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Humboldt, Alexander von: Ueber Meeresströmungen im allgemeinen; und über die kalte peruanische Strömung der Südsee, im Gegensatze zu dem warmen Golf- oder Florida-Strome. [Druck vorgesehen für: Kleinere Schriften von Alexander von Humboldt. Zweiter Band (nicht erschienen).] Korrekturbogen aus dem Schiller Nationalmuseum, Deutsches Literaturarchiv in Marbach a. N.: Cotta-Archiv, s. e., [1833-ca. 1855], S. 31-145.

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Ich habe in einer anderen Abhandlung1 zu zeigen versucht, wie das mildere Klima von Europa großentheils gegründet ist in seiner Küsten-Lage; in den Bedingnissen der Erdstellung zu einem nahen Meere: nämlich in dem Umstande, als westlicher Theil der alten Feste von den, in der temperirten Zone vorherrschenden Seewinden aus SW und W, während der kältesten Jahreszeit, erwärmt zu werden (von Winden, die mit einem wenig erkalteten Meere in Berührung waren; mit Wasserdampf geschwängert sind, aus dessen Niederschlag sich Wärme entbindet und, Nebel und Gewölk erregend, die Wärme-Ausstrahlung des Bodens mindert); in der Gliederung des Continents und den Bedingnissen der Erdstellung zum Aequator und der continentalen Tropen-Region von Afrika, welche heiße Luftschichten, in sich senkenden Strömen, den nördlichen Gegenden zusendet; endlich in den Bedingnissen der Erdstellung zum Pole: indem Europa weniger als andere Welttheile gegen Norden ausgedehnt ist, und einem, meist eisfreien, arctischen Meerbusen zwischen Island, Spitzbergen und dem scandinavischen Nordcap (da, wo die Sommer-Grenze des Eises sich gegen den Pol zurückzieht) gegenübersteht. Durch diese Verhältnisse wird die östliche Verlängerung des Golfstroms begünstigt, im hohen Norden von Europa die Wärme des Meeres vermehrt, und letzteres dem Verkehr der Völker, wie theilweise ihrer Gesittung zugänglicher gemacht. Das westliche Europa verhält sich in Hinsicht des Klima's zum östlichen und zu Nord-Asien wie die kleine Halbinsel Bretagne zu dem übrigen Frankreich. Je weiter man gegen Osten fortschreitet, vom Meridian von Königsberg an: desto mehr nimmt

1 Ueber die Haupt-Ursachen der Temperatur-Verschiedenheit auf dem Erdkörper, in den der Berliner Akademie der Wissenschaften aus dem Jahre 1827, S. 311 (siehe oben S. 23-24).

Ich habe in einer anderen Abhandlung1 zu zeigen versucht, wie das mildere Klima von Europa großentheils gegründet ist in seiner Küsten-Lage; in den Bedingnissen der Erdstellung zu einem nahen Meere: nämlich in dem Umstande, als westlicher Theil der alten Feste von den, in der temperirten Zone vorherrschenden Seewinden aus SW und W, während der kältesten Jahreszeit, erwärmt zu werden (von Winden, die mit einem wenig erkalteten Meere in Berührung waren; mit Wasserdampf geschwängert sind, aus dessen Niederschlag sich Wärme entbindet und, Nebel und Gewölk erregend, die Wärme-Ausstrahlung des Bodens mindert); in der Gliederung des Continents und den Bedingnissen der Erdstellung zum Aequator und der continentalen Tropen-Region von Afrika, welche heiße Luftschichten, in sich senkenden Strömen, den nördlichen Gegenden zusendet; endlich in den Bedingnissen der Erdstellung zum Pole: indem Europa weniger als andere Welttheile gegen Norden ausgedehnt ist, und einem, meist eisfreien, arctischen Meerbusen zwischen Island, Spitzbergen und dem scandinavischen Nordcap (da, wo die Sommer-Grenze des Eises sich gegen den Pol zurückzieht) gegenübersteht. Durch diese Verhältnisse wird die östliche Verlängerung des Golfstroms begünstigt, im hohen Norden von Europa die Wärme des Meeres vermehrt, und letzteres dem Verkehr der Völker, wie theilweise ihrer Gesittung zugänglicher gemacht. Das westliche Europa verhält sich in Hinsicht des Klima's zum östlichen und zu Nord-Asien wie die kleine Halbinsel Bretagne zu dem übrigen Frankreich. Je weiter man gegen Osten fortschreitet, vom Meridian von Königsberg an: desto mehr nimmt

1 Ueber die Haupt-Ursachen der Temperatur-Verschiedenheit auf dem Erdkörper, in den der Berliner Akademie der Wissenschaften aus dem Jahre 1827, S. 311 (siehe oben S. 23-24).
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[68/0038] Ich habe in einer anderen Abhandlung 1 zu zeigen versucht, wie das mildere Klima von Europa großentheils gegründet ist in seiner Küsten-Lage; in den Bedingnissen der Erdstellung zu einem nahen Meere: nämlich in dem Umstande, als westlicher Theil der alten Feste von den, in der temperirten Zone vorherrschenden Seewinden aus SW und W, während der kältesten Jahreszeit, erwärmt zu werden (von Winden, die mit einem wenig erkalteten Meere in Berührung waren; mit Wasserdampf geschwängert sind, aus dessen Niederschlag sich Wärme entbindet und, Nebel und Gewölk erregend, die Wärme-Ausstrahlung des Bodens mindert); in der Gliederung des Continents und den Bedingnissen der Erdstellung zum Aequator und der continentalen Tropen-Region von Afrika, welche heiße Luftschichten, in sich senkenden Strömen, den nördlichen Gegenden zusendet; endlich in den Bedingnissen der Erdstellung zum Pole: indem Europa weniger als andere Welttheile gegen Norden ausgedehnt ist, und einem, meist eisfreien, arctischen Meerbusen zwischen Island, Spitzbergen und dem scandinavischen Nordcap (da, wo die Sommer-Grenze des Eises sich gegen den Pol zurückzieht) gegenübersteht. Durch diese Verhältnisse wird die östliche Verlängerung des Golfstroms begünstigt, im hohen Norden von Europa die Wärme des Meeres vermehrt, und letzteres dem Verkehr der Völker, wie theilweise ihrer Gesittung zugänglicher gemacht. Das westliche Europa verhält sich in Hinsicht des Klima's zum östlichen und zu Nord-Asien wie die kleine Halbinsel Bretagne zu dem übrigen Frankreich. Je weiter man gegen Osten fortschreitet, vom Meridian von Königsberg an: desto mehr nimmt 1 Ueber die Haupt-Ursachen der Temperatur-Verschiedenheit auf dem Erdkörper, in den Abhandl. der Berl. Akad. der Wiss. aus dem J. 1827, S. 311 (s. oben S. 23-24).

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber Meeresströmungen im allgemeinen; und über die kalte peruanische Strömung der Südsee, im Gegensatze zu dem warmen Golf- oder Florida-Strome. [Druck vorgesehen für: Kleinere Schriften von Alexander von Humboldt. Zweiter Band (nicht erschienen).] Korrekturbogen aus dem Schiller Nationalmuseum, Deutsches Literaturarchiv in Marbach a. N.: Cotta-Archiv, s. e., [1833-ca. 1855], S. 31-145, hier S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_meer_1833/38>, abgerufen am 18.04.2024.