Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.Bestimmungen die Lavaströme, welche die Oberfläche des Aetna bedecken und ihm erst seit seiner Erhebung als Berges entflossen sind, in der Mittelzahl von 30 Strömen, nur ein Gefälle von 3° bis 5° zeigen. Diese Verhältnisse deuten hin auf das Dasein sehr alter vulkanischer Formationen, auf Spalten ausgebrochen, vor der Bildung des Vulkans als eines Feuerbergs. Eine merkwürdige Erscheinung der Art bietet uns auch das Alterthum dar: eine Erscheinung, die sich in einer weiten Ebene, in einem Gebiete zeigte, das von allen thätigen oder erloschenen Vulkanen entfernt liegt: auf Euböa, dem jetzigen Negropont. "Die heftigen Erdstöße, welche die Insel theilweise erschütterten, hörten nicht eher auf, bis ein in der Ebene von Lelantus geöffneter Erdschlund einen Strom glühenden Schlammes (Lava) ausstieß."82 Sind, wie ich längst zu vermuthen geneigt bin, einer ersten Spaltung der tief erschütterten Erdrinde die ältesten, zum Theil auch gangausfüllenden Formationen des Eruptiv-Gesteins (nach seiner mineralischen Zusammensetzung den neueren Laven oft vollkommen ähnlich) zuzuschreiben; so müssen sowohl diese Spalten, wie die später entstandenen, schon minder einfachen Erhebungs-Krater doch nur als vulkanische Ausbruch-Oeffnungen, nicht als Vulkane selbst, betrachtet werden. Der Hauptcharakter von diesen letzteren besteht in einer permanenten oder wenigstens von Zeit zu Zeit erneuerten Verbindung des tiefen Heerdes mit der Atmosphäre. Der Vulkan bedarf dazu eines eigenen Gerüstes; denn, wie Seneca83 sehr treffend in einem Briefe an den Lucilius sagt: "ignis in ipso monte non alimentum habet, sed viam". Die vulkanische Thätigkeit wirkt dann formgebend, gestaltend durch Erhebung des Bodens; nicht, wie man ehemals allgemein Bestimmungen die Lavaströme, welche die Oberfläche des Aetna bedecken und ihm erst seit seiner Erhebung als Berges entflossen sind, in der Mittelzahl von 30 Strömen, nur ein Gefälle von 3° bis 5° zeigen. Diese Verhältnisse deuten hin auf das Dasein sehr alter vulkanischer Formationen, auf Spalten ausgebrochen, vor der Bildung des Vulkans als eines Feuerbergs. Eine merkwürdige Erscheinung der Art bietet uns auch das Alterthum dar: eine Erscheinung, die sich in einer weiten Ebene, in einem Gebiete zeigte, das von allen thätigen oder erloschenen Vulkanen entfernt liegt: auf Euböa, dem jetzigen Negropont. „Die heftigen Erdstöße, welche die Insel theilweise erschütterten, hörten nicht eher auf, bis ein in der Ebene von Lelantus geöffneter Erdschlund einen Strom glühenden Schlammes (Lava) ausstieß."82 Sind, wie ich längst zu vermuthen geneigt bin, einer ersten Spaltung der tief erschütterten Erdrinde die ältesten, zum Theil auch gangausfüllenden Formationen des Eruptiv-Gesteins (nach seiner mineralischen Zusammensetzung den neueren Laven oft vollkommen ähnlich) zuzuschreiben; so müssen sowohl diese Spalten, wie die später entstandenen, schon minder einfachen Erhebungs-Krater doch nur als vulkanische Ausbruch-Oeffnungen, nicht als Vulkane selbst, betrachtet werden. Der Hauptcharakter von diesen letzteren besteht in einer permanenten oder wenigstens von Zeit zu Zeit erneuerten Verbindung des tiefen Heerdes mit der Atmosphäre. Der Vulkan bedarf dazu eines eigenen Gerüstes; denn, wie Seneca83 sehr treffend in einem Briefe an den Lucilius sagt: »ignis in ipso monte non alimentum habet, sed viam«. Die vulkanische Thätigkeit wirkt dann formgebend, gestaltend durch Erhebung des Bodens; nicht, wie man ehemals allgemein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0275" n="270"/> Bestimmungen die Lavaströme, welche die Oberfläche des Aetna <hi rendition="#g">bedecken</hi> und ihm erst seit seiner Erhebung als Berges entflossen sind, in der Mittelzahl von 30 Strömen, nur ein Gefälle von 3° bis 5° zeigen. 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Bestimmungen die Lavaströme, welche die Oberfläche des Aetna bedecken und ihm erst seit seiner Erhebung als Berges entflossen sind, in der Mittelzahl von 30 Strömen, nur ein Gefälle von 3° bis 5° zeigen. Diese Verhältnisse deuten hin auf das Dasein sehr alter vulkanischer Formationen, auf Spalten ausgebrochen, vor der Bildung des Vulkans als eines Feuerbergs. Eine merkwürdige Erscheinung der Art bietet uns auch das Alterthum dar: eine Erscheinung, die sich in einer weiten Ebene, in einem Gebiete zeigte, das von allen thätigen oder erloschenen Vulkanen entfernt liegt: auf Euböa, dem jetzigen Negropont. „Die heftigen Erdstöße, welche die Insel theilweise erschütterten, hörten nicht eher auf, bis ein in der Ebene von Lelantus geöffneter Erdschlund einen Strom glühenden Schlammes (Lava) ausstieß."
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Sind, wie ich längst zu vermuthen geneigt bin, einer ersten Spaltung der tief erschütterten Erdrinde die ältesten, zum Theil auch gangausfüllenden Formationen des Eruptiv-Gesteins (nach seiner mineralischen Zusammensetzung den neueren Laven oft vollkommen ähnlich) zuzuschreiben; so müssen sowohl diese Spalten, wie die später entstandenen, schon minder einfachen Erhebungs-Krater doch nur als vulkanische Ausbruch-Oeffnungen, nicht als Vulkane selbst, betrachtet werden. Der Hauptcharakter von diesen letzteren besteht in einer permanenten oder wenigstens von Zeit zu Zeit erneuerten Verbindung des tiefen Heerdes mit der Atmosphäre. Der Vulkan bedarf dazu eines eigenen Gerüstes; denn, wie Seneca
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sehr treffend in einem Briefe an den Lucilius sagt: »ignis in ipso monte non alimentum habet, sed viam«. Die vulkanische Thätigkeit wirkt dann formgebend, gestaltend durch Erhebung des Bodens; nicht, wie man ehemals allgemein
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(2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen
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