Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

oder ein leuchtendes geschmolzenes, fließendes Metall in Strahlen, die in perpendicularer Richtung ausströmen, bloß natürliches Licht geben: während die Lichtstrahlen, welche unter sehr kleinen Winkeln von den Rändern zu unserem Auge gelangen, polarisirt sind. Wurde nun dasselbe optische Werkzeug, durch welches man beide Lichtarten scharf von einander unterscheidet, das Polariscop, auf Gasflammen angewendet; so war keine Polarisation zu entdecken, sollten auch die Lichtstrahlen unter noch so kleinen Winkeln emaniren. Wenn gleich selbst in den gasförmigen Körpern das Licht im Inneren erzeugt wird, so scheint doch bei der so geringen Dichtigkeit der Gas-Schichten weder der längere Weg die sehr obliquen Lichtstrahlen an Zahl und Stärke zu schwächen, noch der Austritt an der Oberfläche, der Uebergang in ein anderes Medium, Polarisation durch Refraction zu erzeugen. Da nun die Sonne ebenfalls keine Spur von Polarisation zeigt, wenn man das Licht, welches in sehr obliquer Richtung unter bedeutend kleinen Winkeln von den Rändern ausströmt, im Polariscop untersucht; so folgt aus dieser wichtigen Vergleichung, daß das, was in der Sonne leuchtet, nicht aus dem festen Sonnenkörper, nicht aus etwas tropfbar-flüssigem, sondern aus einer gasförmigen selbstleuchtenden Umhüllung kommt. Wir haben hier eine materielle physische Analyse der Photosphäre.

Dasselbe Instrument hat aber auch zu dem Schlusse geführt, daß die Intensität des Lichtes in dem Centrum der Sonnenscheibe nicht größer als die der Ränder ist. Wenn die zwei complementaren Farbenbilder der Sonne, das rothe und blaue, so über einander geschoben werden, daß der Rand des einen Bildes auf das Centrum des anderen fällt, so entsteht ein vollkommenes Weiß. Wäre die Intensität des Lichts in

oder ein leuchtendes geschmolzenes, fließendes Metall in Strahlen, die in perpendicularer Richtung ausströmen, bloß natürliches Licht geben: während die Lichtstrahlen, welche unter sehr kleinen Winkeln von den Rändern zu unserem Auge gelangen, polarisirt sind. Wurde nun dasselbe optische Werkzeug, durch welches man beide Lichtarten scharf von einander unterscheidet, das Polariscop, auf Gasflammen angewendet; so war keine Polarisation zu entdecken, sollten auch die Lichtstrahlen unter noch so kleinen Winkeln emaniren. Wenn gleich selbst in den gasförmigen Körpern das Licht im Inneren erzeugt wird, so scheint doch bei der so geringen Dichtigkeit der Gas-Schichten weder der längere Weg die sehr obliquen Lichtstrahlen an Zahl und Stärke zu schwächen, noch der Austritt an der Oberfläche, der Uebergang in ein anderes Medium, Polarisation durch Refraction zu erzeugen. Da nun die Sonne ebenfalls keine Spur von Polarisation zeigt, wenn man das Licht, welches in sehr obliquer Richtung unter bedeutend kleinen Winkeln von den Rändern ausströmt, im Polariscop untersucht; so folgt aus dieser wichtigen Vergleichung, daß das, was in der Sonne leuchtet, nicht aus dem festen Sonnenkörper, nicht aus etwas tropfbar-flüssigem, sondern aus einer gasförmigen selbstleuchtenden Umhüllung kommt. Wir haben hier eine materielle physische Analyse der Photosphäre.

