Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.und Gefühlswelt reflectirte äußere Natur, berührt. Ich habe mich in diesem Theile vorzugsweise begnügt bei den Gegenständen zu verweilen, welche in mir der Richtung lang genährter Studien näher liegen: bei den Aeußerungen des mehr oder minder lebhaften Naturgefühls im classischen Alterthum und in der neueren Zeit; bei den Fragmenten dichterischer Naturbeschreibung, auf deren Färbung die Individualität des Volkscharakters und die religiöse, monotheistische Ansicht des Geschaffenen einen so wesentlichen Einfluß ausgeübt haben; bei dem anmuthigen Zauber der Landschaftmalerei; bei der Geschichte der physischen Weltanschauung, d. i. bei der Geschichte der in dem Laufe von zwei Jahrtausenden stufenweise entwickelten Erkenntniß des Weltganzen, der Einheit in den Erscheinungen. Bei einem so vielumfassenden, seinem Zwecke nach zugleich wissenschaftlichen und die Natur lebendig darstellenden Werke darf ein erster, unvollkommener Versuch der Ausführung nur darauf Anspruch machen, daß er mehr durch das wirke, was er anregt, als durch das, was er zu geben vermag. Ein Buch von der Natur, seines erhabenen Titels würdig, wird dann erst erscheinen, wenn die Naturwissenschaften, trotz ihrer ursprünglichen Unvollendbarkeit, durch Fortbildung und Erweiterung einen höheren Standpunkt erreicht haben, und wenn so beide Sphären des einigen Kosmos (die äußere, durch die Sinne wahrnehmbare, wie die innere, reflectirte, geistige Welt) gleichmäßig an lichtvoller Klarheit gewinnen. Ich glaube hiermit hinlänglich die Ursachen berührt zu haben, welche mich bestimmen mußten dem allgemeinen Naturgemälde keine größere Ausdehnung zu geben. Dem und Gefühlswelt reflectirte äußere Natur, berührt. Ich habe mich in diesem Theile vorzugsweise begnügt bei den Gegenständen zu verweilen, welche in mir der Richtung lang genährter Studien näher liegen: bei den Aeußerungen des mehr oder minder lebhaften Naturgefühls im classischen Alterthum und in der neueren Zeit; bei den Fragmenten dichterischer Naturbeschreibung, auf deren Färbung die Individualität des Volkscharakters und die religiöse, monotheistische Ansicht des Geschaffenen einen so wesentlichen Einfluß ausgeübt haben; bei dem anmuthigen Zauber der Landschaftmalerei; bei der Geschichte der physischen Weltanschauung, d. i. bei der Geschichte der in dem Laufe von zwei Jahrtausenden stufenweise entwickelten Erkenntniß des Weltganzen, der Einheit in den Erscheinungen. Bei einem so vielumfassenden, seinem Zwecke nach zugleich wissenschaftlichen und die Natur lebendig darstellenden Werke darf ein erster, unvollkommener Versuch der Ausführung nur darauf Anspruch machen, daß er mehr durch das wirke, was er anregt, als durch das, was er zu geben vermag. Ein Buch von der Natur, seines erhabenen Titels würdig, wird dann erst erscheinen, wenn die Naturwissenschaften, trotz ihrer ursprünglichen Unvollendbarkeit, durch Fortbildung und Erweiterung einen höheren Standpunkt erreicht haben, und wenn so beide Sphären des einigen Kosmos (die äußere, durch die Sinne wahrnehmbare, wie die innere, reflectirte, geistige Welt) gleichmäßig an lichtvoller Klarheit gewinnen. Ich glaube hiermit hinlänglich die Ursachen berührt zu haben, welche mich bestimmen mußten dem allgemeinen Naturgemälde keine größere Ausdehnung zu geben. Dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0013" n="8"/> und Gefühlswelt reflectirte äußere Natur, berührt. Ich habe mich in diesem Theile vorzugsweise begnügt bei den Gegenständen zu verweilen, welche in mir der Richtung lang genährter Studien näher liegen: bei den Aeußerungen des mehr oder minder lebhaften Naturgefühls im classischen Alterthum und in der neueren Zeit; bei den Fragmenten dichterischer Naturbeschreibung, auf deren Färbung die Individualität des Volkscharakters und die religiöse, <hi rendition="#g">monotheistische</hi> Ansicht des <hi rendition="#g">Geschaffenen</hi> einen so wesentlichen Einfluß ausgeübt haben; bei dem anmuthigen Zauber der Landschaftmalerei; bei der Geschichte der physischen Weltanschauung, d. i. bei der Geschichte der in dem Laufe von zwei Jahrtausenden stufenweise entwickelten <hi rendition="#g">Erkenntniß des Weltganzen,</hi> der Einheit in den Erscheinungen.</p> <p>Bei einem so vielumfassenden, seinem Zwecke nach zugleich wissenschaftlichen und die Natur lebendig darstellenden Werke darf ein erster, unvollkommener Versuch der Ausführung nur darauf Anspruch machen, daß er mehr durch das wirke, was er <hi rendition="#g">anregt,</hi> als durch das, was er zu <hi rendition="#g">geben</hi> vermag. 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und Gefühlswelt reflectirte äußere Natur, berührt. Ich habe mich in diesem Theile vorzugsweise begnügt bei den Gegenständen zu verweilen, welche in mir der Richtung lang genährter Studien näher liegen: bei den Aeußerungen des mehr oder minder lebhaften Naturgefühls im classischen Alterthum und in der neueren Zeit; bei den Fragmenten dichterischer Naturbeschreibung, auf deren Färbung die Individualität des Volkscharakters und die religiöse, monotheistische Ansicht des Geschaffenen einen so wesentlichen Einfluß ausgeübt haben; bei dem anmuthigen Zauber der Landschaftmalerei; bei der Geschichte der physischen Weltanschauung, d. i. bei der Geschichte der in dem Laufe von zwei Jahrtausenden stufenweise entwickelten Erkenntniß des Weltganzen, der Einheit in den Erscheinungen.
Bei einem so vielumfassenden, seinem Zwecke nach zugleich wissenschaftlichen und die Natur lebendig darstellenden Werke darf ein erster, unvollkommener Versuch der Ausführung nur darauf Anspruch machen, daß er mehr durch das wirke, was er anregt, als durch das, was er zu geben vermag. Ein Buch von der Natur, seines erhabenen Titels würdig, wird dann erst erscheinen, wenn die Naturwissenschaften, trotz ihrer ursprünglichen Unvollendbarkeit, durch Fortbildung und Erweiterung einen höheren Standpunkt erreicht haben, und wenn so beide Sphären des einigen Kosmos (die äußere, durch die Sinne wahrnehmbare, wie die innere, reflectirte, geistige Welt) gleichmäßig an lichtvoller Klarheit gewinnen.
Ich glaube hiermit hinlänglich die Ursachen berührt zu haben, welche mich bestimmen mußten dem allgemeinen Naturgemälde keine größere Ausdehnung zu geben. Dem
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