Jnlet Primoſo,*) die Spuren einer Hol-
laͤndiſchen Niederlaſſung zu finden. Dieſer Poſten wurde ehemals
gegen die Einfaͤlle der Caraiben befeſtigt. Es iſt nicht ohne Jn-
tereſſe, daß Don Antonio Santos in ſeinem im Jahre 1775 ge-
ſchriebenen Reiſetagebuche von derſelben Hollaͤndiſchen An-
ſiedlung
ſpricht. Die Euͤropaͤiſchen Niederlaſſungen waren da-
mals weiter gegen Suͤden und Weſten vorgedrungen, als jetzt.
Man findet zu jener Zeit drei Landwege aus dem Baſſin des Rio
Branco nach dem Demerari angegeben: einmal vom Mahu uͤber
das Gebirge zum Benamo, einem Zufluſſe des Cuyuni; dann vom
Caño Pirara zum Tavaricouru (Waa-Ecouru); und endlich der
Weg vom Sarauru, der in den Tacutu faͤllt, zum Rupunuri, et-
was ſuͤdlich von den Cumucumu-Bergen, der Cuesta de Pontes
Leme
, die vielleicht mit den Conocon- (Conoconu) Bergen der Karte
des Herrn Schomburgk identiſch ſind.

*) Journal of the geograph. Soc. Vol. VI. P. I. pag. 263.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0024" n="58"/><fw place="top" type="header">Annalen &#xA75B;c., Oktober 1837. &#x2014; La&#x0364;nder- und Vo&#x0364;lkerkunde.</fw><lb/>
rend der Regenzeit der Waa-Ecouru ein Zufluß des Rupunuri,<lb/>
mit dem Caño Pirara communicirt.&#x201C; Dies i&#x017F;t der Zu&#x017F;tand jener<lb/>
wenig entwickelten Flußbecken, denen es fa&#x017F;t an den trennenden<lb/>
Schwellen (<hi rendition="#aq">seuils, arètes</hi>) fehlt.</p><lb/>
          <p>Von dem Rupunuri und dem Dorfe Annay (Lat. 3° 56&#x2032; N.<lb/>
und Long. 60° 56&#x2032; W. Paris) weiß man jetzt, daß &#x017F;ie in jenen<lb/>
o&#x0364;den Gegenden die politi&#x017F;che Gra&#x0364;nze zwi&#x017F;chen dem Engli&#x017F;chen und<lb/>
Bra&#x017F;ili&#x017F;chen Gebiete bilden. Herr Schomburgk wurde durch eine<lb/>
&#x017F;chwere Krankheit geno&#x0364;thigt, la&#x0364;ngere Zeit in Annay zu verweilen.<lb/>
Er gru&#x0364;ndet die chronometri&#x017F;che Be&#x017F;timmung des Amucu-Sees auf<lb/>
das Mittel aus den, wa&#x0364;hrend &#x017F;eines Aufenthalts in Annay (o&#x0364;&#x017F;tlich<lb/>
und we&#x017F;tlich) beobachteten Monds-Di&#x017F;tanzen. Die La&#x0364;ngen die&#x017F;es<lb/>
Rei&#x017F;enden &#x017F;ind im Allgemeinen fu&#x0364;r die&#x017F;e Punkte der Parime mehr<lb/>
als einen Grad o&#x0364;&#x017F;tlicher, als die La&#x0364;ngen auf meiner Karte von Co-<lb/>
lumbien. Es i&#x017F;t keinesweges meine Ab&#x017F;icht, Zweifel u&#x0364;ber die Re-<lb/>
&#x017F;ultate der Monds-Di&#x017F;tanzen von Annay zu erheben; doch muß<lb/>
ich bemerken, daß die Berechnung die&#x017F;er Di&#x017F;tanzen von Wichtig-<lb/>
keit wird, wenn man die Zeitu&#x0364;bertragung von dem Amucu-See<lb/>
nach Esmeralda, de&#x017F;&#x017F;en Long. ich zu 68° 23&#x2032; 19&#x2033; gefunden habe,<lb/>
vornehmen will.</p><lb/>
          <p>Es hat Herrn Schomburgk u&#x0364;berra&#x017F;cht, an den Ufern des E&#x017F;&#x017F;e-<lb/>
quibo, weit oberhalb &#x017F;einer Vereinigung mit dem Rupunuri, in<lb/>
Lat. 3° 50&#x2032; N., bei dem Jnlet Primo&#x017F;o,<note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Journal of the geograph. Soc. Vol. VI. P. I. pag. 263.</hi></note> die Spuren einer Hol-<lb/>
la&#x0364;ndi&#x017F;chen Niederla&#x017F;&#x017F;ung zu finden. Die&#x017F;er Po&#x017F;ten wurde ehemals<lb/>
gegen die Einfa&#x0364;lle der Caraiben befe&#x017F;tigt. Es i&#x017F;t nicht ohne Jn-<lb/>
tere&#x017F;&#x017F;e, daß Don Antonio Santos in &#x017F;einem im Jahre 1775 ge-<lb/>
&#x017F;chriebenen Rei&#x017F;etagebuche von der&#x017F;elben <hi rendition="#g">Holla&#x0364;ndi&#x017F;chen An-<lb/>
&#x017F;iedlung</hi> &#x017F;pricht. Die Eu&#x0364;ropa&#x0364;i&#x017F;chen Niederla&#x017F;&#x017F;ungen waren da-<lb/>
