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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.

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Sonne nehmen muß, ist es nicht selten schwer die Mondscheibe zwischen den licht-intensiveren Haufenwolken zu erkennen. Auf Berghöhen, die zwischen zwölf- und sechzehntausend Fuß hoch liegen, da wo bei heiterer Bergluft nur federartiger Cirrus am Himmelsgewölbe zu sehen ist, wurde mir das Aufsuchen der Mondscheibe um vieles leichter, weil der Cirrus seiner lockeren Beschaffenheit nach weniger Sonnenlicht reflectirt und das Mondlicht auf seinem Wege durch dünne Luftschichten minder geschwächt ist. Das Verhältniß der Lichtstärke der Sonne zu der des Vollmondes verdient eine neue Untersuchung, da Bouguer's, überall angenommene Bestimmung (1/300000) so auffallend von der, freilich unwahrscheinlicheren, Wollaston's (1/800000) abweicht.18

Das gelbe Mondlicht erscheint bei Tage weiß, weil die blauen Luftschichten, durch welche wir es sehen, die Complementar-Farbe zum Gelb darbieten.19 Nach den vielfachen Beobachtungen, die Arago mit seinem Polariscop angestellt, ist in dem Mondlichte polarisirtes Licht enthalten: am deutlichsten im ersten Viertel und in den grauen Mondflecken; z. B. in der großen, dunklen, bisweilen etwas grünlichen, Wallebene des sogenannten Mare Crisium. Solche Wallebenen sind meist mit Bergadern durchzogen, deren polyedrische Gestalt diejenigen Inclinations-Winkel der Flächen darbietet, welche zur Polarisation des reflectirten Sonnenlichts erforderlich sind. Der dunkle Farbenton der Umgegend scheint dazu durch Contrast die Erscheinung noch bemerkbarer zu machen. Was den leuchtenden Centralberg der Gruppe Aristarch betrifft, an dem man mehrmals thätigen Vulcanismus zu bemerken wähnte, so hat derselbe keine stärkere Polarisation des Lichts gezeigt als andere Mondtheile. In dem Vollmond wird keine Beimischung

Sonne nehmen muß, ist es nicht selten schwer die Mondscheibe zwischen den licht-intensiveren Haufenwolken zu erkennen. Auf Berghöhen, die zwischen zwölf- und sechzehntausend Fuß hoch liegen, da wo bei heiterer Bergluft nur federartiger Cirrus am Himmelsgewölbe zu sehen ist, wurde mir das Aufsuchen der Mondscheibe um vieles leichter, weil der Cirrus seiner lockeren Beschaffenheit nach weniger Sonnenlicht reflectirt und das Mondlicht auf seinem Wege durch dünne Luftschichten minder geschwächt ist. Das Verhältniß der Lichtstärke der Sonne zu der des Vollmondes verdient eine neue Untersuchung, da Bouguer's, überall angenommene Bestimmung (1/300000) so auffallend von der, freilich unwahrscheinlicheren, Wollaston's (1/800000) abweicht.18

Das gelbe Mondlicht erscheint bei Tage weiß, weil die blauen Luftschichten, durch welche wir es sehen, die Complementar-Farbe zum Gelb darbieten.19 Nach den vielfachen Beobachtungen, die Arago mit seinem Polariscop angestellt, ist in dem Mondlichte polarisirtes Licht enthalten: am deutlichsten im ersten Viertel und in den grauen Mondflecken; z. B. in der großen, dunklen, bisweilen etwas grünlichen, Wallebene des sogenannten Mare Crisium. Solche Wallebenen sind meist mit Bergadern durchzogen, deren polyedrische Gestalt diejenigen Inclinations-Winkel der Flächen darbietet, welche zur Polarisation des reflectirten Sonnenlichts erforderlich sind. Der dunkle Farbenton der Umgegend scheint dazu durch Contrast die Erscheinung noch bemerkbarer zu machen. Was den leuchtenden Centralberg der Gruppe Aristarch betrifft, an dem man mehrmals thätigen Vulcanismus zu bemerken wähnte, so hat derselbe keine stärkere Polarisation des Lichts gezeigt als andere Mondtheile. In dem Vollmond wird keine Beimischung

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Sonne nehmen muß, ist es nicht selten schwer die Mondscheibe zwischen den licht-intensiveren Haufenwolken zu erkennen. Auf Berghöhen, die zwischen zwölf- und sechzehntausend Fuß hoch liegen, da wo bei heiterer Bergluft nur federartiger Cirrus am Himmelsgewölbe zu sehen ist, wurde mir das Aufsuchen der Mondscheibe um vieles leichter, weil der Cirrus seiner lockeren Beschaffenheit nach weniger Sonnenlicht reflectirt und das Mondlicht auf seinem Wege durch dünne Luftschichten minder geschwächt ist. Das Verhältniß der Lichtstärke der Sonne zu der des Vollmondes verdient eine neue Untersuchung, da Bouguer's, überall angenommene Bestimmung (1/300000) so auffallend von der, freilich unwahrscheinlicheren, Wollaston's (1/800000) abweicht.<note xml:id="ftn562" next="#ftn562-text" place="end" n="18"/>          </p>
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[496/0501] Sonne nehmen muß, ist es nicht selten schwer die Mondscheibe zwischen den licht-intensiveren Haufenwolken zu erkennen. Auf Berghöhen, die zwischen zwölf- und sechzehntausend Fuß hoch liegen, da wo bei heiterer Bergluft nur federartiger Cirrus am Himmelsgewölbe zu sehen ist, wurde mir das Aufsuchen der Mondscheibe um vieles leichter, weil der Cirrus seiner lockeren Beschaffenheit nach weniger Sonnenlicht reflectirt und das Mondlicht auf seinem Wege durch dünne Luftschichten minder geschwächt ist. Das Verhältniß der Lichtstärke der Sonne zu der des Vollmondes verdient eine neue Untersuchung, da Bouguer's, überall angenommene Bestimmung (1/300000) so auffallend von der, freilich unwahrscheinlicheren, Wollaston's (1/800000) abweicht. ¹⁸ Das gelbe Mondlicht erscheint bei Tage weiß, weil die blauen Luftschichten, durch welche wir es sehen, die Complementar-Farbe zum Gelb darbieten. ¹⁹ Nach den vielfachen Beobachtungen, die Arago mit seinem Polariscop angestellt, ist in dem Mondlichte polarisirtes Licht enthalten: am deutlichsten im ersten Viertel und in den grauen Mondflecken; z. B. in der großen, dunklen, bisweilen etwas grünlichen, Wallebene des sogenannten Mare Crisium. Solche Wallebenen sind meist mit Bergadern durchzogen, deren polyedrische Gestalt diejenigen Inclinations-Winkel der Flächen darbietet, welche zur Polarisation des reflectirten Sonnenlichts erforderlich sind. Der dunkle Farbenton der Umgegend scheint dazu durch Contrast die Erscheinung noch bemerkbarer zu machen. Was den leuchtenden Centralberg der Gruppe Aristarch betrifft, an dem man mehrmals thätigen Vulcanismus zu bemerken wähnte, so hat derselbe keine stärkere Polarisation des Lichts gezeigt als andere Mondtheile. In dem Vollmond wird keine Beimischung

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850, S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/501>, abgerufen am 21.11.2024.