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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.

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mittheilte. Da Reisende, wie ich schon an einem anderen Orte67 umständlicher entwickelt, nur immer die Träger des unvollständigen Wissens ihrer Zeit sind, und ihren Beobachtungen viele der leitenden Ideen, d. h. der Unterscheidungs-Merkmale fehlen, welche die Früchte eines fortschreitenden Wissens sind; so bleibt dem materiell Gesammelten und geographisch Geordneten fast allein ein langdauernder Werth.

Will man, wie mehrfach geschehen, die Benennung Trachyt (wegen der frühesten Anwendung auf das Gestein von Auvergne und des Siebengebirges bei Bonn) auf eine vulkanische Gebirgsart beschränken, welche Feldspath, besonders Werner's glasigen Feldspath, Nose's und Abich's Sanidin enthalte: so wird dadurch die, zu höheren geognostischen Ansichten führende, innige Verkettung des vulkanischen Gesteins unfruchtbar zerrissen. Eine solche Beschränkung konnte den Ausdruck rechtfertigen, "daß in dem labradorreichen Aetna kein Trachyt vorkomme"; ja meine eigenen Sammlungen beweisen sollen, "daß kein einziger der fast zahllosen Vulkane der Andes aus Trachyt bestehe: daß sogar die sie bildende Masse Albit und deshalb, da man damals (1835) allen Oligoklas irrig für Albit hielt, alles vulkanische Gestein mit dem allgemeinen Namen Andesit (bestehend aus Albit mit wenig Hornblende) zu belegen sei".68 Wie ich selbst nach den Eindrücken, welche ich von meinen Reisen über das, trotz einer mineralogischen Verschiedenheit innerer Zusammensetzung, allen Vulkanen Gemeinsame zurückgebracht: so hat auch Gustav Rose, nach dem, was er in dem schönen Aufsatz über die Feldspath-Gruppe69 entwickelt hat, in seiner Classification der Trachyte Orthoklas, Sanidin, den Anorthit der Somma, Albit, Labrador und Oligoklas verallgemeinernd als den feldspathartigen Antheil der vulkanischen

mittheilte. Da Reisende, wie ich schon an einem anderen Orte67 umständlicher entwickelt, nur immer die Träger des unvollständigen Wissens ihrer Zeit sind, und ihren Beobachtungen viele der leitenden Ideen, d. h. der Unterscheidungs-Merkmale fehlen, welche die Früchte eines fortschreitenden Wissens sind; so bleibt dem materiell Gesammelten und geographisch Geordneten fast allein ein langdauernder Werth.

Will man, wie mehrfach geschehen, die Benennung Trachyt (wegen der frühesten Anwendung auf das Gestein von Auvergne und des Siebengebirges bei Bonn) auf eine vulkanische Gebirgsart beschränken, welche Feldspath, besonders Werner's glasigen Feldspath, Nose's und Abich's Sanidin enthalte: so wird dadurch die, zu höheren geognostischen Ansichten führende, innige Verkettung des vulkanischen Gesteins unfruchtbar zerrissen. Eine solche Beschränkung konnte den Ausdruck rechtfertigen, „daß in dem labradorreichen Aetna kein Trachyt vorkomme"; ja meine eigenen Sammlungen beweisen sollen, „daß kein einziger der fast zahllosen Vulkane der Andes aus Trachyt bestehe: daß sogar die sie bildende Masse Albit und deshalb, da man damals (1835) allen Oligoklas irrig für Albit hielt, alles vulkanische Gestein mit dem allgemeinen Namen Andesit (bestehend aus Albit mit wenig Hornblende) zu belegen sei".68 Wie ich selbst nach den Eindrücken, welche ich von meinen Reisen über das, trotz einer mineralogischen Verschiedenheit innerer Zusammensetzung, allen Vulkanen Gemeinsame zurückgebracht: so hat auch Gustav Rose, nach dem, was er in dem schönen Aufsatz über die Feldspath-Gruppe69 entwickelt hat, in seiner Classification der Trachyte Orthoklas, Sanidin, den Anorthit der Somma, Albit, Labrador und Oligoklas verallgemeinernd als den feldspathartigen Antheil der vulkanischen

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[467/0472] mittheilte. Da Reisende, wie ich schon an einem anderen Orte ⁶⁷ umständlicher entwickelt, nur immer die Träger des unvollständigen Wissens ihrer Zeit sind, und ihren Beobachtungen viele der leitenden Ideen, d. h. der Unterscheidungs-Merkmale fehlen, welche die Früchte eines fortschreitenden Wissens sind; so bleibt dem materiell Gesammelten und geographisch Geordneten fast allein ein langdauernder Werth. Will man, wie mehrfach geschehen, die Benennung Trachyt (wegen der frühesten Anwendung auf das Gestein von Auvergne und des Siebengebirges bei Bonn) auf eine vulkanische Gebirgsart beschränken, welche Feldspath, besonders Werner's glasigen Feldspath, Nose's und Abich's Sanidin enthalte: so wird dadurch die, zu höheren geognostischen Ansichten führende, innige Verkettung des vulkanischen Gesteins unfruchtbar zerrissen. Eine solche Beschränkung konnte den Ausdruck rechtfertigen, „daß in dem labradorreichen Aetna kein Trachyt vorkomme"; ja meine eigenen Sammlungen beweisen sollen, „daß kein einziger der fast zahllosen Vulkane der Andes aus Trachyt bestehe: daß sogar die sie bildende Masse Albit und deshalb, da man damals (1835) allen Oligoklas irrig für Albit hielt, alles vulkanische Gestein mit dem allgemeinen Namen Andesit (bestehend aus Albit mit wenig Hornblende) zu belegen sei". ⁶⁸ Wie ich selbst nach den Eindrücken, welche ich von meinen Reisen über das, trotz einer mineralogischen Verschiedenheit innerer Zusammensetzung, allen Vulkanen Gemeinsame zurückgebracht: so hat auch Gustav Rose, nach dem, was er in dem schönen Aufsatz über die Feldspath-Gruppe ⁶⁹ entwickelt hat, in seiner Classification der Trachyte Orthoklas, Sanidin, den Anorthit der Somma, Albit, Labrador und Oligoklas verallgemeinernd als den feldspathartigen Antheil der vulkanischen

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/472>, abgerufen am 29.06.2024.