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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.

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bis zu den Säulen des Hercules, gegen Osten bis zum Littoral von Thinä (Agathemeros in Hudson's Geogr. gr. min. Vol. II. p. 4). Der Theiler des Dicäarchus, gleich interessant in geognostischer als in orographischer Hinsicht, ging in das Werk des Eratosthenes über: wo er desselben im 3ten Buche seiner Erdbeschreibung, zur Erläuterung seiner Tafel der bewohnten Welt, erwähnt. Strabo legt solche Wichtigkeit auf diese Richtungs- und Scheidelinie des Eratosthenes, daß er (lib. I p. 65) "auf ihrer östlichen Verlängerung, welche bei Thinä durch das atlantische Meer gezogen wird, die Lage einer anderen bewohnten Welt, wohl auch mehrerer Welten", für möglich hält: doch ohne eigentlich solche zu prophezeien. Das Wort atlantisches Meer kann auffallend scheinen, statt östliches Meer, wie gewöhnlich die Südsee (das Stille Meer) genannt wird; aber da unser indisches Meer südlich von Bengalen bei Strabo die atlantische Südsee heißt, so werden im Südosten von Indien beide Meere als zusammenfließend gedacht, und mehrmals verwechselt. So heißt es lib. II p. 130: "Indien, das größte und gesegnetste Land, welches am östlichen Meer und an der atlantischen Südsee endet"; und lib. XV p. 689: "die südliche und östliche Seite Indiens, welche viel größer als die andere Seite sind, laufen ins atlantische Meer vor": in welcher Stelle, wie in der oben angeführten von Thinä (lib. I p. 65), der Ausdruck östliches Meer sogar vermieden ist. Ununterbrochen seit dem Jahre 1792 mit dem Streichen und Fallen der Gebirgsschichten und ihrer Beziehung auf die Richtung (Orientirung) der Gebirgszüge beschäftigt, habe ich geglaubt darauf aufmerksam machen zu müssen, daß im Mittel der Aequatorial-Abstand des Kuen-lün, in seiner ganzen Erstreckung wie in seiner westlichen Verlängerung durch den Hindu-Kho, auf das Becken des Mittelmeers und die Straße von Gibraltar hinweist (Asie centr. T. I. p. 118-127 und T. II. p. 115-118); und daß die Senkung des Meeresbodens in einem großen, vorzüglich am nördlichen Rande vulkanischen Becken wohl mit jener Erhebung und Faltung zusammenhangen könne. Mein theurer, vieljähriger und aller geologischen Richtungs-Verhältnisse so tief kundiger Freund, Elie de Beaumont, ist aus Gründen des Loxodromismus diesen Ansichten entgegen (notice sur les Systemes de Montagnes 1852 T. II. p. 667).
44 (S. 455.) Kosmos Bd. IV. S. 382.
bis zu den Säulen des Hercules, gegen Osten bis zum Littoral von Thinä (Agathemeros in Hudson's Geogr. gr. min. Vol. II. p. 4). Der Theiler des Dicäarchus, gleich interessant in geognostischer als in orographischer Hinsicht, ging in das Werk des Eratosthenes über: wo er desselben im 3ten Buche seiner Erdbeschreibung, zur Erläuterung seiner Tafel der bewohnten Welt, erwähnt. Strabo legt solche Wichtigkeit auf diese Richtungs- und Scheidelinie des Eratosthenes, daß er (lib. I p. 65) „auf ihrer östlichen Verlängerung, welche bei Thinä durch das atlantische Meer gezogen wird, die Lage einer anderen bewohnten Welt, wohl auch mehrerer Welten", für möglich hält: doch ohne eigentlich solche zu prophezeien. Das Wort atlantisches Meer kann auffallend scheinen, statt östliches Meer, wie gewöhnlich die Südsee (das Stille Meer) genannt wird; aber da unser indisches Meer südlich von Bengalen bei Strabo die atlantische Südsee heißt, so werden im Südosten von Indien beide Meere als zusammenfließend gedacht, und mehrmals verwechselt. So heißt es lib. II p. 130: „Indien, das größte und gesegnetste Land, welches am östlichen Meer und an der atlantischen Südsee endet"; und lib. XV p. 