Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.

Bild:
<< vorherige Seite

wußte, daß Regen- und Schneewasser (das erstere 10, das zweite wenigstens 8 Procent) mehr Sauerstoff als die Atmosphäre enthalten; wurde es sehr auffallend gefunden, aus den Quellen von Nocera in den Apenninen ein sauerstoffreiches Gas-Gemisch entwickeln zu können. Die Analysen, welche Gay-Lussac während unseres Aufenthalts an dieser Gebirgsquelle gemacht, haben gezeigt, daß sie nur so viel Sauerstoff enthält, als ihr die Hydrometeore54 haben geben können. Wenn die Kiesel-Ablagerungen als Baumaterial in Verwunderung setzen, aus denen die Natur die, wie aus Kunst geschaffenen Geysir-Apparate zusammensetzt; so ist dabei in Erinnerung zu bringen, daß Kieselsäure auch in vielen kalten Quellen, welche einen sehr geringen Antheil von Kohlensäure enthalten, verbreitet ist.

Säuerlinge und Ausströmungen von kohlensaurem Gas, die man lange Ablagerungen von Steinkohlen und Ligniten zuschrieb, scheinen vielmehr ganz den Processen tiefer vulkanischer Thätigkeit anzugehören: einer Thätigkeit, welche allverbreitet ist, und sich daher nicht bloß da äußert, wo vulkanische Gebirgsarten das Dasein alter localer Feuerausbrüche bezeugen. Kohlensäure-Ausströmungen überdauern allerdings in erloschenen Vulkanen die plutonischen Catastrophen am längsten; sie folgen dem Stadium der Solfataren-Thätigkeit: während aber auch überreiche, mit Kohlensäure geschwängerte Wasser von der verschiedensten Temperatur aus Granit, Gneiß, alten und neuen Flözgebirgen ausbrechen. Säuerlinge schwängern sich mit kohlensauren Alkalien, besonders mit kohlensaurem Natron, überall, wo mit Kohlensäure geschwängerte Wasser auf Gebirgsarten wirken, welche alkalische Silicate enthalten.55 Im nördlichen Deutschland ist bei vielen der kohlensauren Wasser- und Gasquellen noch die Dislocation der Schichten, und das Ausbrechen

wußte, daß Regen- und Schneewasser (das erstere 10, das zweite wenigstens 8 Procent) mehr Sauerstoff als die Atmosphäre enthalten; wurde es sehr auffallend gefunden, aus den Quellen von Nocera in den Apenninen ein sauerstoffreiches Gas-Gemisch entwickeln zu können. Die Analysen, welche Gay-Lussac während unseres Aufenthalts an dieser Gebirgsquelle gemacht, haben gezeigt, daß sie nur so viel Sauerstoff enthält, als ihr die Hydrometeore54 haben geben können. Wenn die Kiesel-Ablagerungen als Baumaterial in Verwunderung setzen, aus denen die Natur die, wie aus Kunst geschaffenen Geysir-Apparate zusammensetzt; so ist dabei in Erinnerung zu bringen, daß Kieselsäure auch in vielen kalten Quellen, welche einen sehr geringen Antheil von Kohlensäure enthalten, verbreitet ist.

