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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.

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von 700 bis 2200 Fuß angezeigt haben, ist bisher dem Physiker nur in Gegenden von nicht viel mehr als 1500 Fuß Höhe über dem Meeresspiegel dargeboten worden.37 Grubenbaue der Menschen auf Silbererz habe ich in der Andeskette 6° 45' südlich vom Aequator in fast 12400 Fuß Höhe besucht, und die Temperatur der dort aus den Gesteinklüften des Kalksteins andringenden Bergwasser zu 11°,3 gefunden.38 Die Wasser, welche in den Bädern des Inca Tupac Yupanqui gewärmt wurden, auf dem Rücken der Andes (Paso del Assuay), kommen wahrscheinlich aus Quellen der Ladera de Cadlud: wo ich den Weg, neben welchem auch die alte peruanische Kunststraße fortlief, barometrisch zu 14568 Fuß Höhe (fast zu der des Montblanc) gefunden habe.39 Das sind die höchsten Punkte, an denen ich in Südamerika Quellwasser beobachten konnte. In Europa haben in den östlichen Alpen die Gebrüder Schlagintweit auf 8860 Fuß Höhe Stollenwasser in der Goldzeche, und kleine Quellen nahe bei dem Stollen-Mundloche von nur 0°,8 Wärme gemessen40: fern von allem Schnee und allem Gletscher-Eise. Die letzten Höhengrenzen der Quellen sind sehr verschieden nach Maaßgabe der geographischen Breiten, der Höhe der Schneelinie und des Verhältnisses der höchsten Gipfel zu den Gebirgskämmen und Hochebenen.

Nähme der Halbmesser des Planeten um die Höhe des Himalaya im Kintschindjunga, also gleichmäßig in der ganzen Oberfläche um 26436 Fuß (1,16 geogr. Meilen) zu; so würde bei dieser geringen Vermehrung von nur 1/800 des Erdhalbmessers (nach Fourier's analytischer Theorie) die Wärme, in der durch Strahlung erkalteten Oberfläche, in der oberen Erdrinde fast ganz die sein, welche sie jetzt ist. Erheben sich aber einzelne Theile der Oberfläche in Bergketten und schmalen Gipfeln, wie

von 700 bis 2200 Fuß angezeigt haben, ist bisher dem Physiker nur in Gegenden von nicht viel mehr als 1500 Fuß Höhe über dem Meeresspiegel dargeboten worden.37 Grubenbaue der Menschen auf Silbererz habe ich in der Andeskette 6° 45′ südlich vom Aequator in fast 12400 Fuß Höhe besucht, und die Temperatur der dort aus den Gesteinklüften des Kalksteins andringenden Bergwasser zu 11°,3 gefunden.38 Die Wasser, welche in den Bädern des Inca Tupac Yupanqui gewärmt wurden, auf dem Rücken der Andes (Paso del Assuay), kommen wahrscheinlich aus Quellen der Ladera de Cadlud: wo ich den Weg, neben welchem auch die alte peruanische Kunststraße fortlief, barometrisch zu 14568 Fuß Höhe (fast zu der des Montblanc) gefunden habe.39 Das sind die höchsten Punkte, an denen ich in Südamerika Quellwasser beobachten konnte. In Europa haben in den östlichen Alpen die Gebrüder Schlagintweit auf 8860 Fuß Höhe Stollenwasser in der Goldzeche, und kleine Quellen nahe bei dem Stollen-Mundloche von nur 0°,8 Wärme gemessen40: fern von allem Schnee und allem Gletscher-Eise. Die letzten Höhengrenzen der Quellen sind sehr verschieden nach Maaßgabe der geographischen Breiten, der Höhe der Schneelinie und des Verhältnisses der höchsten Gipfel zu den Gebirgskämmen und Hochebenen.

