Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Ueber Meeresströmungen im allgemeinen; und über die kalte peruanische Strömung der Südsee, im Gegensatze zu dem warmen Golf- oder Florida-Strome. [Druck vorgesehen für: Kleinere Schriften von Alexander von Humboldt. Zweiter Band (nicht erschienen).] Korrekturbogen aus dem Schiller Nationalmuseum, Deutsches Literaturarchiv in Marbach a. N.: Cotta-Archiv, s. e., [1833-ca. 1855], S. 31-145.

Bild:
<< vorherige Seite

breiten, zugeschrieben: ob mit Recht? da jene Nordwest-Stürme mehr dem Frühjahr als dem Herbste1 zugehören. Die Umsetzung des Aequinoctial-Stromes beginnt gewöhnlich mit einer Windstille; bisweilen aber auch, wenn der Ostwind noch heftig bläst, sieht man diesen allmälig in vollen Westwind übergehen. Ich habe bemerkt, daß die regelmäßigen stündlichen Variationen des Barometers (Ebbe und Fluth des Luftmeeres) während dieser anomalen Erscheinung keinesweges unterbrochen werden. Aehnliche und noch merkwürdigere Phänomene der Umsetzung von Meeresströmen bietet der schon wegen größerer Meereswärme bezeichnete, tiefe Busen zwischen dem Darien und den Schneebergen von Santa Marta dar2; wie auch der Canal Viejo nördlich von Cuba, in welchem die Wasser gewöhnlich von der Havana nach Matanzas, bisweilen aber auch viele Tage lang umgekehrt fließen. In dem westlichen Theile des antillischen Meeres, welchen ich auf einer Ueberfahrt von Batabano durch die Jardines und Jardinillos nach der Mündung des Rio Sinu und nach Cartagena de Indias beschifft habe, stößt der Aequinoctial-Strom westlich von der Serranilla und Providence an die von Süden nach Norden gerichtete Mosquito-Küste, und dringt, durch deren Wiederstand in seiner Intensität ansehnlich vermehrt, bei dem Vorgebirge Gracias a Dios tief westlich in den Busen von Honduras ein, um von da aus, süd-nördlich gerichtet, die östliche Küste der Halbinsel Yucatan bis zum Vorgebirge Catoche zu verfolgen. In dieser ganzen weiten Meeresstrecke zwischen den Meridianen von 83° bis 78° fand ich wieder die Wärme der Wasser Nord nach Süden 26°,6; 26°,8; 27°,2. Südlich

1 Humboldt, Essai politique sur la Nouv. Espagne T. I. p. 50.
2 Vergleiche Humboldt, Relat. hist. T. I. p. 543, T. II. p. 104, T. III. p. 511.

breiten, zugeschrieben: ob mit Recht? da jene Nordwest-Stürme mehr dem Frühjahr als dem Herbste1 zugehören. Die Umsetzung des Aequinoctial-Stromes beginnt gewöhnlich mit einer Windstille; bisweilen aber auch, wenn der Ostwind noch heftig bläst, sieht man diesen allmälig in vollen Westwind übergehen. Ich habe bemerkt, daß die regelmäßigen stündlichen Variationen des Barometers (Ebbe und Fluth des Luftmeeres) während dieser anomalen Erscheinung keinesweges unterbrochen werden. Aehnliche und noch merkwürdigere Phänomene der Umsetzung von Meeresströmen bietet der schon wegen größerer Meereswärme bezeichnete, tiefe Busen zwischen dem Darien und den Schneebergen von Santa Marta dar2; wie auch der Canal Viejo nördlich von Cuba, in welchem die Wasser gewöhnlich von der Havana nach Matanzas, bisweilen aber auch viele Tage lang umgekehrt fließen. In dem westlichen Theile des antillischen Meeres, welchen ich auf einer Ueberfahrt von Batabano durch die Jardines und Jardinillos nach der Mündung des Rio Sinu und nach Cartagena de Indias beschifft habe, stößt der Aequinoctial-Strom westlich von der Serranilla und Providence an die von Süden nach Norden gerichtete Mosquito-Küste, und dringt, durch deren Wiederstand in seiner Intensität ansehnlich vermehrt, bei dem Vorgebirge Gracias á Dios tief westlich in den Busen von Honduras ein, um von da aus, süd-nördlich gerichtet, die östliche Küste der Halbinsel Yucatan bis zum Vorgebirge Catoche zu verfolgen. In dieser ganzen weiten Meeresstrecke zwischen den Meridianen von 83° bis 78° fand ich wieder die Wärme der Wasser Nord nach Süden 26°,6; 26°,8; 27°,2. Südlich

