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Humboldt, Alexander von: Ueber Meeresströmungen im allgemeinen; und über die kalte peruanische Strömung der Südsee, im Gegensatze zu dem warmen Golf- oder Florida-Strome. [Druck vorgesehen für: Kleinere Schriften von Alexander von Humboldt. Zweiter Band (nicht erschienen).] Korrekturbogen aus dem Schiller Nationalmuseum, Deutsches Literaturarchiv in Marbach a. N.: Cotta-Archiv, s. e., [1833-ca. 1855], S. 31-145.

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In Tigilsk ist die mittlere Windesrichtung, genau bestimmt, S 54° O. Erst in Irkutsk wehen NNW-Winde sieben Monate des Jahres hindurch. "Obgleich", sagt Erman, "die gesammte oder durchschnittliche Wärme-Menge, welche Orte an der Ostküste von Asien erhalten, noch beträchtlich kleiner ist als für denselben Parallelkreis in Europa, und zwar selbst in seinen östlicheren Theilen; so ist sie doch schon wieder weit größer als im Inneren des nord-asiatischen Continents, namentlich aber unter dem Meridian von Jakutsk. Die Nächte der wärmsten Jahreszeit sind an der asiatischen Ostküste bei lat. 59° 36' fast genau so milde als an der amerikanischen bei 38° 56', wo man Wein und Oliven gewinnt. Bei Ochotsk sind die seltenen Wärme-Verhältnisse durch häufige Trübungen bedingt." (Adolf Erman, Reise um die Erde Bd. II. S. 67; Bd. III. S. 20, 24, 27, 179 und 564.) Wenn aber auch derselbe Südwest-Wind, welcher dem westlichsten europäischen Theile des Alten Continents das seiner geographischen Breite zukommende Klima mildert, nicht bis zu der Ostküste hinweht; so ist doch denkbar, daß ohne eine Luftbewegung, welche an einer Windfahne bemerkbar wird, die über großen Schnee- und Eismassen im Meridian von Jakutsk erkalteten Luftmassen durch Contact und Mittheilung, wie sie elastischen Flüssigkeiten eigen ist, nebenliegende Luftschichten erkälten. "An der Ostküste von Nordamerika", sagt Kämtz (Lehrbuch der Meteorologie Bd. II. S. 42), "sind die westlichen Winde die Landwinde, wie in Ost-Asien; bei ihnen erfolgt schnelle Verdunstung, und die Temperatur sinkt: während die östlichen Winde Dämpfe mit sich führen, deren Wärme beim Niederschlage die Temperatur etwas erhöht."

Indem ich seit vielen Jahren bemüht gewesen bin die

In Tigilsk ist die mittlere Windesrichtung, genau bestimmt, S 54° O. Erst in Irkutsk wehen NNW-Winde sieben Monate des Jahres hindurch. „Obgleich“, sagt Erman, „die gesammte oder durchschnittliche Wärme-Menge, welche Orte an der Ostküste von Asien erhalten, noch beträchtlich kleiner ist als für denselben Parallelkreis in Europa, und zwar selbst in seinen östlicheren Theilen; so ist sie doch schon wieder weit größer als im Inneren des nord-asiatischen Continents, namentlich aber unter dem Meridian von Jakutsk. Die Nächte der wärmsten Jahreszeit sind an der asiatischen Ostküste bei lat. 59° 36′ fast genau so milde als an der amerikanischen bei 38° 56′, wo man Wein und Oliven gewinnt. Bei Ochotsk sind die seltenen Wärme-Verhältnisse durch häufige Trübungen bedingt.“ (Adolf Erman, Reise um die Erde Bd. II. S. 67; Bd. III. S. 20, 24, 27, 179 und 564.) Wenn aber auch derselbe Südwest-Wind, welcher dem westlichsten europäischen Theile des Alten Continents das seiner geographischen Breite zukommende Klima mildert, nicht bis zu der Ostküste hinweht; so ist doch denkbar, daß ohne eine Luftbewegung, welche an einer Windfahne bemerkbar wird, die über großen Schnee- und Eismassen im Meridian von Jakutsk erkalteten Luftmassen durch Contact und Mittheilung, wie sie elastischen Flüssigkeiten eigen ist, nebenliegende Luftschichten erkälten. „An der Ostküste von Nordamerika“, sagt Kämtz (Lehrbuch der Meteorologie Bd. II. S. 42), „sind die westlichen Winde die Landwinde, wie in Ost-Asien; bei ihnen erfolgt schnelle Verdunstung, und die Temperatur sinkt: während die östlichen Winde Dämpfe mit sich führen, deren Wärme beim Niederschlage die Temperatur etwas erhöht.“

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[73/0043] In Tigilsk ist die mittlere Windesrichtung, genau bestimmt, S 54° O. Erst in Irkutsk wehen NNW-Winde sieben Monate des Jahres hindurch. „Obgleich“, sagt Erman, „die gesammte oder durchschnittliche Wärme-Menge, welche Orte an der Ostküste von Asien erhalten, noch beträchtlich kleiner ist als für denselben Parallelkreis in Europa, und zwar selbst in seinen östlicheren Theilen; so ist sie doch schon wieder weit größer als im Inneren des nord-asiatischen Continents, namentlich aber unter dem Meridian von Jakutsk. Die Nächte der wärmsten Jahreszeit sind an der asiatischen Ostküste bei lat. 59° 36′ fast genau so milde als an der amerikanischen bei 38° 56′, wo man Wein und Oliven gewinnt. Bei Ochotsk sind die seltenen Wärme-Verhältnisse durch häufige Trübungen bedingt.“ (Adolf Erman, Reise um die Erde Bd. II. S. 67; Bd. III. S. 20, 24, 27, 179 und 564.) Wenn aber auch derselbe Südwest-Wind, welcher dem westlichsten europäischen Theile des Alten Continents das seiner geographischen Breite zukommende Klima mildert, nicht bis zu der Ostküste hinweht; so ist doch denkbar, daß ohne eine Luftbewegung, welche an einer Windfahne bemerkbar wird, die über großen Schnee- und Eismassen im Meridian von Jakutsk erkalteten Luftmassen durch Contact und Mittheilung, wie sie elastischen Flüssigkeiten eigen ist, nebenliegende Luftschichten erkälten. „An der Ostküste von Nordamerika“, sagt Kämtz (Lehrb. der Meteorologie Bd. II. S. 42), „sind die westlichen Winde die Landwinde, wie in Ost-Asien; bei ihnen erfolgt schnelle Verdunstung, und die Temperatur sinkt: während die östlichen Winde Dämpfe mit sich führen, deren Wärme beim Niederschlage die Temperatur etwas erhöht.“ Indem ich seit vielen Jahren bemüht gewesen bin die

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber Meeresströmungen im allgemeinen; und über die kalte peruanische Strömung der Südsee, im Gegensatze zu dem warmen Golf- oder Florida-Strome. [Druck vorgesehen für: Kleinere Schriften von Alexander von Humboldt. Zweiter Band (nicht erschienen).] Korrekturbogen aus dem Schiller Nationalmuseum, Deutsches Literaturarchiv in Marbach a. N.: Cotta-Archiv, s. e., [1833-ca. 1855], S. 31-145, hier S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_meer_1833/43>, abgerufen am 25.04.2024.