Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.

Bild:
<< vorherige Seite

geneigt, da dieser Trümmerzug, wie ich schon mehrmals erinnert, an seiner oberen Extremität auf die zwei, jetzt mit Wasser bedeckten Schlünde hinweist. Unfragmentarische, mauerartige Erhebungen von großer Länge und gleichmäßiger Richtung sind mir übrigens gar nicht fremd, da ich sie in unserer Hemisphäre, in der chinesischen Mongolei, in flözartig gelagerten Granitbänken gesehen und beschrieben habe.27

Der Antisana hat einen Feuerausbruch28 im Jahr 1590 und einen anderen im Anfange des vorigen Jahrhunderts, wahrscheinlich 1728, gehabt. Nahe dem Gipfel an der nord-nord-östlichen Seite bemerkt man eine schwarze Felsmasse, auf der selbst frisch gefallener Schnee nicht haftet. An diesem Punkte sah man im Frühjahr 1801 mehrere Tage lang, zu einer Zeit, wo der Gipfel auf allen Seiten völlig frei von Gewölk war, eine schwarze Rauchsäule aufsteigen. Wir gelangten, Bonpland, Carlos Montufar und ich, am 16 März 1802 auf einer Felsgräte, die mit Bimsstein und schwarzen, basaltartigen Schlacken bedeckt war, in der Region des ewigen Schnees bis 2837 Toisen, also 2213 Fuß höher als der Montblanc. Der Schnee war, was unter den Tropen so selten ist, fest genug, um uns an mehreren Punkten neben der Felsgräte zu tragen (Luft-Temperatur - 1°,8 bis + 1°,4 Cent.). An dem mittägigen Abhange, welchen wir nicht bestiegen, an der Piedra de azufre, wo sich Gestein-Schalen bisweilen durch Verwitterung von selbst ablösen, findet man reine Schwefelmassen von 10 bis 12 Fuß Länge und 2 Fuß Dicke; Schwefelquellen fehlen in der Umgegend.

Obgleich in der östlichen Cordillere der Vulkan Antisana und besonders sein westlicher Abhang (von Ansango und Pinantura gegen das Dörfchen Pedregal hin) durch den

geneigt, da dieser Trümmerzug, wie ich schon mehrmals erinnert, an seiner oberen Extremität auf die zwei, jetzt mit Wasser bedeckten Schlünde hinweist. Unfragmentarische, mauerartige Erhebungen von großer Länge und gleichmäßiger Richtung sind mir übrigens gar nicht fremd, da ich sie in unserer Hemisphäre, in der chinesischen Mongolei, in flözartig gelagerten Granitbänken gesehen und beschrieben habe.27

Der Antisana hat einen Feuerausbruch28 im Jahr 1590 und einen anderen im Anfange des vorigen Jahrhunderts, wahrscheinlich 1728, gehabt. Nahe dem Gipfel an der nord-nord-östlichen Seite bemerkt man eine schwarze Felsmasse, auf der selbst frisch gefallener Schnee nicht haftet. An diesem Punkte sah man im Frühjahr 1801 mehrere Tage lang, zu einer Zeit, wo der Gipfel auf allen Seiten völlig frei von Gewölk war, eine schwarze Rauchsäule aufsteigen. Wir gelangten, Bonpland, Carlos Montufar und ich, am 16 März 1802 auf einer Felsgräte, die mit Bimsstein und schwarzen, basaltartigen Schlacken bedeckt war, in der Region des ewigen Schnees bis 2837 Toisen, also 2213 Fuß höher als der Montblanc. Der Schnee war, was unter den Tropen so selten ist, fest genug, um uns an mehreren Punkten neben der Felsgräte zu tragen (Luft-Temperatur - 1°,8 bis + 1°,4 Cent.). An dem mittägigen Abhange, welchen wir nicht bestiegen, an der Piedra de azufre, wo sich Gestein-Schalen bisweilen durch Verwitterung von selbst ablösen, findet man reine Schwefelmassen von 10 bis 12 Fuß Länge und 2 Fuß Dicke; Schwefelquellen fehlen in der Umgegend.