689: „die südliche und östliche Seite Indiens, welche viel größer als die andere Seite sind, laufen ins atlantische Meer vor": in welcher Stelle, wie in der oben angeführten von Thinä (lib. I p. 65), der Ausdruck östliches Meer sogar vermieden ist. Ununterbrochen seit dem Jahre 1792 mit dem Streichen und Fallen der Gebirgsschichten und ihrer Beziehung auf die Richtung (Orientirung) der Gebirgszüge beschäftigt, habe ich geglaubt darauf aufmerksam machen zu müssen, daß im Mittel der Aequatorial-Abstand des Kuen-lün, in seiner ganzen Erstreckung wie in seiner westlichen Verlängerung durch den Hindu-Kho, auf das Becken des Mittelmeers und die Straße von Gibraltar hinweist (Asie centr. T. I. p. 118–127 und T. II. p. 115–118); und daß die Senkung des Meeresbodens in einem großen, vorzüglich am nördlichen Rande vulkanischen Becken wohl mit jener Erhebung und Faltung zusammenhangen könne. Mein theurer, vieljähriger und aller geologischen Richtungs-Verhältnisse so tief kundiger Freund, Elie de Beaumont, ist aus Gründen des Loxodromismus diesen Ansichten entgegen (notice sur les Systèmes de Montagnes 1852 T. II. p. 667).
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[609/0614] ⁴³ bis zu den Säulen des Hercules, gegen Osten bis zum Littoral von Thinä (Agathemeros in Hudson's Geogr. gr. min. Vol. II. p. 4). Der Theiler des Dicäarchus, gleich interessant in geognostischer als in orographischer Hinsicht, ging in das Werk des Eratosthenes über: wo er desselben im 3ten Buche seiner Erdbeschreibung, zur Erläuterung seiner Tafel der bewohnten Welt, erwähnt. Strabo legt solche Wichtigkeit auf diese Richtungs- und Scheidelinie des Eratosthenes, daß er (lib. I p. 65) „auf ihrer östlichen Verlängerung, welche bei Thinä durch das atlantische Meer gezogen wird, die Lage einer anderen bewohnten Welt, wohl auch mehrerer Welten", für möglich hält: doch ohne eigentlich solche zu prophezeien. Das Wort atlantisches Meer kann auffallend scheinen, statt östliches Meer, wie gewöhnlich die Südsee (das Stille Meer) genannt wird; aber da unser indisches Meer südlich von Bengalen bei Strabo die atlantische Südsee heißt, so werden im Südosten von Indien beide Meere als zusammenfließend gedacht, und mehrmals verwechselt. So heißt es lib. II p. 130: „Indien, das größte und gesegnetste Land, welches am östlichen Meer und an der atlantischen Südsee endet"; und lib. XV p. 689: „die südliche und östliche Seite Indiens, welche viel größer als die andere Seite sind, laufen ins atlantische Meer vor": in welcher Stelle, wie in der oben angeführten von Thinä (lib. I p. 65), der Ausdruck östliches Meer sogar vermieden ist. Ununterbrochen seit dem Jahre 1792 mit dem Streichen und Fallen der Gebirgsschichten und ihrer Beziehung auf die Richtung (Orientirung) der Gebirgszüge beschäftigt, habe ich geglaubt darauf aufmerksam machen zu müssen, daß im Mittel der Aequatorial-Abstand des Kuen-lün, in seiner ganzen Erstreckung wie in seiner westlichen Verlängerung durch den Hindu-Kho, auf das Becken des Mittelmeers und die Straße von Gibraltar hinweist (Asie centr. T. I. p. 118–127 und T. II. p. 115–118); und daß die Senkung des Meeresbodens in einem großen, vorzüglich am nördlichen Rande vulkanischen Becken wohl mit jener Erhebung und Faltung zusammenhangen könne. Mein theurer, vieljähriger und aller geologischen Richtungs-Verhältnisse so tief kundiger Freund, Elie de Beaumont, ist aus Gründen des Loxodromismus diesen Ansichten entgegen (notice sur les Systèmes de Montagnes 1852 T. II. p. 667). ⁴⁴ (S. 455.) Kosmos Bd. IV. S. 382.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858, S. 609. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/614>, abgerufen am 29.06.2024.