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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.

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Das Resultat dieser mühevollen Arbeit, welche mich lange beschäftigt hat, da ich überall zu den Quellen (den geognostischen und geographischen Reiseberichten) aufgestiegen bin, ist gewesen: daß von 407 aufgeführten Vulkanen noch in der neueren Zeit sich 225 als entzündet gezeigt haben. Die früheren Angaben der Zählung32 thätiger Vulkane sind bald um 30, bald um 50 geringer ausgefallen: schon darum, weil sie nach anderen Grundsätzen angefertigt wurden. Ich habe mich für diese Abtheilung auf diejenigen Vulkane beschränkt, welche noch Dämpfe ausstoßen oder historisch gewisse Eruptionen gehabt haben im 19ten oder in der letzten Hälfte des 18ten Jahrhunderts. Es giebt allerdings Unterbrechungen von Ausbrüchen, die über vier Jahrhunderte und mehr hinausgehen; aber solche Erscheinungen gehören zu den seltensten. Man kennt die langsame Folge der großen Ausbrüche des Vesuvs in den Jahren 79, 203, 512, 652, 983, 1138 und 1500. Vor der großen Eruption des Epomeo auf Ischia vom Jahr 1302 kennt man allein die aus den Jahren 36 und 45 vor unserer Zeitrechnung: also 55 Jahre vor dem Ausbruch des Vesuvs.

Strabo, der, 90 Jahr alt, unter Tiberius (99 Jahre nach der Besetzung des Vesuvs durch Spartacus) starb und auf den keine historische Kenntniß eines älteren Ausbruchs gekommen war, erklärt doch den Vesuv für einen alten, längst ausgebrannten Vulkan. "Ueber den Orten" (Herculanum und Pompeji), sagt er, "liegt der Berg Vesuios, von den schönsten Feldgütern umwohnt, außer dem Gipfel. Dieser ist zwar großentheils eben, aber unfruchtbar insgesammt, der Ansicht nach aschenartig. Er zeigt spaltige Höhlen von rußfarbigem Gestein, wie wenn es vom Feuer zerfressen wäre: so daß man vermuthen darf, diese Stelle habe ehemals

Das Resultat dieser mühevollen Arbeit, welche mich lange beschäftigt hat, da ich überall zu den Quellen (den geognostischen und geographischen Reiseberichten) aufgestiegen bin, ist gewesen: daß von 407 aufgeführten Vulkanen noch in der neueren Zeit sich 225 als entzündet gezeigt haben. Die früheren Angaben der Zählung32 thätiger Vulkane sind bald um 30, bald um 50 geringer ausgefallen: schon darum, weil sie nach anderen Grundsätzen angefertigt wurden. Ich habe mich für diese Abtheilung auf diejenigen Vulkane beschränkt, welche noch Dämpfe ausstoßen oder historisch gewisse Eruptionen gehabt haben im 19ten oder in der letzten Hälfte des 18ten Jahrhunderts. Es giebt allerdings Unterbrechungen von Ausbrüchen, die über vier Jahrhunderte und mehr hinausgehen; aber solche Erscheinungen gehören zu den seltensten. Man kennt die langsame Folge der großen Ausbrüche des Vesuvs in den Jahren 79, 203, 512, 652, 983, 1138 und 1500. Vor der großen Eruption des Epomeo auf Ischia vom Jahr 1302 kennt man allein die aus den Jahren 36 und 45 vor unserer Zeitrechnung: also 55 Jahre vor dem Ausbruch des Vesuvs.

Strabo, der, 90 Jahr alt, unter Tiberius (99 Jahre nach der Besetzung des Vesuvs durch Spartacus) starb und auf den keine historische Kenntniß eines älteren Ausbruchs gekommen war, erklärt doch den Vesuv für einen alten, längst ausgebrannten Vulkan. „Ueber den Orten" (Herculanum und Pompeji), sagt er, „liegt der Berg Vesuios, von den schönsten Feldgütern umwohnt, außer dem Gipfel. Dieser ist zwar großentheils eben, aber unfruchtbar insgesammt, der Ansicht nach aschenartig. Er zeigt spaltige Höhlen von rußfarbigem Gestein, wie wenn es vom Feuer zerfressen wäre: so daß man vermuthen darf, diese Stelle habe ehemals

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[447/0452] Das Resultat dieser mühevollen Arbeit, welche mich lange beschäftigt hat, da ich überall zu den Quellen (den geognostischen und geographischen Reiseberichten) aufgestiegen bin, ist gewesen: daß von 407 aufgeführten Vulkanen noch in der neueren Zeit sich 225 als entzündet gezeigt haben. Die früheren Angaben der Zählung ³² thätiger Vulkane sind bald um 30, bald um 50 geringer ausgefallen: schon darum, weil sie nach anderen Grundsätzen angefertigt wurden. Ich habe mich für diese Abtheilung auf diejenigen Vulkane beschränkt, welche noch Dämpfe ausstoßen oder historisch gewisse Eruptionen gehabt haben im 19ten oder in der letzten Hälfte des 18ten Jahrhunderts. Es giebt allerdings Unterbrechungen von Ausbrüchen, die über vier Jahrhunderte und mehr hinausgehen; aber solche Erscheinungen gehören zu den seltensten. Man kennt die langsame Folge der großen Ausbrüche des Vesuvs in den Jahren 79, 203, 512, 652, 983, 1138 und 1500. Vor der großen Eruption des Epomeo auf Ischia vom Jahr 1302 kennt man allein die aus den Jahren 36 und 45 vor unserer Zeitrechnung: also 55 Jahre vor dem Ausbruch des Vesuvs. Strabo, der, 90 Jahr alt, unter Tiberius (99 Jahre nach der Besetzung des Vesuvs durch Spartacus) starb und auf den keine historische Kenntniß eines älteren Ausbruchs gekommen war, erklärt doch den Vesuv für einen alten, längst ausgebrannten Vulkan. „Ueber den Orten" (Herculanum und Pompeji), sagt er, „liegt der Berg Vesuios, von den schönsten Feldgütern umwohnt, außer dem Gipfel. Dieser ist zwar großentheils eben, aber unfruchtbar insgesammt, der Ansicht nach aschenartig. Er zeigt spaltige Höhlen von rußfarbigem Gestein, wie wenn es vom Feuer zerfressen wäre: so daß man vermuthen darf, diese Stelle habe ehemals

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Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858, S. 447. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/452>, abgerufen am 29.06.2024.