Humboldt, Alexander von: Ueber einige wichtige Punkte der Geographie Guyanas. In: Annalen der Erd-, Völker- und Staatenkunde, 5 (1837/1838), S. 35-62.Annalen etc., Oktober 1837. -- Länder- und Völkerkunde. Land zu Land wandernd, nach und nach auf verschiedene Gegendenübertragen worden. Um das Wahre von dem Falschen zu unter- scheiden, ist es in den Wissenschaften meistentheils hinreichend, die Geschichte der Meinungen darzustellen und ihre allmählige Entwick- lung zu verfolgen. Die ingebornen Völker schilderten, um sich ihrer unbequemen Gäste leichter zu entledigen, beständig das Dorado als leicht erreichbar und in nicht großer Entfernung. Es glich einem Fantom, das vor den Spaniern zu fliehen schien und sie unauf- hörlich anlockte. Es liegt in der Natur des auf der Erde herum- schweifenden Menschen, sich das Glück jenseits des ihm Bekannten zu denken. Das Dorado, ähnlich dem Atlas und den Hesperidi- schen Jnseln ist allmählig aus dem Gebiete der Fabel in das der systematischen Geographie übergegangen. Die große Berühmtheit eines goldreichen Landes zwischen dem *) Die Namen drei mächtiger Nationen, der Om-Aguas oder Dit- Aguas oder Aguas, der Manaos oder Manoas und der Guaypres oder Uaupes längs der Ufer des Uaupe, oder Guaupe sind noch heüte in den Becken des Amazonen-Stroms und des Rio Negro bekannt. **) Journal of the Royal Geogr. Soc. 1836.Vol. VI. Part. I. pg. 21.
Jch bedaure, daß der Lieutenant Smyth weder die astronomischen Beobachtungen, die ich an den Ufern des oberen Rio Negro und des Casiquiare angestellt, noch die Karte vom Orenoko und dessen Bifur- kation, die ich im Jahre 1814 (Atlas Nro. 6.) herausgab, kannte. Er hätte ohne Zweifel durch einige bestimmtere Angaben die rohe Zeichnung des Casiquiare und der Zuflüsse des Rio Negro, die ihm in La Barra mitgetheilt wurde, und die er seinem interessanten Werke (Narrative of a Journey from Lima to Para, 1836, pag. 293.) Annalen ꝛc., Oktober 1837. — Laͤnder- und Voͤlkerkunde. Land zu Land wandernd, nach und nach auf verſchiedene Gegendenuͤbertragen worden. Um das Wahre von dem Falſchen zu unter- ſcheiden, iſt es in den Wiſſenſchaften meiſtentheils hinreichend, die Geſchichte der Meinungen darzuſtellen und ihre allmaͤhlige Entwick- lung zu verfolgen. Die ingebornen Voͤlker ſchilderten, um ſich ihrer unbequemen Gaͤſte leichter zu entledigen, beſtaͤndig das Dorado als leicht erreichbar und in nicht großer Entfernung. Es glich einem Fantom, das vor den Spaniern zu fliehen ſchien und ſie unauf- hoͤrlich anlockte. Es liegt in der Natur des auf der Erde herum- ſchweifenden Menſchen, ſich das Gluͤck jenſeits des ihm Bekannten zu denken. Das Dorado, aͤhnlich dem Atlas und den Hesperidi- ſchen Jnſeln iſt allmaͤhlig aus dem Gebiete der Fabel in das der ſyſtematiſchen Geographie uͤbergegangen. Die große Beruͤhmtheit eines goldreichen Landes zwiſchen dem *) Die Namen drei maͤchtiger Nationen, der Om-Aguas oder Dit- Aguas oder Aguas, der Manaos oder Manoas und der Guaypres oder Uaupes laͤngs der Ufer des Uaupe, oder Guaupe ſind noch heuͤte in den Becken des Amazonen-Stroms und des Rio Negro bekannt. **) Journal of the Royal Geogr. Soc. 1836.Vol. VI. Part. I. pg. 21.
