Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.

Bild:
<< vorherige Seite

Umwallung eines Erhebungs-Kraters leiten, bieten analoge Erscheinungen dar; aber wenn dieselben auch zu Zeiten die sich sammelnden Meteorwasser fortführen, so ist diesen doch wohl nicht die primitive Entstehung der barrancos96 an dem Abfall der Vulkane zuzuschreiben. Spaltungen als Folge der Faltung in der weich gehobenen und sich erst später erhärtenden trachytischen Masse sind wahrscheinlich allen Erosions-Wirkungen und dem Stoß der Wasser vorhergegangen. Wo aber tiefe barrancos in den von mir besuchten vulkanischen Gegenden sich an dem Abfall oder Gehänge von Glocken- oder Kegelbergen (en las faldas de los Cerros barrancosos) zeigten, war keine Spur von der Regelmäßigkeit oder strahlenförmigen Verzweigung zu entdecken, welche wir nach Junghuhn's Werken in den sonderbaren Reliefformen der Vulkane von Java kennen lernen.97 Die meiste Analogie mit der hier behandelten Reliefform gewährt das Phänomen, auf welches Leopold von Buch und der scharfsinnige Beobachter der Vulkane, Poulet Scrope, schon aufmerksam gemacht haben: das Phänomen, daß große Spalten sich fast immer nach der Normal-Richtung der Abhänge, strahlenförmig, doch unverzweigt, vom Centrum des Berges aus, nicht queer auf denselben, in rechtem oder schiefem Winkel eröffnen.

Der Glaube an die völlige Abwesenheit von Lavaströmen auf der Insel Java98, zu dem Leopold von Buch nach Erfahrungen des verdienstvollen Reinwardt sich hinzuneigen schien, ist durch die neueren Beobachtungen mehr als erschüttert worden. Junghuhn bemerkt allerdings, "daß der mächtige Vulkan Gunung Merapi in der geschichtlichen Periode seiner Ausbrüche nicht mehr zusammenhangende, compacte Lavaströme gebildet, und daß er nur Lava-Fragmente (Trümmer) oder unzusammenhangende Steinblöcke ausgeworfen habe, wenn man auch

Umwallung eines Erhebungs-Kraters leiten, bieten analoge Erscheinungen dar; aber wenn dieselben auch zu Zeiten die sich sammelnden Meteorwasser fortführen, so ist diesen doch wohl nicht die primitive Entstehung der barrancos96 an dem Abfall der Vulkane zuzuschreiben. Spaltungen als Folge der Faltung in der weich gehobenen und sich erst später erhärtenden trachytischen Masse sind wahrscheinlich allen Erosions-Wirkungen und dem Stoß der Wasser vorhergegangen. Wo aber tiefe barrancos in den von mir besuchten vulkanischen Gegenden sich an dem Abfall oder Gehänge von Glocken- oder Kegelbergen (en las faldas de los Cerros barrancosos) zeigten, war keine Spur von der Regelmäßigkeit oder strahlenförmigen Verzweigung zu entdecken, welche wir nach Junghuhn's Werken in den sonderbaren Reliefformen der Vulkane von Java kennen lernen.97 Die meiste Analogie mit der hier behandelten Reliefform gewährt das Phänomen, auf welches Leopold von Buch und der scharfsinnige Beobachter der Vulkane, Poulet Scrope, schon aufmerksam gemacht haben: das Phänomen, daß große Spalten sich fast immer nach der Normal-Richtung der Abhänge, strahlenförmig, doch unverzweigt, vom Centrum des Berges aus, nicht queer auf denselben, in rechtem oder schiefem Winkel eröffnen.

