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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.

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Sollte die große Quantität Stickstoffs, welche durch die vulkanische Thätigkeit verbreitet wird, allein die sein, die den Vulkanen durch Meteorwasser zugeführt wird? oder giebt es innere, in der Tiefe liegende Quellen des Stickstoffs? Es ist auch zu erinnern, daß die in dem Regenwasser enthaltene Luft nicht, wie unsere, 0,79: sondern, nach meinen eigenen Versuchen, nur 0,69 Stickstoffs enthält. Der letztere ist für die Ammoniakal-Bildung, durch die in der Tropengegend fast täglichen electrischen Explosionen, eine Quelle erhöhter Fruchtbarkeit.55 Der Einfluß des Stickstoffes auf die Vegetation ist gleich dem des Substrats der atmosphärischen Kohlensäure.

Boussingault hat in den Analysen der Gas-Arten der Vulkane, welche dem Aequator nahe liegen (Tolima, Purace, Pasto, Tuqueres und Cumbal), mit vielem Wasserdampf, Kohlensäure und geschwefeltes Wasserstoff-Gas; aber keine Salzsäure, keinen Stickstoff und kein freies Hydrogen gefunden.56 Der Einfluß, den das Innere unsres Planeten noch gegenwärtig auf die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre ausübt, indem er dieser Stoffe entzieht, um sie unter anderen Formen wiederzugeben; ist gewiß nur ein unbedeutender Theil von den chemischen Revolutionen, welche der Luftkreis in der Urzeit bei dem Hervorbrechen großer Gebirgsmassen auf offenen Spalten muß erlitten haben. Die Vermuthung über den wahrscheinlich sehr großen Antheil von Kohlensäure in der alten Luft-Umhüllung wird verstärkt durch die Vergleichung der Dicke der Kohlenlager mit der so dünnen Schicht von Kohle (sieben Linien Dicke), welche nach Chevandier's Berechnung in der gemäßigten Zone unsere dichtesten Waldungen dem Boden in 100 Jahren geben würden.57

Sollte die große Quantität Stickstoffs, welche durch die vulkanische Thätigkeit verbreitet wird, allein die sein, die den Vulkanen durch Meteorwasser zugeführt wird? oder giebt es innere, in der Tiefe liegende Quellen des Stickstoffs? Es ist auch zu erinnern, daß die in dem Regenwasser enthaltene Luft nicht, wie unsere, 0,79: sondern, nach meinen eigenen Versuchen, nur 0,69 Stickstoffs enthält. Der letztere ist für die Ammoniakal-Bildung, durch die in der Tropengegend fast täglichen electrischen Explosionen, eine Quelle erhöhter Fruchtbarkeit.55 Der Einfluß des Stickstoffes auf die Vegetation ist gleich dem des Substrats der atmosphärischen Kohlensäure.

Boussingault hat in den Analysen der Gas-Arten der Vulkane, welche dem Aequator nahe liegen (Tolima, Puracé, Pasto, Tuqueres und Cumbal), mit vielem Wasserdampf, Kohlensäure und geschwefeltes Wasserstoff-Gas; aber keine Salzsäure, keinen Stickstoff und kein freies Hydrogen gefunden.56 Der Einfluß, den das Innere unsres Planeten noch gegenwärtig auf die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre ausübt, indem er dieser Stoffe entzieht, um sie unter anderen Formen wiederzugeben; ist gewiß nur ein unbedeutender Theil von den chemischen Revolutionen, welche der Luftkreis in der Urzeit bei dem Hervorbrechen großer Gebirgsmassen auf offenen Spalten muß erlitten haben. Die Vermuthung über den wahrscheinlich sehr großen Antheil von Kohlensäure in der alten Luft-Umhüllung wird verstärkt durch die Vergleichung der Dicke der Kohlenlager mit der so dünnen Schicht von Kohle (sieben Linien Dicke), welche nach Chevandier's Berechnung in der gemäßigten Zone unsere dichtesten Waldungen dem Boden in 100 Jahren geben würden.57

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[460/0465] Sollte die große Quantität Stickstoffs, welche durch die vulkanische Thätigkeit verbreitet wird, allein die sein, die den Vulkanen durch Meteorwasser zugeführt wird? oder giebt es innere, in der Tiefe liegende Quellen des Stickstoffs? Es ist auch zu erinnern, daß die in dem Regenwasser enthaltene Luft nicht, wie unsere, 0,79: sondern, nach meinen eigenen Versuchen, nur 0,69 Stickstoffs enthält. Der letztere ist für die Ammoniakal-Bildung, durch die in der Tropengegend fast täglichen electrischen Explosionen, eine Quelle erhöhter Fruchtbarkeit. ⁵⁵ Der Einfluß des Stickstoffes auf die Vegetation ist gleich dem des Substrats der atmosphärischen Kohlensäure. Boussingault hat in den Analysen der Gas-Arten der Vulkane, welche dem Aequator nahe liegen (Tolima, Puracé, Pasto, Tuqueres und Cumbal), mit vielem Wasserdampf, Kohlensäure und geschwefeltes Wasserstoff-Gas; aber keine Salzsäure, keinen Stickstoff und kein freies Hydrogen gefunden. ⁵⁶ Der Einfluß, den das Innere unsres Planeten noch gegenwärtig auf die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre ausübt, indem er dieser Stoffe entzieht, um sie unter anderen Formen wiederzugeben; ist gewiß nur ein unbedeutender Theil von den chemischen Revolutionen, welche der Luftkreis in der Urzeit bei dem Hervorbrechen großer Gebirgsmassen auf offenen Spalten muß erlitten haben. Die Vermuthung über den wahrscheinlich sehr großen Antheil von Kohlensäure in der alten Luft-Umhüllung wird verstärkt durch die Vergleichung der Dicke der Kohlenlager mit der so dünnen Schicht von Kohle (sieben Linien Dicke), welche nach Chevandier's Berechnung in der gemäßigten Zone unsere dichtesten Waldungen dem Boden in 100 Jahren geben würden. ⁵⁷

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/465>, abgerufen am 29.06.2024.