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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 5. Stuttgart u. a., 1862.

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und Vergehen: denn kein Ding werde und vergehe, sondern seiende Dinge werden gemischt und gesondert, und man könne mit Recht das Werden ein Gemischt-Werden, das Vergehen ein Gesondert-Werden nennen. Die Allheit der Dinge bleibt sich gleich. (Brandis Th. I. S. 240, Kosmos Bd. IV. S. 12.) Das Anaxagorische Alles in Allem (panta en pasin, oder en panti pantos moira enesti) bezieht sich auf die Erscheinungen des Stoffwechsels. Wenn nach des Sextus Empir. (Pyrrhoniarum hypotyposcon lib. I, 13, 33) Angabe Anaxagoras daraus, daß das Wasser, aus welchem der Schnee sich bildet, schwarz sei, die Folgerung gezogen haben soll, der Schnee sei schwarz; Cicero (Lucull. 31) dagegen ihn aus demselben Grunde nur folgern läßt, der Schnee sei nicht weiß; und auch Galen (de simpl. medicam. II, 1) ihm nur die letztere Behauptung beilegt: so bleibt es sehr zweifelhaft, ob der Klazomenier selbst den Schnee so entschieden schwarz genannt habe, wie die Späteren annahmen. (S. darüber Jul. Ideler, Meteorol. Graec. et Rom. 1832 p. 147 und seine Ausgabe der Meteorologica des Aristoteles Vol. II. 1836 p. 481.) Anaxagoras lehrte wohl nur, daß jedes Gewordene Theile von anderem (oder von allem) in sich halte. -- Vergl. den durch Tiefsinn und Sprache ausgezeichneten Schelling (sämmtl. Werke Abth. I. Bd. 2. 1857 S. 267-273; I, 3. 1858 S. 24-26).
6 (S. 8.) Der Philosoph, welcher die Möglichkeit einer Naturphilosophie oder speculativen Physik glaubte erwiesen zu haben (Schelling's sämmtliche Werke Abth. I. Bd. 3. S. 274), gesteht selbst (S. 105): "daß die Kraft, die in der ganzen Natur waltet und durch welche die Natur in ihrer Identität erhalten wird, bisher noch nicht aufgefunden (abgeleitet) worden ist. Wir sehen uns aber zu derselben hingetrieben; doch bleibt diese eine Kraft immer nur eine Hypothese, und sie kann unendlich vieler Modificationen fähig, und so verschieden sein als die Bedingungen, unter denen sie wirkt." Materien, mit unveränderlichen Kräften (unvertilgbaren Qualitäten nach unseren jetzigen Mitteln) ausgerüstet, werden in unsrer wissenschaftlichen Sprache chemische Elemente genannt (Helmholtz über Erhaltung der Kraft 1847 S. 4).
7 (S. 9.) Laplace, Expos. du Syst. du Monde (5eme ed. 1824) p. 389-395 und 414.
und Vergehen: denn kein Ding werde und vergehe, sondern seiende Dinge werden gemischt und gesondert, und man könne mit Recht das Werden ein Gemischt-Werden, das Vergehen ein Gesondert-Werden nennen. Die Allheit der Dinge bleibt sich gleich. (Brandis Th. I. S. 240, Kosmos Bd. IV. S. 12.) Das Anaxagorische Alles in Allem (πάντα ἐν πᾶσιν, oder ἐν παντὶ παντὸς μοὶρα ἔνεστι) bezieht sich auf die Erscheinungen des Stoffwechsels. Wenn nach des Sextus Empir. (Pyrrhoniarum hypotyposcon lib. I, 13, 33) Angabe Anaxagoras daraus, daß das Wasser, aus welchem der Schnee sich bildet, schwarz sei, die Folgerung gezogen haben soll, der Schnee sei schwarz; Cicero (Lucull. 31) dagegen ihn aus demselben Grunde nur folgern läßt, der Schnee sei nicht weiß; und auch Galen (de simpl. medicam. II, 1) ihm nur die letztere Behauptung beilegt: so bleibt es sehr zweifelhaft, ob der Klazomenier selbst den Schnee so entschieden schwarz genannt habe, wie die Späteren annahmen. (S. darüber Jul. Ideler, Meteorol. Graec. et Rom. 1832 p. 147 und seine Ausgabe der Meteorologica des Aristoteles Vol. II. 1836 p. 481.) Anaxagoras lehrte wohl nur, daß jedes Gewordene Theile von anderem (oder von allem) in sich halte. — Vergl. den durch Tiefsinn und Sprache ausgezeichneten Schelling (sämmtl. Werke Abth. I. Bd. 2. 1857 S. 267–273; I, 3. 1858 S. 24–26).
