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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.

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Nahrung.44 Die zwei sibirischen Reisen von Middendorff, welchen Beobachtungsgeist, Kühnheit im Unternehmen und Ausdauer in mühseliger Arbeit auszeichnen, waren 1843 bis 1846 nördlich im Taymir-Lande bis zu 75°3/4 Breite und südöftlich bis an den Oberen Amur und das Ochotskische Meer gerichtet. Die erste so gefahrvoller Reisen hatte den gelehrten Naturforscher in eine bisher ganz unbesuchte Region geführt. Sie bot um so mehr Wichtigkeit dar, als diese Region gleich weit von der Ost- und Westküste des Alten Continents entfernt ist. Neben der Verbreitung der Organismen im höchsten Norden, als hauptsächlich von klimatischen Verhältnissen abhängig, war im Auftrage der Petersburger Akademie der Wissenschaften die genaue Bestimmung der Boden-Temperatur und der Dicke des unterirdischen Bodeneises ein Hauptzweck der Expedition. Es wurden Untersuchungen angestellt in Bohrlöchern und Gruben von 20 bis 57 Fuß Tiefe, an mehr denn 12 Punkten (bei Turuchansk, am Jenisei und an der Lena), in relativen Entfernungen von vier- bis fünfhundert geographischen Meilen.

Der wichtigste Gegenstand solcher geothermischen Beobachtungen blieb aber der Schergin-Schacht45 zu Jakutsk (Br. 62° 2'). Hier war eine unterirdische Eisschicht durchbrochen worden in der Dicke von mehr als 358 Par. Fuß (382 engl. Fuß). Längs den Seitenwänden des Schachtes wurden Thermometer an 11 über einander liegenden Punkten zwischen der Oberfläche und dem Tiefsten des Schachtes, den man 1837 erreichte, eingesenkt. In einem Eimer (Kübel) stehend, Einen Arm beim Herablassen an einem Seil befestigt, mußte der Beobachter die Thermometer-Scalen ablesen. Die Reihe der Beobachtungen, deren mittleren Fehler man nur zu 0°,25 anschlägt,

Nahrung.44 Die zwei sibirischen Reisen von Middendorff, welchen Beobachtungsgeist, Kühnheit im Unternehmen und Ausdauer in mühseliger Arbeit auszeichnen, waren 1843 bis 1846 nördlich im Taymir-Lande bis zu 75°¾ Breite und südöftlich bis an den Oberen Amur und das Ochotskische Meer gerichtet. Die erste so gefahrvoller Reisen hatte den gelehrten Naturforscher in eine bisher ganz unbesuchte Region geführt. Sie bot um so mehr Wichtigkeit dar, als diese Region gleich weit von der Ost- und Westküste des Alten Continents entfernt ist. Neben der Verbreitung der Organismen im höchsten Norden, als hauptsächlich von klimatischen Verhältnissen abhängig, war im Auftrage der Petersburger Akademie der Wissenschaften die genaue Bestimmung der Boden-Temperatur und der Dicke des unterirdischen Bodeneises ein Hauptzweck der Expedition. Es wurden Untersuchungen angestellt in Bohrlöchern und Gruben von 20 bis 57 Fuß Tiefe, an mehr denn 12 Punkten (bei Turuchansk, am Jenisei und an der Lena), in relativen Entfernungen von vier- bis fünfhundert geographischen Meilen.

Der wichtigste Gegenstand solcher geothermischen Beobachtungen blieb aber der Schergin-Schacht45 zu Jakutsk (Br. 62° 2′). Hier war eine unterirdische Eisschicht durchbrochen worden in der Dicke von mehr als 358 Par. Fuß (382 engl. Fuß). Längs den Seitenwänden des Schachtes wurden Thermometer an 11 über einander liegenden Punkten zwischen der Oberfläche und dem Tiefsten des Schachtes, den man 1837 erreichte, eingesenkt. In einem Eimer (Kübel) stehend, Einen Arm beim Herablassen an einem Seil befestigt, mußte der Beobachter die Thermometer-Scalen ablesen. Die Reihe der Beobachtungen, deren mittleren Fehler man nur zu 0°,25 anschlägt,

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[43/0048] Nahrung. ⁴⁴ Die zwei sibirischen Reisen von Middendorff, welchen Beobachtungsgeist, Kühnheit im Unternehmen und Ausdauer in mühseliger Arbeit auszeichnen, waren 1843 bis 1846 nördlich im Taymir-Lande bis zu 75°¾ Breite und südöftlich bis an den Oberen Amur und das Ochotskische Meer gerichtet. Die erste so gefahrvoller Reisen hatte den gelehrten Naturforscher in eine bisher ganz unbesuchte Region geführt. Sie bot um so mehr Wichtigkeit dar, als diese Region gleich weit von der Ost- und Westküste des Alten Continents entfernt ist. Neben der Verbreitung der Organismen im höchsten Norden, als hauptsächlich von klimatischen Verhältnissen abhängig, war im Auftrage der Petersburger Akademie der Wissenschaften die genaue Bestimmung der Boden-Temperatur und der Dicke des unterirdischen Bodeneises ein Hauptzweck der Expedition. Es wurden Untersuchungen angestellt in Bohrlöchern und Gruben von 20 bis 57 Fuß Tiefe, an mehr denn 12 Punkten (bei Turuchansk, am Jenisei und an der Lena), in relativen Entfernungen von vier- bis fünfhundert geographischen Meilen. Der wichtigste Gegenstand solcher geothermischen Beobachtungen blieb aber der Schergin-Schacht ⁴⁵ zu Jakutsk (Br. 62° 2′). Hier war eine unterirdische Eisschicht durchbrochen worden in der Dicke von mehr als 358 Par. Fuß (382 engl. Fuß). Längs den Seitenwänden des Schachtes wurden Thermometer an 11 über einander liegenden Punkten zwischen der Oberfläche und dem Tiefsten des Schachtes, den man 1837 erreichte, eingesenkt. In einem Eimer (Kübel) stehend, Einen Arm beim Herablassen an einem Seil befestigt, mußte der Beobachter die Thermometer-Scalen ablesen. Die Reihe der Beobachtungen, deren mittleren Fehler man nur zu 0°,25 anschlägt,

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/48>, abgerufen am 29.03.2024.