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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.

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hohe Region des Aethers die Idee des treibenden, von der Erde Felsstücke wegreißenden Umschwunges. Daher nennt Aristoteles (Meteorol. I, 339 Bekker) den Aether "den ewig im Lauf begriffenen Körper", gleichsam das nächste Substratum der Bewegung; und sucht etymologische Gründe8 für diese Behauptung. Deshalb finden wir in der Biographie des Lysander: "daß das Nachlassen der Schwungkraft den Fall himmlischer Körper verursacht"; wie auch an einem anderen Orte, wo Plutarch offenbar wieder auf Meinungen des Anaxagoras oder des Diogenes von Apollonia hindeutet (de facie in orbe Lunae pag. 923), er die Behauptung aufstellt: "daß der Mond, wenn seine Schwungkraft aufhörte, zur Erde fallen würde, wie der Stein in der Schleuder"9. So sehen wir in diesem Gleichniß nach der Annahme eines centrifugalen Umschwunges, welchen Empedocles in der (scheinbaren) Umdrehung der Himmelskugel erkannte, allmälig als idealen Gegensatz eine Centripetalkraft auftreten. Diese Kraft wird eigens und deutlicher bezeichnet von dem scharfsinnigsten aller Erklärer des Aristoteles, Simplicius (pag. 491, Bekker). Er will das Nicht-Herabfallen der Weltkörper dadurch erklären: "daß der Umschwung die Oberhand hat über die eigene Fallkraft, den Zug nach unten". Dies sind die ersten Ahndungen über wirkende Centralkräfte; und, gleichsam auch die Trägheit der Materie anerkennend, schreibt zuerst der Alexandriner Johannes Philoponus, Schüler des Ammonius Hermeä, wahrscheinlich auch aus dem 6ten Jahrhundert, "die Bewegung der kreisenden Planeten einem primitiven Stoße" zu, welchen er sinnig (de creatione mundi lib. I cap. 12) mit der Idee des "Falles, eines Strebens aller schweren und leichten Stoffe

hohe Region des Aethers die Idee des treibenden, von der Erde Felsstücke wegreißenden Umschwunges. Daher nennt Aristoteles (Meteorol. I, 339 Bekker) den Aether „den ewig im Lauf begriffenen Körper“, gleichsam das nächste Substratum der Bewegung; und sucht etymologische Gründe8 für diese Behauptung. Deshalb finden wir in der Biographie des Lysander: „daß das Nachlassen der Schwungkraft den Fall himmlischer Körper verursacht“; wie auch an einem anderen Orte, wo Plutarch offenbar wieder auf Meinungen des Anaxagoras oder des Diogenes von Apollonia hindeutet (de facie in orbe Lunae pag. 923), er die Behauptung aufstellt: „daß der Mond, wenn seine Schwungkraft aufhörte, zur Erde fallen würde, wie der Stein in der Schleuder“9. So sehen wir in diesem Gleichniß nach der Annahme eines centrifugalen Umschwunges, welchen Empedocles in der (scheinbaren) Umdrehung der Himmelskugel erkannte, allmälig als idealen Gegensatz eine Centripetalkraft auftreten. Diese Kraft wird eigens und deutlicher bezeichnet von dem scharfsinnigsten aller Erklärer des Aristoteles, Simplicius (pag. 491, Bekker). Er will das Nicht-Herabfallen der Weltkörper dadurch erklären: „daß der Umschwung die Oberhand hat über die eigene Fallkraft, den Zug nach unten“. Dies sind die ersten Ahndungen über wirkende Centralkräfte; und, gleichsam auch die Trägheit der Materie anerkennend, schreibt zuerst der Alexandriner Johannes Philoponus, Schüler des Ammonius Hermeä, wahrscheinlich auch aus dem 6ten Jahrhundert, „die Bewegung der kreisenden Planeten einem primitiven Stoße“ zu, welchen er sinnig (de creatione mundi lib. I cap. 12) mit der Idee des „Falles, eines Strebens aller schweren und leichten Stoffe

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[597/0604] hohe Region des Aethers die Idee des treibenden, von der Erde Felsstücke wegreißenden Umschwunges. Daher nennt Aristoteles (Meteorol. I, 339 Bekker) den Aether „den ewig im Lauf begriffenen Körper“, gleichsam das nächste Substratum der Bewegung; und sucht etymologische Gründe ⁸ für diese Behauptung. Deshalb finden wir in der Biographie des Lysander: „daß das Nachlassen der Schwungkraft den Fall himmlischer Körper verursacht“; wie auch an einem anderen Orte, wo Plutarch offenbar wieder auf Meinungen des Anaxagoras oder des Diogenes von Apollonia hindeutet (de facie in orbe Lunae pag. 923), er die Behauptung aufstellt: „daß der Mond, wenn seine Schwungkraft aufhörte, zur Erde fallen würde, wie der Stein in der Schleuder“ ⁹ . So sehen wir in diesem Gleichniß nach der Annahme eines centrifugalen Umschwunges, welchen Empedocles in der (scheinbaren) Umdrehung der Himmelskugel erkannte, allmälig als idealen Gegensatz eine Centripetalkraft auftreten. Diese Kraft wird eigens und deutlicher bezeichnet von dem scharfsinnigsten aller Erklärer des Aristoteles, Simplicius (pag. 491, Bekker). Er will das Nicht-Herabfallen der Weltkörper dadurch erklären: „daß der Umschwung die Oberhand hat über die eigene Fallkraft, den Zug nach unten“. Dies sind die ersten Ahndungen über wirkende Centralkräfte; und, gleichsam auch die Trägheit der Materie anerkennend, schreibt zuerst der Alexandriner Johannes Philoponus, Schüler des Ammonius Hermeä, wahrscheinlich auch aus dem 6ten Jahrhundert, „die Bewegung der kreisenden Planeten einem primitiven Stoße“ zu, welchen er sinnig (de creatione mundi lib. I cap. 12) mit der Idee des „Falles, eines Strebens aller schweren und leichten Stoffe

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850, S. 597. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/604>, abgerufen am 27.11.2024.