Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.umfassen, glaubte ich sie nach zweierlei Ansichten, einmal objectiv, als thatsächliche Erscheinung, und dann in den Gefühlen der Menschheit reflectirt, darstellen zu müssen. Nach dem Hinschwinden aramäischer, griechischer und römischer Herrlichkeit, ich könnte sagen nach dem Untergange der alten Welt, zeigt uns der große und begeisterte Schöpfer einer neuen, Dante Alighieri, von Zeit zu Zeit das tiefste Gefühl des irdischen Naturlebens. Er entzieht sich dann den Leidenschaften, wie dem Subjectiven seines weiten Ideenkreises, einer ahndungsschweren Mystik. Die Zeitepoche, in der er lebte, folgt unmittelbar der, in welcher diesseits der Alpen der schwäbische Minnegesang, den wir oben geschildert, zu verhallen anfing. Unnachahmlich malt Dante am Ende des ersten Gesanges des Purgatorio78 den Morgenduft und das zitternde Licht des sanft bewegten fernen Meeresspiegels (il tremolar de la marina); im fünften Gesange den Wolkenbruch und das Anschwellen der Flüsse, wobei nach der Schlacht von Campaldino der Leichnam des Buonconte da Montefeltro in den Arno versank79. Der Eingang in den dichten Hain des irdischen Paradieses erinnert den Dichter an den Pinienwald bei Ravenna, "la pineta in sul lito di Chiassi"80, wo in den Wipfeln der Frühgesang der Vögel erschallt. Mit der örtlichen Wahrheit dieses Naturbildes contrastirt im himmlischen Paradiese der Lichtstrom, aus welchem Funken81 sprühen, "die sich in die Blumen des Ufers senken, aber wie von Düften berauscht zurücktauchen in den Strom, während andere sich erheben". Man möchte glauben, einer solchen Fiction liege die Erinnerung an den eigenthümlichen und seltneren Zustand der Phosphorescenz des Oceans zum Grunde, wo leuchtende umfassen, glaubte ich sie nach zweierlei Ansichten, einmal objectiv, als thatsächliche Erscheinung, und dann in den Gefühlen der Menschheit reflectirt, darstellen zu müssen. Nach dem Hinschwinden aramäischer, griechischer und römischer Herrlichkeit, ich könnte sagen nach dem Untergange der alten Welt, zeigt uns der große und begeisterte Schöpfer einer neuen, Dante Alighieri, von Zeit zu Zeit das tiefste Gefühl des irdischen Naturlebens. Er entzieht sich dann den Leidenschaften, wie dem Subjectiven seines weiten Ideenkreises, einer ahndungsschweren Mystik. Die Zeitepoche, in der er lebte, folgt unmittelbar der, in welcher diesseits der Alpen der schwäbische Minnegesang, den wir oben geschildert, zu verhallen anfing. Unnachahmlich malt Dante am Ende des ersten Gesanges des Purgatorio78 den Morgenduft und das zitternde Licht des sanft bewegten fernen Meeresspiegels (il tremolar de la marina); im fünften Gesange den Wolkenbruch und das Anschwellen der Flüsse, wobei nach der Schlacht von Campaldino der Leichnam des Buonconte da Montefeltro in den Arno versank79. Der Eingang in den dichten Hain des irdischen Paradieses erinnert den Dichter an den Pinienwald bei Ravenna, »la pineta in sul lito di Chiassi«80, wo in den Wipfeln der Frühgesang der Vögel erschallt. Mit der örtlichen Wahrheit dieses Naturbildes contrastirt im himmlischen Paradiese der Lichtstrom, aus welchem Funken81 sprühen, „die sich in die Blumen des Ufers senken, aber wie von Düften berauscht zurücktauchen in den Strom, während andere sich erheben". 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umfassen, glaubte ich sie nach zweierlei Ansichten, einmal objectiv, als thatsächliche Erscheinung, und dann in den Gefühlen der Menschheit reflectirt, darstellen zu müssen.
Nach dem Hinschwinden aramäischer, griechischer und römischer Herrlichkeit, ich könnte sagen nach dem Untergange der alten Welt, zeigt uns der große und begeisterte Schöpfer einer neuen, Dante Alighieri, von Zeit zu Zeit das tiefste Gefühl des irdischen Naturlebens. Er entzieht sich dann den Leidenschaften, wie dem Subjectiven seines weiten Ideenkreises, einer ahndungsschweren Mystik. Die Zeitepoche, in der er lebte, folgt unmittelbar der, in welcher diesseits der Alpen der schwäbische Minnegesang, den wir oben geschildert, zu verhallen anfing. Unnachahmlich malt Dante am Ende des ersten Gesanges des Purgatorio
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den Morgenduft und das zitternde Licht des sanft bewegten fernen Meeresspiegels (il tremolar de la marina); im fünften Gesange den Wolkenbruch und das Anschwellen der Flüsse, wobei nach der Schlacht von Campaldino der Leichnam des Buonconte da Montefeltro in den Arno versank
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. Der Eingang in den dichten Hain des irdischen Paradieses erinnert den Dichter an den Pinienwald bei Ravenna, »la pineta in sul lito di Chiassi«
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, wo in den Wipfeln der Frühgesang der Vögel erschallt. Mit der örtlichen Wahrheit dieses Naturbildes contrastirt im himmlischen Paradiese der Lichtstrom, aus welchem Funken
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sprühen, „die sich in die Blumen des Ufers senken, aber wie von Düften berauscht zurücktauchen in den Strom, während andere sich erheben". Man möchte glauben, einer solchen Fiction liege die Erinnerung an den eigenthümlichen und seltneren Zustand der Phosphorescenz des Oceans zum Grunde, wo leuchtende
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