Jch bedaure, daß der Lieutenant Smyth weder die aſtronomiſchen Beobachtungen, die ich an den Ufern des oberen Rio Negro und des Caſiquiare angeſtellt, noch die Karte vom Orenoko und deſſen Bifur- kation, die ich im Jahre 1814 (Atlas Nro. 6.) herausgab, kannte. Er haͤtte ohne Zweifel durch einige beſtimmtere Angaben die rohe Zeichnung des Caſiquiare und der Zufluͤſſe des Rio Negro, die ihm in La Barra mitgetheilt wurde, und die er ſeinem intereſſanten Werke (Narrative of a Journey from Lima to Para, 1836, pag. 293.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0010" n="44"/><fw place="top" type="header">Annalen ꝛc., Oktober 1837. — Laͤnder- und Voͤlkerkunde.</fw><lb/> Land zu Land wandernd, nach und nach auf verſchiedene Gegenden<lb/> uͤbertragen worden. Um das Wahre von dem Falſchen zu unter-<lb/> ſcheiden, iſt es in den Wiſſenſchaften meiſtentheils hinreichend, die<lb/> Geſchichte der Meinungen darzuſtellen und ihre allmaͤhlige Entwick-<lb/> lung zu verfolgen. Die ingebornen Voͤlker ſchilderten, um ſich ihrer<lb/> unbequemen Gaͤſte leichter zu entledigen, beſtaͤndig das Dorado als<lb/> leicht erreichbar und in nicht großer Entfernung. Es glich einem<lb/> Fantom, das vor den Spaniern zu fliehen ſchien und ſie unauf-<lb/> hoͤrlich anlockte. Es liegt in der Natur des auf der Erde herum-<lb/> ſchweifenden Menſchen, ſich das Gluͤck jenſeits des ihm Bekannten<lb/> zu denken. Das Dorado, aͤhnlich dem Atlas und den Hesperidi-<lb/> ſchen Jnſeln iſt allmaͤhlig aus dem Gebiete der Fabel in das der<lb/> ſyſtematiſchen Geographie uͤbergegangen.</p><lb/> <p>Die große Beruͤhmtheit eines goldreichen Landes zwiſchen dem<lb/> Caqueta (Papamene) und dem Guaupe, einem der Zufluͤſſe des Rio<lb/> Negro hat die Lokalitaͤt des erſten Dorado's, des weſtlichen, des <hi rendition="#g">Do-<lb/> rado's der Om<choice><orig> — </orig><reg>-</reg></choice>Aguas</hi><note place="foot" n="*)">Die Namen drei maͤchtiger Nationen, der Om-Aguas oder Dit-<lb/> Aguas oder Aguas, der Manaos oder Manoas und der Guaypres<lb/> oder Uaupes laͤngs der Ufer des Uaupe, oder Guaupe ſind noch<lb/> heuͤte in den Becken des Amazonen-Stroms und des Rio Negro<lb/> bekannt.</note> und <hi rendition="#g">Manoa</hi> beſtimmt. Jch ſehe<lb/> mit Vergnuͤgen, daß die Nachrichten, die ich in San Carlos del<lb/> Rio Negro in Bezug auf dies gebirgige und goldfuͤhrende Land<lb/> geſammelt habe, neuͤerlich durch Herrn W. Smyth, Schiffs-Lieu-<lb/> tenant der Engliſchen Marine, beſtaͤtigt worden ſind. Dieſer Offi-<lb/> zier hat, gemeinſchaftlich mit Herrn Lowe, faſt den ganzen Lauf<lb/> des Rio Huallaga, einen Theil des Ucayali und den Amazonen-<lb/> Strom von Nanta und Omaguas bis zur Muͤndung des Rio Ne-<lb/> gro mit großer Genauigkeit aufgenommen. Jn einer Abhandlung,<lb/> welche Herr Smyth in der Verſammlung der geographiſchen Geſell-<lb/> ſchaft in London am 14. Dezember 1835 geleſen hat,<note xml:id="fn3" next="#fn3.1" place="foot" n="**)"><hi rendition="#aq">Journal of the Royal Geogr. Soc. 1836.Vol. VI. Part. I. pg</hi>. 21.<lb/> Jch bedaure, daß der Lieutenant Smyth weder die aſtronomiſchen<lb/> Beobachtungen, die ich an den Ufern des oberen Rio Negro und des<lb/> Caſiquiare angeſtellt, noch die Karte vom Orenoko und deſſen Bifur-<lb/> kation, die ich im Jahre 1814 (Atlas Nro. 6.) herausgab, kannte.<lb/> Er haͤtte ohne Zweifel durch einige beſtimmtere Angaben die rohe<lb/> Zeichnung des Caſiquiare und der Zufluͤſſe des Rio Negro, die ihm<lb/> in La Barra mitgetheilt wurde, und die er ſeinem intereſſanten Werke<lb/> (<hi rendition="#aq">Narrative of a Journey from Lima to Para, 1836, pag</hi>. 293.)</note> verſichert<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [44/0010]
Annalen ꝛc., Oktober 1837. — Laͤnder- und Voͤlkerkunde.
