Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.das Land des heiligen Kreuzes (Brasilien) und die Küsten werden genannt, die Magelhan entdeckte, "durch die That, aber nicht durch die Treue ein Sohn Lusitaniens". Wenn ich vorher den Camoens vorzugsweise als Seemaler rühmte, so war es um anzudeuten, daß das Erdeleben ihn minder lebhaft angezogen hat. Schon Sismondi bemerkt mit Recht, daß das ganze Gedicht keine Spur von etwas Anschaulichem über die tropische Vegetation und ihre physiognomische Gestaltung enthält. Nur die Arome und nützlichen Handelsproducte werden bezeichnet. Die Episode der Zauberinsel95 bietet freilich das reizendste Gemälde einer Landschaft dar; aber die Pflanzendecke ist gebildet, wie eine Ilha de Venus es erfordert, von "Myrten, dem Citrusbaume, duftenden Limonen und Granaten", alle dem Klima des südlichen Europa angeeignet. Bei dem größten der damaligen Seefahrer, Christoph Columbus, finden wir mehr Freude an den Küstenwäldern, mehr Aufmerksamkeit auf die Formen des Gewächsreiches; aber Columbus schreibt ein Reisejournal und verzeichnet in diesem die lebendigen Eindrücke jedes Tages, während das Epos des Camoens die Großthaten der Portugiesen verherrlicht. Pflanzennamen den Sprachen der Eingebornen zu entlehnen und sie in die Beschreibung einer Landschaft einzuflechten, in der, wie vor einem Hintergrund, die Handelnden sich bewegen, konnte den an harmonische Klänge gewöhnten Dichter wenig reizen. Neben der ritterlichen Gestalt des Camoens hat man oft die eben so romantische eines spanischen Kriegers aufgestellt, der unter dem großen Kaiser in Peru und Chili diente und unter jenen fernen Himmelsstrichen die Thaten das Land des heiligen Kreuzes (Brasilien) und die Küsten werden genannt, die Magelhan entdeckte, „durch die That, aber nicht durch die Treue ein Sohn Lusitaniens". Wenn ich vorher den Camoens vorzugsweise als Seemaler rühmte, so war es um anzudeuten, daß das Erdeleben ihn minder lebhaft angezogen hat. Schon Sismondi bemerkt mit Recht, daß das ganze Gedicht keine Spur von etwas Anschaulichem über die tropische Vegetation und ihre physiognomische Gestaltung enthält. Nur die Arome und nützlichen Handelsproducte werden bezeichnet. Die Episode der Zauberinsel95 bietet freilich das reizendste Gemälde einer Landschaft dar; aber die Pflanzendecke ist gebildet, wie eine Ilha de Venus es erfordert, von „Myrten, dem Citrusbaume, duftenden Limonen und Granaten", alle dem Klima des südlichen Europa angeeignet. Bei dem größten der damaligen Seefahrer, Christoph Columbus, finden wir mehr Freude an den Küstenwäldern, mehr Aufmerksamkeit auf die Formen des Gewächsreiches; aber Columbus schreibt ein Reisejournal und verzeichnet in diesem die lebendigen Eindrücke jedes Tages, während das Epos des Camoens die Großthaten der Portugiesen verherrlicht. Pflanzennamen den Sprachen der Eingebornen zu entlehnen und sie in die Beschreibung einer Landschaft einzuflechten, in der, wie vor einem Hintergrund, die Handelnden sich bewegen, konnte den an harmonische Klänge gewöhnten Dichter wenig reizen. Neben der ritterlichen Gestalt des Camoens hat man oft die eben so romantische eines spanischen Kriegers aufgestellt, der unter dem großen Kaiser in Peru und Chili diente und unter jenen fernen Himmelsstrichen die Thaten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0066" n="61"/> das <hi rendition="#g">Land des heiligen Kreuzes</hi> (Brasilien) und die Küsten werden genannt, die Magelhan entdeckte, „durch die That, aber nicht durch die Treue ein Sohn Lusitaniens".</p> <p>Wenn ich vorher den Camoens vorzugsweise als Seemaler rühmte, so war es um anzudeuten, daß das Erdeleben ihn minder lebhaft angezogen hat. Schon Sismondi bemerkt mit Recht, daß das ganze Gedicht keine Spur von etwas Anschaulichem über die tropische Vegetation und ihre physiognomische Gestaltung enthält. Nur die Arome und nützlichen Handelsproducte werden bezeichnet. Die Episode der Zauberinsel<note xml:id="ftn94" next="#ftn94-text" place="end" n="95"/> bietet freilich das reizendste Gemälde einer Landschaft dar; aber die Pflanzendecke ist gebildet, wie eine Ilha de Venus es erfordert, von „Myrten, dem Citrusbaume, duftenden Limonen und Granaten", alle dem Klima des südlichen Europa angeeignet. Bei dem größten der damaligen Seefahrer, Christoph Columbus, finden wir mehr Freude an den Küstenwäldern, mehr Aufmerksamkeit auf die Formen des Gewächsreiches; aber Columbus schreibt ein Reisejournal und verzeichnet in diesem die lebendigen Eindrücke jedes Tages, während das Epos des Camoens die Großthaten der Portugiesen verherrlicht. Pflanzennamen den Sprachen der Eingebornen zu entlehnen und sie in die Beschreibung einer Landschaft einzuflechten, in der, wie vor einem Hintergrund, die Handelnden sich bewegen, konnte den an harmonische Klänge gewöhnten Dichter wenig reizen.</p> <p>Neben der ritterlichen Gestalt des Camoens hat man oft die eben so romantische eines spanischen Kriegers aufgestellt, der unter dem großen Kaiser in Peru und Chili diente und unter jenen fernen Himmelsstrichen die Thaten </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [61/0066]
das Land des heiligen Kreuzes (Brasilien) und die Küsten werden genannt, die Magelhan entdeckte, „durch die That, aber nicht durch die Treue ein Sohn Lusitaniens".
Wenn ich vorher den Camoens vorzugsweise als Seemaler rühmte, so war es um anzudeuten, daß das Erdeleben ihn minder lebhaft angezogen hat. Schon Sismondi bemerkt mit Recht, daß das ganze Gedicht keine Spur von etwas Anschaulichem über die tropische Vegetation und ihre physiognomische Gestaltung enthält. Nur die Arome und nützlichen Handelsproducte werden bezeichnet. Die Episode der Zauberinsel
⁹⁵
bietet freilich das reizendste Gemälde einer Landschaft dar; aber die Pflanzendecke ist gebildet, wie eine Ilha de Venus es erfordert, von „Myrten, dem Citrusbaume, duftenden Limonen und Granaten", alle dem Klima des südlichen Europa angeeignet. Bei dem größten der damaligen Seefahrer, Christoph Columbus, finden wir mehr Freude an den Küstenwäldern, mehr Aufmerksamkeit auf die Formen des Gewächsreiches; aber Columbus schreibt ein Reisejournal und verzeichnet in diesem die lebendigen Eindrücke jedes Tages, während das Epos des Camoens die Großthaten der Portugiesen verherrlicht. Pflanzennamen den Sprachen der Eingebornen zu entlehnen und sie in die Beschreibung einer Landschaft einzuflechten, in der, wie vor einem Hintergrund, die Handelnden sich bewegen, konnte den an harmonische Klänge gewöhnten Dichter wenig reizen.
Neben der ritterlichen Gestalt des Camoens hat man oft die eben so romantische eines spanischen Kriegers aufgestellt, der unter dem großen Kaiser in Peru und Chili diente und unter jenen fernen Himmelsstrichen die Thaten
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen
(2013-04-18T11:04:31Z)
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |