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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.

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In der zu San Francisco in Californien erscheinenden Zeitung l'Echo du Pacifique vom 5 Januar 1857 wird von einem französischen Reisenden, Herrn Jules Remy, berichtet, daß es ihm in Begleitung des Engländers Hrn. Brencklay geglückt sei am 3 Nov. 1856 den Gipfel des Chimborazo zu ersteigen: "zwar in Nebel gehüllt und ohne es selbst während der Ersteigung zu merken (sans nous en douter)". Er beobachtete nämlich den Siedepunkt des Wassers zu 77°,5 Cent. bei + 1°,7 Luft-Temperatur; als er hieraus "nach einer auf wiederholten Reisen im Hawaii-Archipel erprobten hypsometrischen Regel die von ihm erreichte Höhe berechnete, ward er von dem erhaltenen Resultate überrascht. Er fand nämlich, daß er 6543 Meter hoch gewesen war:" also in einer Höhe, die nur 40 Fuß abweicht von der Höhe (6530 Meter), welche meine trigonometrische Messung bei Riobamba nuevo in der Hochebene von Tapia im Juni 1803 für den Gipfel des Chimborazo ergeben hatte. Diese Uebereinstimmung einer trigonometrischen Messung des Gipfels mit einer auf den Siedepunkt gegründeten wäre um so wunderbarer, als meine trigonometrische Messung, wie bei allen Bergmessungen in den Cordilleren, einen barometrischen Theil involvirt, und durch Mangel correspondirender Beobachtungen am Meeresufer der Südsee meine barometrische Bestimmung der Höhe des Llano de Tapia (2891 Meter oder 8899 Par. Fuß) nicht alle erwünschte Genauigkeit haben kann. (Ueber das Detail meiner trigonometrischen Messung s. mein Recueil d'Observ. Astron. Vol. I. p. LXXII und LXXIV). Professor Poggendorff hat sich freundschaftlichst der Mühe unterzogen zu prüfen, welches Resultat unter den wahrscheinlichsten Voraussetzungen eine rationellere Berechnungsweise geben würde. Er hat gefunden, daß, unter den beiden Hypothesen berechnet: daß am Meere die Luft-Temperatur 27°,5 C. oder 26°,5 C. geherrscht habe und der Barometerstand 760mm ,0 auf den Gefrierpunkt reducirt gewesen sei, man nach Regnault's Tafel folgendes Resultat erhalte: der Siedepunkt 77°,5 C. auf dem Gipfel entspricht einem Barometerstand von 320mm ,20 bei 0° Temperatur, die Luft-Temperatur war + 1°,7 C.: wofür hier 1°,5 genommen sein mag. Nach diesen Daten geben Oltmanns Tafeln für die angeblich erstiegene Höhe, in der ersten Hypothese (27°,5 C.) = 7328m ,2 und in der zweiten (26°,5 C.) = 7314m ,5: also im Mittel 777m oder 2390 Pariser Fuß mehr als meine trigonometrische Messung. Wenn mit dieser der Versuch des Siedepunkts hätte übereinstimmen sollen, so hätte
In der zu San Francisco in Californien erscheinenden Zeitung l'Écho du Pacifique vom 5 Januar 1857 wird von einem französischen Reisenden, Herrn Jules Remy, berichtet, daß es ihm in Begleitung des Engländers Hrn. Brencklay geglückt sei am 3 Nov. 1856 den Gipfel des Chimborazo zu ersteigen: „zwar in Nebel gehüllt und ohne es selbst während der Ersteigung zu merken (sans nous en douter)". Er beobachtete nämlich den Siedepunkt des Wassers zu 77°,5 Cent. bei + 1°,7 Luft-Temperatur; als er hieraus „nach einer auf wiederholten Reisen im Hawaii-Archipel erprobten hypsometrischen Regel die von ihm erreichte Höhe berechnete, ward er von dem erhaltenen Resultate überrascht. Er fand nämlich, daß er 6543 Meter hoch gewesen war:" also in einer Höhe, die nur 40 Fuß abweicht von der Höhe (6530 Meter), welche meine trigonometrische Messung bei Riobamba nuevo in der Hochebene von Tapia im Juni 1803 für den Gipfel des Chimborazo ergeben hatte. Diese Uebereinstimmung einer trigonometrischen Messung des Gipfels mit einer auf den Siedepunkt gegründeten wäre um so wunderbarer, als meine trigonometrische Messung, wie bei allen Bergmessungen in den Cordilleren, einen barometrischen Theil involvirt, und durch Mangel correspondirender Beobachtungen am Meeresufer der