Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 5. Stuttgart u. a., 1862.des Feldspaths mit der des Gußeisens und des Bleies eine große Uebertreibung ist. Denn wenn der Feldspath auch vor dem Löthrohr schmelzbar und der Quarz unschmelzbar ist; so ist der Feldspath doch nur äußerst schwer, und bloß in dünnen Splittern an den Rändern schmelzbar: und selbst im Feuer des Porzellan-Ofens nicht zu einem klaren, sondern nur zu einem ganz blasigen Glase schmelzbar; und dann ist es wohl nöthig zu untersuchen, ob denn der Quarz in dem Granite stets die Eindrücke des Feldspaths annehme? Dies ist aber keinesweges immer der Fall; im Gegentheil sind die Granite mancher Gegenden dadurch ausgezeichnet, daß der Quarz vorzugsweise in dem Feldspath krystallisirt ist: wie z. B. der Granit des Brockens und des ganzen Harzes, der Granit des Prudelberges bei Warmbrunn, der Granitberge bei Liebwerda u. s. w. Es kommt also das eine wie das andre vor; und wenn man die Bruchfläche eines derben Granites untersucht, so sieht man sogar, daß es die Regel ist, daß der Quarz nicht die Eindrücke des Feldspaths annimmt. -- Wenn man die Annahme der Entstehung des Granits aus einer geschmolzenen Masse verwirft, so weiß ich nicht, was man dafür an die Stelle setzen will; denn ich kenne kein Gemenge so verschiedener Substanzen wie der Granit, von dem es entschieden wäre, daß es auf nassem Wege gebildet sei: dagegen man ähnliche Bildungen auf trocknem Wege sehr gut kennt. Die Laven, welche in Strömen in geschichtlicher Zeit geflossen sind, stellen oft ganz ähnliche Gemenge dar wie der Granit; und wenn sie auch aus andren Gemengtheilen bestehn und sich in der Größe des Kerns oft sehr von dem Granite unterscheiden, so sind dies Unterschiede, welche die Form und Natur der Gemengtheile betreffen: die Art des Gemenges ist bei beiden dieselbe. Schleift man eine dünne Platte von der Vesuv-Lava von 1631, welche die Ströme von Granatello und della Scala bildet, so erscheint sie unter dem Microscop als ein Gemenge von größeren und kleineren, aber von lauter Krystallen. Darunter sind auch einige, die, wie der Leucit, für sich allein ganz unschmelzbar sind; und in den größeren Leuciten der Somma kommen auch: nicht häufig, doch bestimmt, Krystalle von dem viel leichter schmelzbaren Augit eingeschlossen vor, die ganz deutlich krystallisirt sind. Dies sind lauter Analogien, welche für die Entstehung des Granits aus einer geschmolzenen Masse sprechen. Die Masse des Granits ist im ganzen leichter schmelzbar als der Quarz, und schwerer schmelzbar des Feldspaths mit der des Gußeisens und des Bleies eine große Uebertreibung ist. Denn wenn der Feldspath auch vor dem Löthrohr schmelzbar und der Quarz unschmelzbar ist; so ist der Feldspath doch nur äußerst schwer, und bloß in dünnen Splittern an den Rändern schmelzbar: und selbst im Feuer des Porzellan-Ofens nicht zu einem klaren, sondern nur zu einem ganz blasigen Glase schmelzbar; und dann ist es wohl nöthig zu untersuchen, ob denn der Quarz in dem Granite stets die Eindrücke des Feldspaths annehme? Dies ist aber keinesweges immer der Fall; im Gegentheil sind die Granite mancher Gegenden dadurch ausgezeichnet, daß der Quarz vorzugsweise in dem Feldspath krystallisirt ist: wie z. B. der Granit des Brockens und des ganzen Harzes, der Granit des Prudelberges bei Warmbrunn, der Granitberge bei Liebwerda u. s. w. Es kommt also das eine wie das andre vor; und wenn man die Bruchfläche eines derben Granites untersucht, so sieht man sogar, daß es die Regel ist, daß der Quarz nicht die Eindrücke des Feldspaths annimmt. — Wenn man die Annahme der Entstehung des Granits aus einer geschmolzenen Masse verwirft, so weiß ich nicht, was man dafür an die Stelle setzen will; denn ich kenne kein Gemenge so verschiedener Substanzen wie der Granit, von dem es entschieden wäre, daß es auf nassem Wege gebildet sei: dagegen man ähnliche Bildungen auf trocknem Wege sehr gut kennt. Die Laven, welche in Strömen in geschichtlicher Zeit geflossen sind, stellen oft ganz ähnliche Gemenge dar wie der Granit; und wenn sie auch aus andren Gemengtheilen bestehn und sich in der Größe des Kerns oft sehr von dem Granite unterscheiden, so sind dies Unterschiede, welche die Form und Natur der Gemengtheile betreffen: die Art des Gemenges ist bei beiden dieselbe. Schleift man eine dünne Platte von der Vesuv-Lava von 1631, welche die Ströme von Granatello und della Scala bildet, so erscheint sie unter dem Microscop als ein Gemenge von größeren und kleineren, aber von lauter Krystallen. Darunter sind auch einige, die, wie der Leucit, für sich allein ganz unschmelzbar sind; und in den größeren Leuciten der Somma kommen auch: nicht häufig, doch bestimmt, Krystalle von dem viel leichter schmelzbaren Augit eingeschlossen vor, die ganz deutlich krystallisirt sind. Dies sind lauter Analogien, welche für die Entstehung des Granits aus einer geschmolzenen Masse sprechen. Die Masse des Granits ist im ganzen leichter schmelzbar als der Quarz, und schwerer schmelzbar <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <note xml:id="ftn104-text" prev="#ftn104" place="end" n="44"><pb