Obgleich in der östlichen Cordillere der Vulkan Antisana und besonders sein westlicher Abhang (von Ansango und Pinantura gegen das Dörfchen Pedregal hin) durch den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <p><pb facs="#f0366" n="361"/>
geneigt, da dieser Trümmerzug, wie ich schon mehrmals erinnert, an seiner oberen Extremität auf die zwei, jetzt mit Wasser bedeckten <hi rendition="#g">Schlünde</hi> hinweist. Unfragmentarische, <hi rendition="#g">mauerartige</hi> Erhebungen von großer Länge und gleichmäßiger Richtung sind mir übrigens gar nicht fremd, da ich sie in unserer Hemisphäre, in der chinesischen Mongolei, in flözartig gelagerten Granitbänken gesehen und beschrieben habe.<note xml:id="ftn451" next="ftn451-text" place="end" n="27"/>          </p>
                    <p>Der Antisana hat einen Feuerausbruch<note xml:id="ftn452" next="ftn452-text" place="end" n="28"/> im Jahr 1590 und einen anderen im Anfange des vorigen Jahrhunderts, wahrscheinlich 1728, gehabt. Nahe dem Gipfel an der nord-nord-östlichen Seite bemerkt man eine schwarze Felsmasse, auf der selbst frisch gefallener Schnee nicht haftet. An diesem Punkte sah man im Frühjahr 1801 mehrere Tage lang, zu einer Zeit, wo der Gipfel auf allen Seiten völlig frei von Gewölk war, eine schwarze Rauchsäule aufsteigen. Wir gelangten, Bonpland, Carlos Montufar und ich, am 16 März 1802 auf einer Felsgräte, die mit Bimsstein und schwarzen, basaltartigen Schlacken bedeckt war, in der Region des ewigen Schnees bis 2837 Toisen, also 2213 Fuß höher als der Montblanc. Der Schnee war, was unter den Tropen so selten ist, fest genug, um uns an mehreren Punkten neben der Felsgräte zu tragen (Luft-Temperatur - 1°,8 bis + 1°,4 Cent.). An dem mittägigen Abhange, welchen wir nicht bestiegen, an der Piedra de azufre, wo sich Gestein-Schalen bisweilen durch Verwitterung von selbst ablösen, findet man reine Schwefelmassen von 10 bis 12 Fuß Länge und 2 Fuß Dicke; Schwefelquellen fehlen in der Umgegend.</p>
                    <p>Obgleich in der <hi rendition="#g">östlichen</hi> Cordillere der Vulkan <hi rendition="#g">Antisana</hi> und besonders sein westlicher Abhang (von Ansango und Pinantura gegen das Dörfchen Pedregal hin) durch den
</p>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[361/0366] geneigt, da dieser Trümmerzug, wie ich schon mehrmals erinnert, an seiner oberen Extremität auf die zwei, jetzt mit Wasser bedeckten Schlünde hinweist. Unfragmentarische, mauerartige Erhebungen von großer Länge und gleichmäßiger Richtung sind mir übrigens gar nicht fremd, da ich sie in unserer Hemisphäre, in der chinesischen Mongolei, in flözartig gelagerten Granitbänken gesehen und beschrieben habe. ²⁷ Der Antisana hat einen Feuerausbruch ²⁸ im Jahr 1590 und einen anderen im Anfange des vorigen Jahrhunderts, wahrscheinlich 1728, gehabt. Nahe dem Gipfel an der nord-nord-östlichen Seite bemerkt man eine schwarze Felsmasse, auf der selbst frisch gefallener Schnee nicht haftet. An diesem Punkte sah man im Frühjahr 1801 mehrere Tage lang, zu einer Zeit, wo der Gipfel auf allen Seiten völlig frei von Gewölk war, eine schwarze Rauchsäule aufsteigen. Wir gelangten, Bonpland, Carlos Montufar und ich, am 16 März 1802 auf einer Felsgräte, die mit Bimsstein und schwarzen, basaltartigen Schlacken bedeckt war, in der Region des ewigen Schnees bis 2837 Toisen, also 2213 Fuß höher als der Montblanc. Der Schnee war, was unter den Tropen so selten ist, fest genug, um uns an mehreren Punkten neben der Felsgräte zu tragen (Luft-Temperatur - 1°,8 bis + 1°,4 Cent.). An dem mittägigen Abhange, welchen wir nicht bestiegen, an der Piedra de azufre, wo sich Gestein-Schalen bisweilen durch Verwitterung von selbst ablösen, findet man reine Schwefelmassen von 10 bis 12 Fuß Länge und 2 Fuß Dicke; Schwefelquellen fehlen in der Umgegend. Obgleich in der östlichen Cordillere der Vulkan Antisana und besonders sein westlicher Abhang (von Ansango und Pinantura gegen das Dörfchen Pedregal hin) durch den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/366
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/366>, abgerufen am 21.05.2024.