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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.

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Die invariable Erdschicht ist in Hinsicht ihrer Tiefe (ihres Abstandes von der Oberfläche) zugleich abhängig von der Polhöhe, von der Leitungsfähigkeit des umgebenden Gesteins, und der Größe des Temperatur-Unterschiedes zwischen der heißesten und kältesten Jahreszeit. In der Breite von Paris (48° 50') werden herkömmlich die Tiefe und Temperatur der Caves de l'Observatoire (86 Fuß und 11°,834) für Tiefe und Temperatur der invariablen Erdschicht gehalten. Seitdem (1783) Cassini und Legentil ein sehr genaues Quecksilber-Thermometer in jenen unterirdischen Räumen, welche Theile alter Steinbrüche sind, aufgestellt haben, ist der Stand des Quecksilbers in der Röhre um 0°,22 gestiegen.39 Ob die Ursach dieses Steigens einer zufälligen Veränderung der Thermometer-Scale, die jedoch von Arago 1817 mit der ihm eigenen Sorgfalt berichtigt worden ist, oder wirklich einer Wärme-Erhöhung zugeschrieben werden müsse; ist noch unentschieden. Die mittlere Temperatur der Luft in Paris ist 10°,822. Bravais glaubt, daß das Thermometer in den Caves de l'Observatoire schon unter der der Grenze der invariablen Erdschicht stehe, wenn gleich Cassini noch Unterschiede von zwei Hunderttheilen eines Grades zwischen der Winter- und Sommer-Temperatur finden wollte40, aber freilich die wärmere Temperatur im Winter. Wenn man das Mittel vieler Beobachtungen der Bodenwärme zwischen den Parallelen von Zürich (47° 22') und Upsala (59° 51') nimmt, so erhält man für 1° Temperatur-Zunahme die Tiefe von 671/2 Fuß. Die Unterschiede der Breite steigen nur auf 12 bis 15 Fuß Tiefe, und zwar ohne regelmäßige Veränderung von Süden nach Norden, weil der gewiß vorhandene Einfluß der Breite sich in diesen, noch zu engen Grenzen der Verschiedenheit der Tiefen mit dem

Die invariable Erdschicht ist in Hinsicht ihrer Tiefe (ihres Abstandes von der Oberfläche) zugleich abhängig von der Polhöhe, von der Leitungsfähigkeit des umgebenden Gesteins, und der Größe des Temperatur-Unterschiedes zwischen der heißesten und kältesten Jahreszeit. In der Breite von Paris (48° 50′) werden herkömmlich die Tiefe und Temperatur der Caves de l'Observatoire (86 Fuß und 11°,834) für Tiefe und Temperatur der invariablen Erdschicht gehalten. Seitdem (1783) Cassini und Legentil ein sehr genaues Quecksilber-Thermometer in jenen unterirdischen Räumen, welche Theile alter Steinbrüche sind, aufgestellt haben, ist der Stand des Quecksilbers in der Röhre um 0°,22 gestiegen.39 Ob die Ursach dieses Steigens einer zufälligen Veränderung der Thermometer-Scale, die jedoch von Arago 1817 mit der ihm eigenen Sorgfalt berichtigt worden ist, oder wirklich einer Wärme-Erhöhung zugeschrieben werden müsse; ist noch unentschieden. Die mittlere Temperatur der Luft in Paris ist 10°,822. Bravais glaubt, daß das Thermometer in den Caves de l'Observatoire schon unter der der Grenze der invariablen Erdschicht stehe, wenn gleich Cassini noch Unterschiede von zwei Hunderttheilen eines Grades zwischen der Winter- und Sommer-Temperatur finden wollte40, aber freilich die wärmere Temperatur im Winter. Wenn man das Mittel vieler Beobachtungen der Bodenwärme zwischen den Parallelen von Zürich (47° 22′) und Upsala (59° 51′) nimmt, so erhält man für 1° Temperatur-Zunahme die Tiefe von 67½ Fuß. Die Unterschiede der Breite steigen nur auf 12 bis 15 Fuß Tiefe, und zwar ohne regelmäßige Veränderung von Süden nach Norden, weil der gewiß vorhandene Einfluß der Breite sich in diesen, noch zu engen Grenzen der Verschiedenheit der Tiefen mit dem

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[39/0044] Die invariable Erdschicht ist in Hinsicht ihrer Tiefe (ihres Abstandes von der Oberfläche) zugleich abhängig von der Polhöhe, von der Leitungsfähigkeit des umgebenden Gesteins, und der Größe des Temperatur-Unterschiedes zwischen der heißesten und kältesten Jahreszeit. In der Breite von Paris (48° 50′) werden herkömmlich die Tiefe und Temperatur der Caves de l'Observatoire (86 Fuß und 11°,834) für Tiefe und Temperatur der invariablen Erdschicht gehalten. Seitdem (1783) Cassini und Legentil ein sehr genaues Quecksilber-Thermometer in jenen unterirdischen Räumen, welche Theile alter Steinbrüche sind, aufgestellt haben, ist der Stand des Quecksilbers in der Röhre um 0°,22 gestiegen. ³⁹ Ob die Ursach dieses Steigens einer zufälligen Veränderung der Thermometer-Scale, die jedoch von Arago 1817 mit der ihm eigenen Sorgfalt berichtigt worden ist, oder wirklich einer Wärme-Erhöhung zugeschrieben werden müsse; ist noch unentschieden. Die mittlere Temperatur der Luft in Paris ist 10°,822. Bravais glaubt, daß das Thermometer in den Caves de l'Observatoire schon unter der der Grenze der invariablen Erdschicht stehe, wenn gleich Cassini noch Unterschiede von zwei Hunderttheilen eines Grades zwischen der Winter- und Sommer-Temperatur finden wollte ⁴⁰ , aber freilich die wärmere Temperatur im Winter. Wenn man das Mittel vieler Beobachtungen der Bodenwärme zwischen den Parallelen von Zürich (47° 22′) und Upsala (59° 51′) nimmt, so erhält man für 1° Temperatur-Zunahme die Tiefe von 67½ Fuß. Die Unterschiede der Breite steigen nur auf 12 bis 15 Fuß Tiefe, und zwar ohne regelmäßige Veränderung von Süden nach Norden, weil der gewiß vorhandene Einfluß der Breite sich in diesen, noch zu engen Grenzen der Verschiedenheit der Tiefen mit dem

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/44>, abgerufen am 29.03.2024.