1 Humboldt, Essai politique sur la Nouv. Espagne T. I. p. 50.
2 Vergleiche Humboldt, Relat. hist. T. I. p. 543, T. II. p. 104, T. III. p. 511.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div>
          <div>
            <p><pb facs="#f0063" n="93"/>
breiten, zugeschrieben: ob mit Recht? da jene Nordwest-Stürme mehr dem Frühjahr als dem Herbste<note place="foot" n="1"><hi rendition="#g">Humboldt</hi>, <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Essai politique sur la Nouv. Espagne</hi> T. I. p. 50.</hi><lb/></note> zugehören. Die Umsetzung des Aequinoctial-Stromes beginnt gewöhnlich mit einer Windstille; bisweilen aber auch, wenn der Ostwind noch heftig bläst, sieht man diesen allmälig in vollen Westwind übergehen. Ich habe bemerkt, daß die regelmäßigen stündlichen Variationen des Barometers (Ebbe und Fluth des Luftmeeres) während dieser anomalen Erscheinung keinesweges unterbrochen werden. Aehnliche und noch merkwürdigere Phänomene der Umsetzung von Meeresströmen bietet der schon wegen größerer Meereswärme bezeichnete, tiefe Busen zwischen dem <placeName>Darien</placeName> und den Schneebergen von <placeName>Santa Marta</placeName> dar<note place="foot" n="2"><choice><abbr>Vergl.</abbr><expan resp="#AvH-Fsst">Vergleiche</expan></choice><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Humboldt</hi>, Relat. hist. T. I. p. 543, T. II. p. 104, T. III. p. 511.</hi><lb/></note>; wie auch der <hi rendition="#aq">Canal Viejo</hi> nördlich von <placeName>Cuba</placeName>, in welchem die Wasser gewöhnlich von der <placeName>Havana</placeName> nach <placeName>Matanzas</placeName>, bisweilen aber auch viele Tage lang umgekehrt fließen. In dem westlichen Theile des <placeName>antillischen Meeres</placeName>, welchen ich auf einer Ueberfahrt von <placeName>Batabano</placeName> durch die <hi rendition="#aq">Jardines</hi> und <hi rendition="#aq">Jardinillos</hi> nach der Mündung des <placeName>Rio Sinu</placeName> und nach <placeName>Cartagena de Indias</placeName> beschifft habe, stößt der Aequinoctial-Strom westlich von der Serranilla und Providence an die von Süden nach Norden gerichtete Mosquito-Küste, und dringt, durch deren Wiederstand in seiner Intensität ansehnlich vermehrt, bei dem Vorgebirge Gracias á Dios tief westlich in den Busen von Honduras ein, um von da aus, süd-nördlich gerichtet, die östliche Küste der Halbinsel <placeName>Yucatan</placeName> bis zum Vorgebirge Catoche zu verfolgen. In dieser ganzen weiten Meeresstrecke zwischen den Meridianen von 83° bis 78° fand ich wieder die Wärme der Wasser Nord nach Süden 26°,6; 26°,8; 27°,2. Südlich<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[93/0063] breiten, zugeschrieben: ob mit Recht? da jene Nordwest-Stürme mehr dem Frühjahr als dem Herbste 1 zugehören. Die Umsetzung des Aequinoctial-Stromes beginnt gewöhnlich mit einer Windstille; bisweilen aber auch, wenn der Ostwind noch heftig bläst, sieht man diesen allmälig in vollen Westwind übergehen. Ich habe bemerkt, daß die regelmäßigen stündlichen Variationen des Barometers (Ebbe und Fluth des Luftmeeres) während dieser anomalen Erscheinung keinesweges unterbrochen werden. Aehnliche und noch merkwürdigere Phänomene der Umsetzung von Meeresströmen bietet der schon wegen größerer Meereswärme bezeichnete, tiefe Busen zwischen dem Darien und den Schneebergen von Santa Marta dar 2; wie auch der Canal Viejo nördlich von Cuba, in welchem die Wasser gewöhnlich von der Havana nach Matanzas, bisweilen aber auch viele Tage lang umgekehrt fließen. In dem westlichen Theile des antillischen Meeres, welchen ich auf einer Ueberfahrt von Batabano durch die Jardines und Jardinillos nach der Mündung des Rio Sinu und nach Cartagena de Indias beschifft habe, stößt der Aequinoctial-Strom westlich von der Serranilla und Providence an die von Süden nach Norden gerichtete Mosquito-Küste, und dringt, durch deren Wiederstand in seiner Intensität ansehnlich vermehrt, bei dem Vorgebirge Gracias á Dios tief westlich in den Busen von Honduras ein, um von da aus, süd-nördlich gerichtet, die östliche Küste der Halbinsel Yucatan bis zum Vorgebirge Catoche zu verfolgen. In dieser ganzen weiten Meeresstrecke zwischen den Meridianen von 83° bis 78° fand ich wieder die Wärme der Wasser Nord nach Süden 26°,6; 26°,8; 27°,2. Südlich 1 Humboldt, Essai politique sur la Nouv. Espagne T. I. p. 50. 2 Vergl. Humboldt, Relat. hist. T. I. p. 543, T. II. p. 104, T. III. p. 511.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_meer_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_meer_1833/63
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber Meeresströmungen im allgemeinen; und über die kalte peruanische Strömung der Südsee, im Gegensatze zu dem warmen Golf- oder Florida-Strome. [Druck vorgesehen für: Kleinere Schriften von Alexander von Humboldt. Zweiter Band (nicht erschienen).] Korrekturbogen aus dem Schiller Nationalmuseum, Deutsches Literaturarchiv in Marbach a. N.: Cotta-Archiv, s. e., [1833-ca. 1855], S. 31-145, hier S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_meer_1833/63>, abgerufen am 04.05.2024.