6 (S. 8.) Der Philosoph, welcher die Möglichkeit einer Naturphilosophie oder speculativen Physik glaubte erwiesen zu haben (Schelling's sämmtliche Werke Abth. I. Bd. 3. S. 274), gesteht selbst (S. 105): „daß die Kraft, die in der ganzen Natur waltet und durch welche die Natur in ihrer Identität erhalten wird, bisher noch nicht aufgefunden (abgeleitet) worden ist. Wir sehen uns aber zu derselben hingetrieben; doch bleibt diese eine Kraft immer nur eine Hypothese, und sie kann unendlich vieler Modificationen fähig, und so verschieden sein als die Bedingungen, unter denen sie wirkt.“ Materien, mit unveränderlichen Kräften (unvertilgbaren Qualitäten nach unseren jetzigen Mitteln) ausgerüstet, werden in unsrer wissenschaftlichen Sprache chemische Elemente genannt (Helmholtz über Erhaltung der Kraft 1847 S. 4).
7 (S. 9.) Laplace, Expos. du Syst. du Monde (5ème éd. 1824) p. 389–395 und 414.
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[21/0028] ⁵ und Vergehen: denn kein Ding werde und vergehe, sondern seiende Dinge werden gemischt und gesondert, und man könne mit Recht das Werden ein Gemischt-Werden, das Vergehen ein Gesondert-Werden nennen. Die Allheit der Dinge bleibt sich gleich. (Brandis Th. I. S. 240, Kosmos Bd. IV. S. 12.) Das Anaxagorische Alles in Allem (πάντα ἐν πᾶσιν, oder ἐν παντὶ παντὸς μοὶρα ἔνεστι) bezieht sich auf die Erscheinungen des Stoffwechsels. Wenn nach des Sextus Empir. (Pyrrhoniarum hypotyposcon lib. I, 13, 33) Angabe Anaxagoras daraus, daß das Wasser, aus welchem der Schnee sich bildet, schwarz sei, die Folgerung gezogen haben soll, der Schnee sei schwarz; Cicero (Lucull. 31) dagegen ihn aus demselben Grunde nur folgern läßt, der Schnee sei nicht weiß; und auch Galen (de simpl. medicam. II, 1) ihm nur die letztere Behauptung beilegt: so bleibt es sehr zweifelhaft, ob der Klazomenier selbst den Schnee so entschieden schwarz genannt habe, wie die Späteren annahmen. (S. darüber Jul. Ideler, Meteorol. Graec. et Rom. 1832 p. 147 und seine Ausgabe der Meteorologica des Aristoteles Vol. II. 1836 p. 481.) Anaxagoras lehrte wohl nur, daß jedes Gewordene Theile von anderem (oder von allem) in sich halte. — Vergl. den durch Tiefsinn und Sprache ausgezeichneten Schelling (sämmtl. Werke Abth. I. Bd. 2. 1857 S. 267–273; I, 3. 1858 S. 24–26). ⁶ (S. 8.) Der Philosoph, welcher die Möglichkeit einer Naturphilosophie oder speculativen Physik glaubte erwiesen zu haben (Schelling's sämmtliche Werke Abth. I. Bd. 3. S. 274), gesteht selbst (S. 105): „daß die Kraft, die in der ganzen Natur waltet und durch welche die Natur in ihrer Identität erhalten wird, bisher noch nicht aufgefunden (abgeleitet) worden ist. Wir sehen uns aber zu derselben hingetrieben; doch bleibt diese eine Kraft immer nur eine Hypothese, und sie kann unendlich vieler Modificationen fähig, und so verschieden sein als die Bedingungen, unter denen sie wirkt.“ Materien, mit unveränderlichen Kräften (unvertilgbaren Qualitäten nach unseren jetzigen Mitteln) ausgerüstet, werden in unsrer wissenschaftlichen Sprache chemische Elemente genannt (Helmholtz über Erhaltung der Kraft 1847 S. 4). ⁷ (S. 9.) Laplace, Expos. du Syst. du Monde (5ème éd. 1824) p. 389–395 und 414.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 5. Stuttgart u. a., 1862, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos0501_1862/28>, abgerufen am 22.11.2024.