Nähme der Halbmesser des Planeten um die Höhe des Himalaya im Kintschindjunga, also gleichmäßig in der ganzen Oberfläche um 26436 Fuß (1,16 geogr. Meilen) zu; so würde bei dieser geringen Vermehrung von nur 1/800 des Erdhalbmessers (nach Fourier's analytischer Theorie) die Wärme, in der durch Strahlung erkalteten Oberfläche, in der oberen Erdrinde fast ganz die sein, welche sie jetzt ist. Erheben sich aber einzelne Theile der Oberfläche in Bergketten und schmalen Gipfeln, wie

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von 700 bis 2200 Fuß angezeigt haben, ist bisher dem Physiker nur in Gegenden von nicht viel mehr als 1500 Fuß Höhe über dem Meeresspiegel dargeboten worden.<note xml:id="ftn261" next="ftn261-text" place="end" n="37"/> Grubenbaue der Menschen auf Silbererz habe ich in der Andeskette 6° 45&#x2032; südlich vom Aequator in fast 12400 Fuß Höhe besucht, und die Temperatur der dort aus den Gesteinklüften des Kalksteins andringenden Bergwasser zu 11°,3 gefunden.<note xml:id="ftn262" next="ftn262-text" place="end" n="38"/> Die Wasser, welche in den Bädern des Inca Tupac Yupanqui gewärmt wurden, auf dem Rücken der Andes (Paso del Assuay), kommen wahrscheinlich aus Quellen der Ladera de Cadlud: wo ich den Weg, neben welchem auch die alte peruanische Kunststraße fortlief, barometrisch zu 14568 Fuß Höhe (fast zu der des Montblanc) gefunden habe.<note xml:id="ftn263" next="ftn263-text" place="end" n="39"/> Das sind die höchsten Punkte, an denen ich in Südamerika Quellwasser beobachten konnte. In Europa haben in den östlichen Alpen die Gebrüder <hi rendition="#g">Schlagintweit</hi> auf 8860 Fuß Höhe Stollenwasser in der <hi rendition="#g">Goldzeche,</hi> und kleine Quellen nahe bei dem Stollen-Mundloche von nur 0°,8 Wärme gemessen<note xml:id="ftn264" next="ftn264-text" place="end" n="40"/>: fern von allem Schnee und allem Gletscher-Eise. Die letzten <hi rendition="#g">Höhengrenzen der Quellen</hi> sind sehr verschieden nach Maaßgabe der geographischen Breiten, der Höhe der Schneelinie und des Verhältnisses der höchsten Gipfel zu den Gebirgskämmen und Hochebenen.</p>
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[238/0243] von 700 bis 2200 Fuß angezeigt haben, ist bisher dem Physiker nur in Gegenden von nicht viel mehr als 1500 Fuß Höhe über dem Meeresspiegel dargeboten worden. ³⁷ Grubenbaue der Menschen auf Silbererz habe ich in der Andeskette 6° 45′ südlich vom Aequator in fast 12400 Fuß Höhe besucht, und die Temperatur der dort aus den Gesteinklüften des Kalksteins andringenden Bergwasser zu 11°,3 gefunden. ³⁸ Die Wasser, welche in den Bädern des Inca Tupac Yupanqui gewärmt wurden, auf dem Rücken der Andes (Paso del Assuay), kommen wahrscheinlich aus Quellen der Ladera de Cadlud: wo ich den Weg, neben welchem auch die alte peruanische Kunststraße fortlief, barometrisch zu 14568 Fuß Höhe (fast zu der des Montblanc) gefunden habe. ³⁹ Das sind die höchsten Punkte, an denen ich in Südamerika Quellwasser beobachten konnte. In Europa haben in den östlichen Alpen die Gebrüder Schlagintweit auf 8860 Fuß Höhe Stollenwasser in der Goldzeche, und kleine Quellen nahe bei dem Stollen-Mundloche von nur 0°,8 Wärme gemessen ⁴⁰ : fern von allem Schnee und allem Gletscher-Eise. Die letzten Höhengrenzen der Quellen sind sehr verschieden nach Maaßgabe der geographischen Breiten, der Höhe der Schneelinie und des Verhältnisses der höchsten Gipfel zu den Gebirgskämmen und Hochebenen. Nähme der Halbmesser des Planeten um die Höhe des Himalaya im Kintschindjunga, also gleichmäßig in der ganzen Oberfläche um 26436 Fuß (1,16 geogr. Meilen) zu; so würde bei dieser geringen Vermehrung von nur 1/800 des Erdhalbmessers (nach Fourier's analytischer Theorie) die Wärme, in der durch Strahlung erkalteten Oberfläche, in der oberen Erdrinde fast ganz die sein, welche sie jetzt ist. Erheben sich aber einzelne Theile der Oberfläche in Bergketten und schmalen Gipfeln, wie

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/243>, abgerufen am 04.05.2024.