Dasselbe Instrument hat aber auch zu dem Schlusse geführt, daß die Intensität des Lichtes in dem Centrum der Sonnenscheibe nicht größer als die der Ränder ist. Wenn die zwei complementaren Farbenbilder der Sonne, das rothe und blaue, so über einander geschoben werden, daß der Rand des einen Bildes auf das Centrum des anderen fällt, so entsteht ein vollkommenes Weiß. Wäre die Intensität des Lichts in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0400" n="395"/>
oder ein leuchtendes geschmolzenes, fließendes Metall in Strahlen, die in perpendicularer Richtung ausströmen, bloß natürliches Licht geben: während die Lichtstrahlen, welche unter sehr kleinen Winkeln von den Rändern zu unserem Auge gelangen, polarisirt sind. Wurde nun dasselbe optische Werkzeug, durch welches man beide Lichtarten scharf von einander unterscheidet, das Polariscop, auf Gasflammen angewendet; so war keine Polarisation zu entdecken, sollten auch die Lichtstrahlen unter noch so kleinen Winkeln emaniren. Wenn gleich selbst in den gasförmigen Körpern das Licht im Inneren erzeugt wird, so scheint doch bei der so geringen Dichtigkeit der Gas-Schichten weder der längere Weg die sehr obliquen Lichtstrahlen an Zahl und Stärke zu schwächen, noch der Austritt an der Oberfläche, der Uebergang in ein anderes Medium, Polarisation durch Refraction zu erzeugen. Da nun die Sonne ebenfalls keine Spur von Polarisation zeigt, wenn man das Licht, welches in sehr obliquer Richtung unter bedeutend kleinen Winkeln von den Rändern ausströmt, im Polariscop untersucht; so folgt aus dieser wichtigen Vergleichung, daß das, was in der Sonne leuchtet, nicht aus dem festen Sonnenkörper, nicht aus etwas tropfbar-flüssigem, sondern aus einer <hi rendition="#g">gasförmigen</hi> selbstleuchtenden Umhüllung kommt. Wir haben hier eine materielle physische Analyse der Photosphäre.</p>
              <p>Dasselbe Instrument hat aber auch zu dem Schlusse geführt, daß die Intensität des Lichtes in dem Centrum der Sonnenscheibe nicht größer als die der Ränder ist. Wenn die zwei complementaren Farbenbilder der Sonne, das rothe und blaue, so über einander geschoben werden, daß der Rand des einen Bildes auf das Centrum des anderen fällt, so entsteht ein vollkommenes Weiß. Wäre die Intensität des Lichts in
</p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[395/0400] oder ein leuchtendes geschmolzenes, fließendes Metall in Strahlen, die in perpendicularer Richtung ausströmen, bloß natürliches Licht geben: während die Lichtstrahlen, welche unter sehr kleinen Winkeln von den Rändern zu unserem Auge gelangen, polarisirt sind. Wurde nun dasselbe optische Werkzeug, durch welches man beide Lichtarten scharf von einander unterscheidet, das Polariscop, auf Gasflammen angewendet; so war keine Polarisation zu entdecken, sollten auch die Lichtstrahlen unter noch so kleinen Winkeln emaniren. Wenn gleich selbst in den gasförmigen Körpern das Licht im Inneren erzeugt wird, so scheint doch bei der so geringen Dichtigkeit der Gas-Schichten weder der längere Weg die sehr obliquen Lichtstrahlen an Zahl und Stärke zu schwächen, noch der Austritt an der Oberfläche, der Uebergang in ein anderes Medium, Polarisation durch Refraction zu erzeugen. Da nun die Sonne ebenfalls keine Spur von Polarisation zeigt, wenn man das Licht, welches in sehr obliquer Richtung unter bedeutend kleinen Winkeln von den Rändern ausströmt, im Polariscop untersucht; so folgt aus dieser wichtigen Vergleichung, daß das, was in der Sonne leuchtet, nicht aus dem festen Sonnenkörper, nicht aus etwas tropfbar-flüssigem, sondern aus einer gasförmigen selbstleuchtenden Umhüllung kommt. Wir haben hier eine materielle physische Analyse der Photosphäre. Dasselbe Instrument hat aber auch zu dem Schlusse geführt, daß die Intensität des Lichtes in dem Centrum der Sonnenscheibe nicht größer als die der Ränder ist. Wenn die zwei complementaren Farbenbilder der Sonne, das rothe und blaue, so über einander geschoben werden, daß der Rand des einen Bildes auf das Centrum des anderen fällt, so entsteht ein vollkommenes Weiß. Wäre die Intensität des Lichts in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/400
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/400>, abgerufen am 23.11.2024.