Säuerlinge und Ausströmungen von kohlensaurem Gas, die man lange Ablagerungen von Steinkohlen und Ligniten zuschrieb, scheinen vielmehr ganz den Processen tiefer vulkanischer Thätigkeit anzugehören: einer Thätigkeit, welche allverbreitet ist, und sich daher nicht bloß da äußert, wo vulkanische Gebirgsarten das Dasein alter localer Feuerausbrüche bezeugen. Kohlensäure-Ausströmungen überdauern allerdings in erloschenen Vulkanen die plutonischen Catastrophen am längsten; sie folgen dem Stadium der Solfataren-Thätigkeit: während aber auch überreiche, mit Kohlensäure geschwängerte Wasser von der verschiedensten Temperatur aus Granit, Gneiß, alten und neuen Flözgebirgen ausbrechen. Säuerlinge schwängern sich mit kohlensauren Alkalien, besonders mit kohlensaurem Natron, überall, wo mit Kohlensäure geschwängerte Wasser auf Gebirgsarten wirken, welche alkalische Silicate enthalten.55 Im nördlichen Deutschland ist bei vielen der kohlensauren Wasser- und Gasquellen noch die Dislocation der Schichten, und das Ausbrechen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0254" n="249"/>
wußte, daß Regen- und Schneewasser (das erstere 10, das zweite wenigstens 8 Procent) mehr Sauerstoff als die Atmosphäre enthalten; wurde es sehr auffallend gefunden, aus den Quellen von Nocera in den Apenninen ein sauerstoffreiches Gas-Gemisch entwickeln zu können. Die Analysen, welche Gay-Lussac während unseres Aufenthalts an dieser Gebirgsquelle gemacht, haben gezeigt, daß sie nur so viel Sauerstoff enthält, als ihr die Hydrometeore<note xml:id="ftn278" next="#ftn278-text" place="end" n="54"/> haben geben können. Wenn die Kiesel-Ablagerungen als Baumaterial in Verwunderung setzen, aus denen die Natur die, wie aus Kunst geschaffenen Geysir-Apparate zusammensetzt; so ist dabei in Erinnerung zu bringen, daß Kieselsäure auch in vielen kalten Quellen, welche einen sehr geringen Antheil von Kohlensäure enthalten, verbreitet ist.</p>
                <p>Säuerlinge und Ausströmungen von kohlensaurem Gas, die man lange Ablagerungen von Steinkohlen und Ligniten zuschrieb, scheinen vielmehr ganz den Processen tiefer vulkanischer Thätigkeit anzugehören: einer Thätigkeit, welche <hi rendition="#g">allverbreitet</hi> ist, und sich daher nicht bloß da äußert, wo vulkanische Gebirgsarten das Dasein alter localer Feuerausbrüche bezeugen. Kohlensäure-Ausströmungen überdauern allerdings in erloschenen Vulkanen die plutonischen Catastrophen am längsten; sie folgen dem Stadium der Solfataren-Thätigkeit: während aber auch überreiche, mit Kohlensäure geschwängerte Wasser von der verschiedensten Temperatur aus Granit, Gneiß, alten und neuen Flözgebirgen ausbrechen. Säuerlinge schwängern sich mit kohlensauren Alkalien, besonders mit kohlensaurem Natron, überall, wo mit Kohlensäure geschwängerte Wasser auf Gebirgsarten wirken, welche alkalische Silicate enthalten.<note xml:id="ftn279" next="#ftn279-text" place="end" n="55"/> Im nördlichen Deutschland ist bei vielen der kohlensauren Wasser- und Gasquellen noch die Dislocation der Schichten, und das Ausbrechen
</p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[249/0254] wußte, daß Regen- und Schneewasser (das erstere 10, das zweite wenigstens 8 Procent) mehr Sauerstoff als die Atmosphäre enthalten; wurde es sehr auffallend gefunden, aus den Quellen von Nocera in den Apenninen ein sauerstoffreiches Gas-Gemisch entwickeln zu können. Die Analysen, welche Gay-Lussac während unseres Aufenthalts an dieser Gebirgsquelle gemacht, haben gezeigt, daß sie nur so viel Sauerstoff enthält, als ihr die Hydrometeore ⁵⁴ haben geben können. Wenn die Kiesel-Ablagerungen als Baumaterial in Verwunderung setzen, aus denen die Natur die, wie aus Kunst geschaffenen Geysir-Apparate zusammensetzt; so ist dabei in Erinnerung zu bringen, daß Kieselsäure auch in vielen kalten Quellen, welche einen sehr geringen Antheil von Kohlensäure enthalten, verbreitet ist. Säuerlinge und Ausströmungen von kohlensaurem Gas, die man lange Ablagerungen von Steinkohlen und Ligniten zuschrieb, scheinen vielmehr ganz den Processen tiefer vulkanischer Thätigkeit anzugehören: einer Thätigkeit, welche allverbreitet ist, und sich daher nicht bloß da äußert, wo vulkanische Gebirgsarten das Dasein alter localer Feuerausbrüche bezeugen. Kohlensäure-Ausströmungen überdauern allerdings in erloschenen Vulkanen die plutonischen Catastrophen am längsten; sie folgen dem Stadium der Solfataren-Thätigkeit: während aber auch überreiche, mit Kohlensäure geschwängerte Wasser von der verschiedensten Temperatur aus Granit, Gneiß, alten und neuen Flözgebirgen ausbrechen. Säuerlinge schwängern sich mit kohlensauren Alkalien, besonders mit kohlensaurem Natron, überall, wo mit Kohlensäure geschwängerte Wasser auf Gebirgsarten wirken, welche alkalische Silicate enthalten. ⁵⁵ Im nördlichen Deutschland ist bei vielen der kohlensauren Wasser- und Gasquellen noch die Dislocation der Schichten, und das Ausbrechen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/254
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/254>, abgerufen am 22.11.2024.