facs="#f0102" n="95"/> des Feldspaths mit der des Gußeisens und des Bleies eine große Uebertreibung ist. Denn wenn der Feldspath auch vor dem Löthrohr schmelzbar und der Quarz unschmelzbar ist; so ist der Feldspath doch nur äußerst schwer, und bloß in dünnen Splittern an den Rändern schmelzbar: und selbst im Feuer des Porzellan-Ofens nicht zu einem klaren, sondern nur zu einem ganz blasigen Glase schmelzbar; und dann ist es wohl nöthig zu untersuchen, ob denn der Quarz in dem Granite stets die Eindrücke des Feldspaths annehme? Dies ist aber keinesweges immer der Fall; im Gegentheil sind die Granite mancher Gegenden dadurch ausgezeichnet, daß der Quarz vorzugsweise <hi rendition="#g">in dem Feldspath</hi> krystallisirt ist: wie z. B. der Granit des Brockens und des ganzen Harzes, der Granit des Prudelberges bei Warmbrunn, der Granitberge bei Liebwerda u. s. w. Es kommt also das eine wie das andre vor; und wenn man die Bruchfläche eines derben Granites untersucht, so sieht man sogar, daß es die Regel ist, daß der Quarz nicht die Eindrücke des Feldspaths annimmt. — Wenn man die Annahme der Entstehung des Granits aus einer geschmolzenen Masse verwirft, so weiß ich nicht, was man dafür an die Stelle setzen will; denn ich kenne kein Gemenge so verschiedener Substanzen wie der Granit, von dem es entschieden wäre, daß es auf nassem Wege gebildet sei: dagegen man ähnliche Bildungen auf trocknem Wege sehr gut kennt. Die Laven, welche in Strömen in geschichtlicher Zeit geflossen sind, stellen oft ganz ähnliche Gemenge dar wie der Granit; und wenn sie auch aus andren Gemengtheilen bestehn und sich in der Größe des Kerns oft sehr von dem Granite unterscheiden, so sind dies Unterschiede, welche die Form und Natur der Gemengtheile betreffen: die Art des Gemenges ist bei beiden dieselbe. Schleift man eine dünne Platte von der Vesuv-Lava von 1631, welche die Ströme von Granatello und della Scala bildet, so erscheint sie unter dem Microscop als ein Gemenge von größeren und kleineren, aber von lauter Krystallen. Darunter sind auch einige, die, wie der Leucit, für sich allein ganz unschmelzbar sind; und in den größeren Leuciten der Somma kommen auch: nicht häufig, doch bestimmt, Krystalle von dem viel leichter schmelzbaren Augit eingeschlossen vor, die ganz deutlich krystallisirt sind. Dies sind lauter Analogien, welche für die Entstehung des Granits aus einer geschmolzenen Masse sprechen. Die Masse des Granits ist im ganzen leichter schmelzbar als der Quarz, und schwerer schmelzbar </note> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [95/0102]
⁴⁴ des Feldspaths mit der des Gußeisens und des Bleies eine große Uebertreibung ist. Denn wenn der Feldspath auch vor dem Löthrohr schmelzbar und der Quarz unschmelzbar ist; so ist der Feldspath doch nur äußerst schwer, und bloß in dünnen Splittern an den Rändern schmelzbar: und selbst im Feuer des Porzellan-Ofens nicht zu einem klaren, sondern nur zu einem ganz blasigen Glase schmelzbar; und dann ist es wohl nöthig zu untersuchen, ob denn der Quarz in dem Granite stets die Eindrücke des Feldspaths annehme? Dies ist aber keinesweges immer der Fall; im Gegentheil sind die Granite mancher Gegenden dadurch ausgezeichnet, daß der Quarz vorzugsweise in dem Feldspath krystallisirt ist: wie z. B. der Granit des Brockens und des ganzen Harzes, der Granit des Prudelberges bei Warmbrunn, der Granitberge bei Liebwerda u. s. w. Es kommt also das eine wie das andre vor; und wenn man die Bruchfläche eines derben Granites untersucht, so sieht man sogar, daß es die Regel ist, daß der Quarz nicht die Eindrücke des Feldspaths annimmt. — Wenn man die Annahme der Entstehung des Granits aus einer geschmolzenen Masse verwirft, so weiß ich nicht, was man dafür an die Stelle setzen will; denn ich kenne kein Gemenge so verschiedener Substanzen wie der Granit, von dem es entschieden wäre, daß es auf nassem Wege gebildet sei: dagegen man ähnliche Bildungen auf trocknem Wege sehr gut kennt. Die Laven, welche in Strömen in geschichtlicher Zeit geflossen sind, stellen oft ganz ähnliche Gemenge dar wie der Granit; und wenn sie auch aus andren Gemengtheilen bestehn und sich in der Größe des Kerns oft sehr von dem Granite unterscheiden, so sind dies Unterschiede, welche die Form und Natur der Gemengtheile betreffen: die Art des Gemenges ist bei beiden dieselbe. Schleift man eine dünne Platte von der Vesuv-Lava von 1631, welche die Ströme von Granatello und della Scala bildet, so erscheint sie unter dem Microscop als ein Gemenge von größeren und kleineren, aber von lauter Krystallen. Darunter sind auch einige, die, wie der Leucit, für sich allein ganz unschmelzbar sind; und in den größeren Leuciten der Somma kommen auch: nicht häufig, doch bestimmt, Krystalle von dem viel leichter schmelzbaren Augit eingeschlossen vor, die ganz deutlich krystallisirt sind. Dies sind lauter Analogien, welche für die Entstehung des Granits aus einer geschmolzenen Masse sprechen. Die Masse des Granits ist im ganzen leichter schmelzbar als der Quarz, und schwerer schmelzbar
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