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Humboldt, Alexander von: [Bericht über das Thier des Nautilus pompilius]. In: Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Berlin, 1841, S. 55-59.

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mente, welche durch die Form des Mantels und durch nur zwei
Branchien genugsam ihre Ähnlichkeit mit Sepia oder Loligo er-
weisen. Belemniten sind nichts anders, als gerade, nicht gewun-
dene Spirulen. -- Der Anblick des Nautilus erweist noch, dass er
kein Operculum besitzen kann, und dass der Aptychus, wie Hr.
Voltz meint, nicht als ein Operculum angesehen werden kann.
Ist der Aptychus ein Theil eines Ammoniten, wie das ganz wahr-
scheinlich ist, so muss man diesen Theil am Munde suchen oder
am Pharynx."

Bemerkungen des Hrn. Prof. J. Müller.

Wesentliche Unterschiede kommen in der Zahl der Tentakeln
bei Owen und Valenciennes nicht vor, sondern nur in der
Deutung derselben in Beziehung auf die Organe an den Sepien.
Owen nimmt seine Digitationen oder Tentakelröhren für die
Arme, und zwar nur die 19 Digitationen jeder Seite, während er
die um den Mund sitzenden Haufen von Tentakeln als 4 appendices
labiales tentaculiferae
bezeichnet. -- Valenciennes nimmt die
Lappen, welche die Tentakelröhren abschicken, als Arme. Was
er die beiden oberen Arme nennt, heisst bei Owen hood, Hut.
Da dieser, nach Owen, zwei Tentakeln ausschickt, so betrachtet
er ihn als zwei in der Mitte vereinigte Digitationen von ähnlicher
Art, wie die übrigen. -- Der Lappen jeder Seite, worauf die 17
Röhren mit Tentakeln sitzen, heisst bei Valenciennes zweiter
oder äusserer Arm; die Tentakeln sind ihm die Analoge der Saug-
näpfe der Sepien. Owen nennt die einzelnen Tentakelröhren
Arme, deren er 19 auf jeder Seite zählt. Rumph hat 20. -- Den
dritten (oberen inneren) und vierten (unteren inneren) Arm jeder
Seite bekommt Valenciennes aus den vorderen und hinteren
appendices labiales tentaculiferae von Owen, von denen jeder bei
ihm 12, bei Valenciennes der eine 13, der andere 12, bei
Rumph jeder 16 Tentakeln hat. Owen vergleicht die unteren
appendices labiales den überzähligen Armen des Calmars, die obe-
ren als eine weitere Entwickelung der äusseren Lippe derselben.

Die Ansicht von Valenciennes hat vieles für sich, auch das,
dass die Cephalopoden-Gattung Cirrotheuthis von Eschricht
Arme hat, die nicht mit Saugnäpfchen, sondern mit zarten, faden-

mente, welche durch die Form des Mantels und durch nur zwei
Branchien genugsam ihre Ähnlichkeit mit Sepia oder Loligo er-
weisen. Belemniten sind nichts anders, als gerade, nicht gewun-
dene Spirulen. — Der Anblick des Nautilus erweist noch, daſs er
kein Operculum besitzen kann, und daſs der Aptychus, wie Hr.
Voltz meint, nicht als ein Operculum angesehen werden kann.
Ist der Aptychus ein Theil eines Ammoniten, wie das ganz wahr-
scheinlich ist, so muſs man diesen Theil am Munde suchen oder
am Pharynx.“

Bemerkungen des Hrn. Prof. J. Müller.