Land zu Land wandernd, nach und nach auf verſchiedene Gegenden
uͤbertragen worden. Um das Wahre von dem Falſchen zu unter-
ſcheiden, iſt es in den Wiſſenſchaften meiſtentheils hinreichend, die
Geſchichte der Meinungen darzuſtellen und ihre allmaͤhlige Entwick-
lung zu verfolgen. Die ingebornen Voͤlker ſchilderten, um ſich ihrer
unbequemen Gaͤſte leichter zu entledigen, beſtaͤndig das Dorado als
leicht erreichbar und in nicht großer Entfernung. Es glich einem
Fantom, das vor den Spaniern zu fliehen ſchien und ſie unauf-
hoͤrlich anlockte. Es liegt in der Natur des auf der Erde herum-
ſchweifenden Menſchen, ſich das Gluͤck jenſeits des ihm Bekannten
zu denken. Das Dorado, aͤhnlich dem Atlas und den Hesperidi-
ſchen Jnſeln iſt allmaͤhlig aus dem Gebiete der Fabel in das der
ſyſtematiſchen Geographie uͤbergegangen.
Die große Beruͤhmtheit eines goldreichen Landes zwiſchen dem
Caqueta (Papamene) und dem Guaupe, einem der Zufluͤſſe des Rio
Negro hat die Lokalitaͤt des erſten Dorado's, des weſtlichen, des Do-
rado's der Om — Aguas *) und Manoa beſtimmt. Jch ſehe
mit Vergnuͤgen, daß die Nachrichten, die ich in San Carlos del
Rio Negro in Bezug auf dies gebirgige und goldfuͤhrende Land
geſammelt habe, neuͤerlich durch Herrn W. Smyth, Schiffs-Lieu-
tenant der Engliſchen Marine, beſtaͤtigt worden ſind. Dieſer Offi-
zier hat, gemeinſchaftlich mit Herrn Lowe, faſt den ganzen Lauf
des Rio Huallaga, einen Theil des Ucayali und den Amazonen-
Strom von Nanta und Omaguas bis zur Muͤndung des Rio Ne-
gro mit großer Genauigkeit aufgenommen. Jn einer Abhandlung,
welche Herr Smyth in der Verſammlung der geographiſchen Geſell-
ſchaft in London am 14. Dezember 1835 geleſen hat, **) verſichert
*) Die Namen drei maͤchtiger Nationen, der Om-Aguas oder Dit-
Aguas oder Aguas, der Manaos oder Manoas und der Guaypres
oder Uaupes laͤngs der Ufer des Uaupe, oder Guaupe ſind noch
heuͤte in den Becken des Amazonen-Stroms und des Rio Negro
bekannt.
**) Journal of the Royal Geogr. Soc. 1836.Vol. VI. Part. I. pg. 21.
Jch bedaure, daß der Lieutenant Smyth weder die aſtronomiſchen
Beobachtungen, die ich an den Ufern des oberen Rio Negro und des
Caſiquiare angeſtellt, noch die Karte vom Orenoko und deſſen Bifur-
kation, die ich im Jahre 1814 (Atlas Nro. 6.) herausgab, kannte.
Er haͤtte ohne Zweifel durch einige beſtimmtere Angaben die rohe
Zeichnung des Caſiquiare und der Zufluͤſſe des Rio Negro, die ihm
in La Barra mitgetheilt wurde, und die er ſeinem intereſſanten Werke
(Narrative of a Journey from Lima to Para, 1836, pag. 293.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Weitere Informationen:Eine weitere Fassung dieses Textes finden Sie in der Ausgabe Sämtliche Schriften digital (2021 ff.) der Universität Bern.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |