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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.

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von Süd-Italien und Griechenland gegen die Tropenwelt zu. Ungleich ist der Teppich gewebt, den die blüthenreiche Flora über den nackten Erdkörper ausbreitet: dichter, wo die Sonne höher an dem dunkel-reinen oder von lichtem Gewölk umflorten Himmel emporsteigt; lockerer gegen den trüben Norden hin, wo der wiederkehrende Frost bald die entwickelte Knospe tödtet, bald die reifende Frucht erhascht. Wenn in der kalten Zone die Baumrinde mit dürren Flechten oder mit Laubmoosen bedeckt ist, so beleben, in der Zone der Palmen und der feingefiederten baumartigen Farren, Cymbidium und duftende Vanille den Stamm der Anacardien und riesenmäßiger Ficus-Arten. Das frische Grün der Dracontien und der tief eingeschnittenen Pothosblätter contrastirt mit den vielfarbigen Blüthen der Orchideen; rankende Bauhinien, Passifloren und gelbblühende Banisterien umschlingen, weit und hoch durch die Lüfte steigend, den Stamm der Waldbäume; zarte Blumen entfalten sich aus den Wurzeln der Theobromen wie aus der dichten und rauhen Rinde der Crescentien und der Gustavia. Bei dieser Fülle von Blüthen und Blättern, bei diesem üppigen Wuchse und der Verwirrung rankender Gewächse wird es oft dem Naturforscher schwer zu erkennen, welchem Stamme Blüthen und Blätter zugehören; ja ein einzelner Baum, mit Paullinien, Bignonien und Dendrobium geschmückt, bietet eine Fülle von Pflanzen dar, die, von einander getrennt, einen beträchtlichen Flächenraum bedecken würden.

Aber jedem Erdstrich sind eigene Schönheiten vorbehalten: den Tropen Mannigfaltigkeit und erhabene Größe der Pflanzengestalten, dem Norden der Anblick der Wiesen

von Süd-Italien und Griechenland gegen die Tropenwelt zu. Ungleich ist der Teppich gewebt, den die blüthenreiche Flora über den nackten Erdkörper ausbreitet: dichter, wo die Sonne höher an dem dunkel-reinen oder von lichtem Gewölk umflorten Himmel emporsteigt; lockerer gegen den trüben Norden hin, wo der wiederkehrende Frost bald die entwickelte Knospe tödtet, bald die reifende Frucht erhascht. Wenn in der kalten Zone die Baumrinde mit dürren Flechten oder mit Laubmoosen bedeckt ist, so beleben, in der Zone der Palmen und der feingefiederten baumartigen Farren, Cymbidium und duftende Vanille den Stamm der Anacardien und riesenmäßiger Ficus-Arten. Das frische Grün der Dracontien und der tief eingeschnittenen Pothosblätter contrastirt mit den vielfarbigen Blüthen der Orchideen; rankende Bauhinien, Passifloren und gelbblühende Banisterien umschlingen, weit und hoch durch die Lüfte steigend, den Stamm der Waldbäume; zarte Blumen entfalten sich aus den Wurzeln der Theobromen wie aus der dichten und rauhen Rinde der Crescentien und der Gustavia. Bei dieser Fülle von Blüthen und Blättern, bei diesem üppigen Wuchse und der Verwirrung rankender Gewächse wird es oft dem Naturforscher schwer zu erkennen, welchem Stamme Blüthen und Blätter zugehören; ja ein einzelner Baum, mit Paullinien, Bignonien und Dendrobium geschmückt, bietet eine Fülle von Pflanzen dar, die, von einander getrennt, einen beträchtlichen Flächenraum bedecken würden.

Aber jedem Erdstrich sind eigene Schönheiten vorbehalten: den Tropen Mannigfaltigkeit und erhabene Größe der Pflanzengestalten, dem Norden der Anblick der Wiesen

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von Süd-Italien und Griechenland gegen die Tropenwelt zu. Ungleich ist der Teppich gewebt, den die blüthenreiche Flora über den nackten Erdkörper ausbreitet: dichter, wo die Sonne höher an dem dunkel-reinen oder von lichtem Gewölk umflorten Himmel emporsteigt; lockerer gegen den trüben Norden hin, wo der wiederkehrende Frost bald die entwickelte Knospe tödtet, bald die reifende Frucht erhascht. Wenn in der kalten Zone die Baumrinde mit dürren Flechten oder mit Laubmoosen bedeckt ist, so beleben, in der Zone der Palmen und der feingefiederten baumartigen Farren, Cymbidium und duftende Vanille den Stamm der Anacardien und riesenmäßiger Ficus-Arten. Das frische Grün der Dracontien und der tief eingeschnittenen Pothosblätter contrastirt mit den vielfarbigen Blüthen der Orchideen; rankende Bauhinien, Passifloren und gelbblühende Banisterien umschlingen, weit und hoch durch die Lüfte steigend, den Stamm der Waldbäume; zarte Blumen entfalten sich aus den Wurzeln der Theobromen wie aus der dichten und rauhen Rinde der Crescentien und der Gustavia. Bei dieser Fülle von Blüthen und Blättern, bei diesem üppigen Wuchse und der Verwirrung rankender Gewächse wird es oft dem Naturforscher schwer zu erkennen, welchem Stamme Blüthen und Blätter zugehören; ja ein einzelner Baum, mit Paullinien, Bignonien und Dendrobium geschmückt, bietet eine Fülle von Pflanzen dar, die, von einander getrennt, einen beträchtlichen Flächenraum bedecken würden.</p>
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[91/0096] von Süd-Italien und Griechenland gegen die Tropenwelt zu. Ungleich ist der Teppich gewebt, den die blüthenreiche Flora über den nackten Erdkörper ausbreitet: dichter, wo die Sonne höher an dem dunkel-reinen oder von lichtem Gewölk umflorten Himmel emporsteigt; lockerer gegen den trüben Norden hin, wo der wiederkehrende Frost bald die entwickelte Knospe tödtet, bald die reifende Frucht erhascht. Wenn in der kalten Zone die Baumrinde mit dürren Flechten oder mit Laubmoosen bedeckt ist, so beleben, in der Zone der Palmen und der feingefiederten baumartigen Farren, Cymbidium und duftende Vanille den Stamm der Anacardien und riesenmäßiger Ficus-Arten. Das frische Grün der Dracontien und der tief eingeschnittenen Pothosblätter contrastirt mit den vielfarbigen Blüthen der Orchideen; rankende Bauhinien, Passifloren und gelbblühende Banisterien umschlingen, weit und hoch durch die Lüfte steigend, den Stamm der Waldbäume; zarte Blumen entfalten sich aus den Wurzeln der Theobromen wie aus der dichten und rauhen Rinde der Crescentien und der Gustavia. Bei dieser Fülle von Blüthen und Blättern, bei diesem üppigen Wuchse und der Verwirrung rankender Gewächse wird es oft dem Naturforscher schwer zu erkennen, welchem Stamme Blüthen und Blätter zugehören; ja ein einzelner Baum, mit Paullinien, Bignonien und Dendrobium geschmückt, bietet eine Fülle von Pflanzen dar, die, von einander getrennt, einen beträchtlichen Flächenraum bedecken würden. Aber jedem Erdstrich sind eigene Schönheiten vorbehalten: den Tropen Mannigfaltigkeit und erhabene Größe der Pflanzengestalten, dem Norden der Anblick der Wiesen

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/96>, abgerufen am 23.11.2024.