Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.Insolation und Ausstrahlung der Wärme gegen reine oder mit Wolken erfüllte Luftschichten; von dem Contact und Spiele der auf- und niedersteigenden Luftströmungen. Nach solchen Voraussetzungen müßten bei sehr mäßigen Höhenverschiedenheiten von vier- bis fünftausend Fuß Gebirgsquellen sehr häufig sein, deren Temperatur die mittlere Temperatur des Orts um 40 bis 50 Grad überstiege; wie würde es vollends sein am Fuß von Gebirgen unter den Tropen, die bei 14000 Fuß Erhebung noch frei von ewigem Schnee sind, und oft keine vulkanische Gebirgsart, sondern nur Gneiß und Glimmerschiefer zeigen!44 Der große Mathematiker Fourier, angeregt durch die Topographie des Ausbruchs vom Jorullo, in einer Ebene, wo viele hundert Quadratmeilen umher keine ungewöhnliche Erdwärme zu spüren war, hat, auf meine Bitte, sich noch in dem Jahre vor seinem Tode mit theoretischen Untersuchungen über die Frage beschäftigt: wie bei Berg-Erhebungen und veränderter Oberfläche der Erde die isothermen Flächen sich mit der neuen Form des Bodens in Gleichgewicht setzen. Die Seitenstrahlung von Schichten, welche in gleichem Niveau, aber ungleich bedeckt liegen, spielt dabei eine wichtigere Rolle als da, wo Schichtung bemerkbar ist, die Aufrichtung (Inclination) der Absonderungs-Flächen des Gesteins. Wie die heißen Quellen in der Umgegend des alten Carthago, wahrscheinlich die Thermalquellen von Pertusa (aquae calidae von Hammam el-Enf) den Bischof Patricius, den Märtyrer, auf die richtige Ansicht über die Ursach der höheren oder niedrigeren Temperatur der aufsprudelnden Wasser leiteten; habe ich schon an einem anderen Orte45 erwähnt. Als nämlich der Proconsul Julius den angeklagten Bischof spöttisch durch die Frage verwirren wollte: "quo auctore fervens haec aqua Insolation und Ausstrahlung der Wärme gegen reine oder mit Wolken erfüllte Luftschichten; von dem Contact und Spiele der auf- und niedersteigenden Luftströmungen. Nach solchen Voraussetzungen müßten bei sehr mäßigen Höhenverschiedenheiten von vier- bis fünftausend Fuß Gebirgsquellen sehr häufig sein, deren Temperatur die mittlere Temperatur des Orts um 40 bis 50 Grad überstiege; wie würde es vollends sein am Fuß von Gebirgen unter den Tropen, die bei 14000 Fuß Erhebung noch frei von ewigem Schnee sind, und oft keine vulkanische Gebirgsart, sondern nur Gneiß und Glimmerschiefer zeigen!44 Der große Mathematiker Fourier, angeregt durch die Topographie des Ausbruchs vom Jorullo, in einer Ebene, wo viele hundert Quadratmeilen umher keine ungewöhnliche Erdwärme zu spüren war, hat, auf meine Bitte, sich noch in dem Jahre vor seinem Tode mit theoretischen Untersuchungen über die Frage beschäftigt: wie bei Berg-Erhebungen und veränderter Oberfläche der Erde die isothermen Flächen sich mit der neuen Form des Bodens in Gleichgewicht setzen. Die Seitenstrahlung von Schichten, welche in gleichem Niveau, aber ungleich bedeckt liegen, spielt dabei eine wichtigere Rolle als da, wo Schichtung bemerkbar ist, die Aufrichtung (Inclination) der Absonderungs-Flächen des Gesteins. Wie die heißen Quellen in der Umgegend des alten Carthago, wahrscheinlich die Thermalquellen von Pertusa (aquae calidae von Hammam el-Enf) den Bischof Patricius, den Märtyrer, auf die richtige Ansicht über die Ursach der höheren oder niedrigeren Temperatur der aufsprudelnden Wasser leiteten; habe ich schon an einem anderen Orte45 erwähnt. Als nämlich der Proconsul Julius den angeklagten Bischof spöttisch durch die Frage verwirren wollte: »quo auctore fervens haec aqua <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0249" n="244"/> Insolation und Ausstrahlung der Wärme gegen reine oder mit Wolken erfüllte Luftschichten; von dem Contact und Spiele der auf- und niedersteigenden Luftströmungen. Nach solchen Voraussetzungen müßten bei sehr mäßigen Höhenverschiedenheiten von vier- bis fünftausend Fuß Gebirgsquellen sehr häufig sein, deren Temperatur die mittlere Temperatur des Orts um 40 bis 50 Grad überstiege; wie würde es vollends sein am Fuß von Gebirgen unter den Tropen, die bei 14000 Fuß Erhebung noch frei von ewigem Schnee sind, und oft keine vulkanische Gebirgsart, sondern nur Gneiß und Glimmerschiefer zeigen!