Südsee meine barometrische Bestimmung der Höhe des Llano de Tapia (2891 Meter oder 8899 Par. Fuß) nicht alle erwünschte Genauigkeit haben kann. (Ueber das Detail meiner trigonometrischen Messung s. mein Recueil d'Observ. Astron. Vol. I. p. LXXII und LXXIV). Professor Poggendorff hat sich freundschaftlichst der Mühe unterzogen zu prüfen, welches Resultat unter den wahrscheinlichsten Voraussetzungen eine rationellere Berechnungsweise geben würde. Er hat gefunden, daß, unter den beiden Hypothesen berechnet: daß am Meere die Luft-Temperatur 27°,5 C. oder 26°,5 C. geherrscht habe und der Barometerstand 760mm ,0 auf den Gefrierpunkt reducirt gewesen sei, man nach Regnault's Tafel folgendes Resultat erhalte: der Siedepunkt 77°,5 C. auf dem Gipfel entspricht einem Barometerstand von 320mm ,20 bei 0° Temperatur, die Luft-Temperatur war + 1°,7 C.: wofür hier 1°,5 genommen sein mag. Nach diesen Daten geben Oltmanns Tafeln für die angeblich erstiegene Höhe, in der ersten Hypothese (27°,5 C.) = 7328m ,2 und in der zweiten (26°,5 C.) = 7314m ,5: also im Mittel 777m oder 2390 Pariser Fuß mehr als meine trigonometrische Messung. Wenn mit dieser der Versuch des Siedepunkts hätte übereinstimmen sollen, so hätte
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[630/0635] ⁸⁰ In der zu San Francisco in Californien erscheinenden Zeitung l'Écho du Pacifique vom 5 Januar 1857 wird von einem französischen Reisenden, Herrn Jules Remy, berichtet, daß es ihm in Begleitung des Engländers Hrn. Brencklay geglückt sei am 3 Nov. 1856 den Gipfel des Chimborazo zu ersteigen: „zwar in Nebel gehüllt und ohne es selbst während der Ersteigung zu merken (sans nous en douter)". Er beobachtete nämlich den Siedepunkt des Wassers zu 77°,5 Cent. bei + 1°,7 Luft-Temperatur; als er hieraus „nach einer auf wiederholten Reisen im Hawaii-Archipel erprobten hypsometrischen Regel die von ihm erreichte Höhe berechnete, ward er von dem erhaltenen Resultate überrascht. Er fand nämlich, daß er 6543 Meter hoch gewesen war:" also in einer Höhe, die nur 40 Fuß abweicht von der Höhe (6530 Meter), welche meine trigonometrische Messung bei Riobamba nuevo in der Hochebene von Tapia im Juni 1803 für den Gipfel des Chimborazo ergeben hatte. Diese Uebereinstimmung einer trigonometrischen Messung des Gipfels mit einer auf den Siedepunkt gegründeten wäre um so wunderbarer, als meine trigonometrische Messung, wie bei allen Bergmessungen in den Cordilleren, einen barometrischen Theil involvirt, und durch Mangel correspondirender Beobachtungen am Meeresufer der Südsee meine barometrische Bestimmung der Höhe des Llano de Tapia (2891 Meter oder 8899 Par. Fuß) nicht alle erwünschte Genauigkeit haben kann. (Ueber das Detail meiner trigonometrischen Messung s. mein Recueil d'Observ. Astron. Vol. I. p. LXXII und LXXIV). Professor Poggendorff hat sich freundschaftlichst der Mühe unterzogen zu prüfen, welches Resultat unter den wahrscheinlichsten Voraussetzungen eine rationellere Berechnungsweise geben würde. Er hat gefunden, daß, unter den beiden Hypothesen berechnet: daß am Meere die Luft-Temperatur 27°,5 C. oder 26°,5 C. geherrscht habe und der Barometerstand 760mm ,0 auf den Gefrierpunkt reducirt gewesen sei, man nach Regnault's Tafel folgendes Resultat erhalte: der Siedepunkt 77°,5 C. auf dem Gipfel entspricht einem Barometerstand von 320mm ,20 bei 0° Temperatur, die Luft-Temperatur war + 1°,7 C.: wofür hier 1°,5 genommen sein mag. Nach diesen Daten geben Oltmanns Tafeln für die angeblich erstiegene Höhe, in der ersten Hypothese (27°,5 C.) = 7328m ,2 und in der zweiten (26°,5 C.) = 7314m ,5: also im Mittel 777m oder 2390 Pariser Fuß mehr als meine trigonometrische Messung. Wenn mit dieser der Versuch des Siedepunkts hätte übereinstimmen sollen, so hätte

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858, S. 630. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/635>, abgerufen am 22.11.2024.