Der Glaube an die völlige Abwesenheit von Lavaströmen auf der Insel Java98, zu dem Leopold von Buch nach Erfahrungen des verdienstvollen Reinwardt sich hinzuneigen schien, ist durch die neueren Beobachtungen mehr als erschüttert worden. Junghuhn bemerkt allerdings, „daß der mächtige Vulkan Gunung Merapi in der geschichtlichen Periode seiner Ausbrüche nicht mehr zusammenhangende, compacte Lavaströme gebildet, und daß er nur Lava-Fragmente (Trümmer) oder unzusammenhangende Steinblöcke ausgeworfen habe, wenn man auch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <p><pb facs="#f0336" n="331"/>
Umwallung eines Erhebungs-Kraters leiten, bieten analoge Erscheinungen dar; aber wenn dieselben auch zu Zeiten die sich sammelnden Meteorwasser fortführen, so ist diesen doch wohl nicht die primitive Entstehung der barrancos<note xml:id="ftn420" next="#ftn420-text" place="end" n="96"/> an dem Abfall der Vulkane zuzuschreiben. Spaltungen als Folge der Faltung in der weich gehobenen und sich erst später erhärtenden trachytischen Masse sind wahrscheinlich allen Erosions-Wirkungen und dem Stoß der Wasser vorhergegangen. Wo aber tiefe barrancos in den von mir besuchten vulkanischen Gegenden sich an dem Abfall oder Gehänge von Glocken- oder Kegelbergen (<hi rendition="#g">en las faldas</hi> de los Cerros barrancosos) zeigten, war keine Spur von der Regelmäßigkeit oder strahlenförmigen Verzweigung zu entdecken, welche wir nach Junghuhn's Werken in den sonderbaren Reliefformen der Vulkane von Java kennen lernen.<note xml:id="ftn421" next="#ftn421-text" place="end" n="97"/> Die meiste Analogie mit der hier behandelten Reliefform gewährt das Phänomen, auf welches Leopold von Buch und der scharfsinnige Beobachter der Vulkane, Poulet Scrope, schon aufmerksam gemacht haben: das Phänomen, daß große Spalten sich fast immer nach der Normal-Richtung der Abhänge, strahlenförmig, doch unverzweigt, vom Centrum des Berges aus, nicht queer auf denselben, in rechtem oder schiefem Winkel eröffnen.</p>
                    <p>Der Glaube an die völlige Abwesenheit von Lavaströmen auf der Insel Java<note xml:id="ftn422" next="#ftn422-text" place="end" n="98"/>, zu dem Leopold von Buch nach Erfahrungen des verdienstvollen Reinwardt sich hinzuneigen schien, ist durch die neueren Beobachtungen mehr als erschüttert worden. Junghuhn bemerkt allerdings, &#x201E;daß der mächtige Vulkan Gunung Merapi in der geschichtlichen Periode seiner Ausbrüche nicht mehr zusammenhangende, compacte <hi rendition="#g">Lavaströme</hi> gebildet, und daß er nur Lava-Fragmente (Trümmer) oder <hi rendition="#g">unzusammenhangende</hi> Steinblöcke ausgeworfen habe, wenn man auch
</p>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[331/0336] Umwallung eines Erhebungs-Kraters leiten, bieten analoge Erscheinungen dar; aber wenn dieselben auch zu Zeiten die sich sammelnden Meteorwasser fortführen, so ist diesen doch wohl nicht die primitive Entstehung der barrancos ⁹⁶ an dem Abfall der Vulkane zuzuschreiben. Spaltungen als Folge der Faltung in der weich gehobenen und sich erst später erhärtenden trachytischen Masse sind wahrscheinlich allen Erosions-Wirkungen und dem Stoß der Wasser vorhergegangen. Wo aber tiefe barrancos in den von mir besuchten vulkanischen Gegenden sich an dem Abfall oder Gehänge von Glocken- oder Kegelbergen (en las faldas de los Cerros barrancosos) zeigten, war keine Spur von der Regelmäßigkeit oder strahlenförmigen Verzweigung zu entdecken, welche wir nach Junghuhn's Werken in den sonderbaren Reliefformen der Vulkane von Java kennen lernen. ⁹⁷ Die meiste Analogie mit der hier behandelten Reliefform gewährt das Phänomen, auf welches Leopold von Buch und der scharfsinnige Beobachter der Vulkane, Poulet Scrope, schon aufmerksam gemacht haben: das Phänomen, daß große Spalten sich fast immer nach der Normal-Richtung der Abhänge, strahlenförmig, doch unverzweigt, vom Centrum des Berges aus, nicht queer auf denselben, in rechtem oder schiefem Winkel eröffnen. Der Glaube an die völlige Abwesenheit von Lavaströmen auf der Insel Java ⁹⁸ , zu dem Leopold von Buch nach Erfahrungen des verdienstvollen Reinwardt sich hinzuneigen schien, ist durch die neueren Beobachtungen mehr als erschüttert worden. Junghuhn bemerkt allerdings, „daß der mächtige Vulkan Gunung Merapi in der geschichtlichen Periode seiner Ausbrüche nicht mehr zusammenhangende, compacte Lavaströme gebildet, und daß er nur Lava-Fragmente (Trümmer) oder unzusammenhangende Steinblöcke ausgeworfen habe, wenn man auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/336
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/336>, abgerufen am 25.11.2024.