Wesentliche Unterschiede kommen in der Zahl der Tentakeln
bei Owen und Valenciennes nicht vor, sondern nur in der
Deutung derselben in Beziehung auf die Organe an den Sepien.
Owen nimmt seine Digitationen oder Tentakelröhren für die
Arme, und zwar nur die 19 Digitationen jeder Seite, während er
die um den Mund sitzenden Haufen von Tentakeln als 4 appendices
labiales tentaculiferae
bezeichnet. — Valenciennes nimmt die
Lappen, welche die Tentakelröhren abschicken, als Arme. Was
er die beiden oberen Arme nennt, heiſst bei Owen hood, Hut.
Da dieser, nach Owen, zwei Tentakeln ausschickt, so betrachtet
er ihn als zwei in der Mitte vereinigte Digitationen von ähnlicher
Art, wie die übrigen. — Der Lappen jeder Seite, worauf die 17
Röhren mit Tentakeln sitzen, heiſst bei Valenciennes zweiter
oder äuſserer Arm; die Tentakeln sind ihm die Analoge der Saug-
näpfe der Sepien. Owen nennt die einzelnen Tentakelröhren
Arme, deren er 19 auf jeder Seite zählt. Rumph hat 20. — Den
dritten (oberen inneren) und vierten (unteren inneren) Arm jeder
Seite bekommt Valenciennes aus den vorderen und hinteren
appendices labiales tentaculiferae von Owen, von denen jeder bei
ihm 12, bei Valenciennes der eine 13, der andere 12, bei
Rumph jeder 16 Tentakeln hat. Owen vergleicht die unteren
appendices labiales den überzähligen Armen des Calmars, die obe-
ren als eine weitere Entwickelung der äuſseren Lippe derselben.

Die Ansicht von Valenciennes hat vieles für sich, auch das,
daſs die Cephalopoden-Gattung Cirrotheuthis von Eschricht
Arme hat, die nicht mit Saugnäpfchen, sondern mit zarten, faden-

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[58/0005] mente, welche durch die Form des Mantels und durch nur zwei Branchien genugsam ihre Ähnlichkeit mit Sepia oder Loligo er- weisen. Belemniten sind nichts anders, als gerade, nicht gewun- dene Spirulen. — Der Anblick des Nautilus erweist noch, daſs er kein Operculum besitzen kann, und daſs der Aptychus, wie Hr. Voltz meint, nicht als ein Operculum angesehen werden kann. Ist der Aptychus ein Theil eines Ammoniten, wie das ganz wahr- scheinlich ist, so muſs man diesen Theil am Munde suchen oder am Pharynx.“ Bemerkungen des Hrn. Prof. J. Müller. Wesentliche Unterschiede kommen in der Zahl der Tentakeln bei Owen und Valenciennes nicht vor, sondern nur in der Deutung derselben in Beziehung auf die Organe an den Sepien. Owen nimmt seine Digitationen oder Tentakelröhren für die Arme, und zwar nur die 19 Digitationen jeder Seite, während er die um den Mund sitzenden Haufen von Tentakeln als 4 appendices labiales tentaculiferae bezeichnet. — Valenciennes nimmt die Lappen, welche die Tentakelröhren abschicken, als Arme. Was er die beiden oberen Arme nennt, heiſst bei Owen hood, Hut. Da dieser, nach Owen, zwei Tentakeln ausschickt, so betrachtet er ihn als zwei in der Mitte vereinigte Digitationen von ähnlicher Art, wie die übrigen. — Der Lappen jeder Seite, worauf die 17 Röhren mit Tentakeln sitzen, heiſst bei Valenciennes zweiter oder äuſserer Arm; die Tentakeln sind ihm die Analoge der Saug- näpfe der Sepien. Owen nennt die einzelnen Tentakelröhren Arme, deren er 19 auf jeder Seite zählt. Rumph hat 20. — Den dritten (oberen inneren) und vierten (unteren inneren) Arm jeder Seite bekommt Valenciennes aus den vorderen und hinteren appendices labiales tentaculiferae von Owen, von denen jeder bei ihm 12, bei Valenciennes der eine 13, der andere 12, bei Rumph jeder 16 Tentakeln hat. Owen vergleicht die unteren appendices labiales den überzähligen Armen des Calmars, die obe- ren als eine weitere Entwickelung der äuſseren Lippe derselben. Die Ansicht von Valenciennes hat vieles für sich, auch das, daſs die Cephalopoden-Gattung Cirrotheuthis von Eschricht Arme hat, die nicht mit Saugnäpfchen, sondern mit zarten, faden-

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: [Bericht über das Thier des Nautilus pompilius]. In: Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Berlin, 1841, S. 55-59, hier S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_nautilus_1841/5>, abgerufen am 23.11.2024.