mals weiter gegen Su&#x0364;den und We&#x017F;ten vorgedrungen, als jetzt.<lb/>
Man findet zu jener Zeit drei Landwege aus dem Ba&#x017F;&#x017F;in des Rio<lb/>
Branco nach dem Demerari angegeben: einmal vom Mahu u&#x0364;ber<lb/>
das Gebirge zum Benamo, einem Zuflu&#x017F;&#x017F;e des Cuyuni; dann vom<lb/>
Caño Pirara zum Tavaricouru (Waa-Ecouru); und endlich der<lb/>
Weg vom Sarauru, der in den Tacutu fa&#x0364;llt, zum Rupunuri, et-<lb/>
was &#x017F;u&#x0364;dlich von den Cumucumu-Bergen, der <hi rendition="#aq">Cuesta de Pontes<lb/>
Leme</hi>, die vielleicht mit den Conocon- (Conoconu) Bergen der Karte<lb/>
des Herrn Schomburgk identi&#x017F;ch &#x017F;ind.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0024] Annalen ꝛc., Oktober 1837. — Laͤnder- und Voͤlkerkunde. rend der Regenzeit der Waa-Ecouru ein Zufluß des Rupunuri, mit dem Caño Pirara communicirt.“ Dies iſt der Zuſtand jener wenig entwickelten Flußbecken, denen es faſt an den trennenden Schwellen (seuils, arètes) fehlt. Von dem Rupunuri und dem Dorfe Annay (Lat. 3° 56′ N. und Long. 60° 56′ W. Paris) weiß man jetzt, daß ſie in jenen oͤden Gegenden die politiſche Graͤnze zwiſchen dem Engliſchen und Braſiliſchen Gebiete bilden. Herr Schomburgk wurde durch eine ſchwere Krankheit genoͤthigt, laͤngere Zeit in Annay zu verweilen. Er gruͤndet die chronometriſche Beſtimmung des Amucu-Sees auf das Mittel aus den, waͤhrend ſeines Aufenthalts in Annay (oͤſtlich und weſtlich) beobachteten Monds-Diſtanzen. Die Laͤngen dieſes Reiſenden ſind im Allgemeinen fuͤr dieſe Punkte der Parime mehr als einen Grad oͤſtlicher, als die Laͤngen auf meiner Karte von Co- lumbien. Es iſt keinesweges meine Abſicht, Zweifel uͤber die Re- ſultate der Monds-Diſtanzen von Annay zu erheben; doch muß ich bemerken, daß die Berechnung dieſer Diſtanzen von Wichtig- keit wird, wenn man die Zeituͤbertragung von dem Amucu-See nach Esmeralda, deſſen Long. ich zu 68° 23′ 19″ gefunden habe, vornehmen will. Es hat Herrn Schomburgk uͤberraſcht, an den Ufern des Eſſe- quibo, weit oberhalb ſeiner Vereinigung mit dem Rupunuri, in Lat. 3° 50′ N., bei dem Jnlet Primoſo, *) die Spuren einer Hol- laͤndiſchen Niederlaſſung zu finden. Dieſer Poſten wurde ehemals gegen die Einfaͤlle der Caraiben befeſtigt. Es iſt nicht ohne Jn- tereſſe, daß Don Antonio Santos in ſeinem im Jahre 1775 ge- ſchriebenen Reiſetagebuche von derſelben Hollaͤndiſchen An- ſiedlung ſpricht. Die Euͤropaͤiſchen Niederlaſſungen waren da- mals weiter gegen Suͤden und Weſten vorgedrungen, als jetzt. Man findet zu jener Zeit drei Landwege aus dem Baſſin des Rio Branco nach dem Demerari angegeben: einmal vom Mahu uͤber das Gebirge zum Benamo, einem Zufluſſe des Cuyuni; dann vom Caño Pirara zum Tavaricouru (Waa-Ecouru); und endlich der Weg vom Sarauru, der in den Tacutu faͤllt, zum Rupunuri, et- was ſuͤdlich von den Cumucumu-Bergen, der Cuesta de Pontes Leme, die vielleicht mit den Conocon- (Conoconu) Bergen der Karte des Herrn Schomburgk identiſch ſind. *) Journal of the geograph. Soc. Vol. VI. P. I. pag. 263.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Eine weitere Fassung dieses Textes finden Sie in der Ausgabe Sämtliche Schriften digital (2021 ff.) der Universität Bern.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_punkte_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_punkte_1837/24
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber einige wichtige Punkte der Geographie Guyanas. In: Annalen der Erd-, Völker- und Staatenkunde, 5 (1837/1838), S. 35-62, hier S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_punkte_1837/24>, abgerufen am 23.11.2024.