<note xml:id="ftn268" next="ftn268-text" place="end" n="44"/> Der große Mathematiker Fourier, angeregt durch die Topographie des Ausbruchs vom Jorullo, in einer Ebene, wo viele hundert Quadratmeilen umher keine ungewöhnliche Erdwärme zu spüren war, hat, auf meine Bitte, sich noch in dem Jahre vor seinem Tode mit theoretischen Untersuchungen über die Frage beschäftigt: wie bei Berg-Erhebungen und veränderter Oberfläche der Erde die <hi rendition="#g">isothermen Flächen</hi> sich mit der neuen Form des Bodens in Gleichgewicht setzen. Die Seitenstrahlung von Schichten, welche in gleichem Niveau, aber ungleich bedeckt liegen, spielt dabei eine wichtigere Rolle als da, wo Schichtung bemerkbar ist, die Aufrichtung (Inclination) der Absonderungs-Flächen des Gesteins.</p> <p>Wie die heißen Quellen in der Umgegend des alten Carthago, wahrscheinlich die Thermalquellen von Pertusa (aquae calidae von Hammam el-Enf) den Bischof Patricius, den Märtyrer, auf die richtige Ansicht über die Ursach der höheren oder niedrigeren Temperatur der aufsprudelnden Wasser leiteten; habe ich schon an einem anderen Orte<note xml:id="ftn269" next="ftn269-text" place="end" n="45"/> erwähnt. Als nämlich der Proconsul Julius den angeklagten Bischof spöttisch durch die Frage verwirren wollte: »quo auctore fervens haec aqua </p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [244/0249]
Insolation und Ausstrahlung der Wärme gegen reine oder mit Wolken erfüllte Luftschichten; von dem Contact und Spiele der auf- und niedersteigenden Luftströmungen. Nach solchen Voraussetzungen müßten bei sehr mäßigen Höhenverschiedenheiten von vier- bis fünftausend Fuß Gebirgsquellen sehr häufig sein, deren Temperatur die mittlere Temperatur des Orts um 40 bis 50 Grad überstiege; wie würde es vollends sein am Fuß von Gebirgen unter den Tropen, die bei 14000 Fuß Erhebung noch frei von ewigem Schnee sind, und oft keine vulkanische Gebirgsart, sondern nur Gneiß und Glimmerschiefer zeigen!
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Der große Mathematiker Fourier, angeregt durch die Topographie des Ausbruchs vom Jorullo, in einer Ebene, wo viele hundert Quadratmeilen umher keine ungewöhnliche Erdwärme zu spüren war, hat, auf meine Bitte, sich noch in dem Jahre vor seinem Tode mit theoretischen Untersuchungen über die Frage beschäftigt: wie bei Berg-Erhebungen und veränderter Oberfläche der Erde die isothermen Flächen sich mit der neuen Form des Bodens in Gleichgewicht setzen. Die Seitenstrahlung von Schichten, welche in gleichem Niveau, aber ungleich bedeckt liegen, spielt dabei eine wichtigere Rolle als da, wo Schichtung bemerkbar ist, die Aufrichtung (Inclination) der Absonderungs-Flächen des Gesteins.
Wie die heißen Quellen in der Umgegend des alten Carthago, wahrscheinlich die Thermalquellen von Pertusa (aquae calidae von Hammam el-Enf) den Bischof Patricius, den Märtyrer, auf die richtige Ansicht über die Ursach der höheren oder niedrigeren Temperatur der aufsprudelnden Wasser leiteten; habe ich schon an einem anderen Orte
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erwähnt. Als nämlich der Proconsul Julius den angeklagten Bischof spöttisch durch die Frage verwirren wollte: »quo auctore fervens haec aqua
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Zitationshilfe: | Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/249>, abgerufen am 18.07.2024. |