Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.Werk des Copernicus ist Aristarch zweimal, p. 69,b und 79, ohne alle Beziehung auf sein System genannt. -- Ideler fragt (Wolf's und Buttmann's Museum der Alterthums-Wissenschaft Bd. II. 1808 S. 452), ob Copernicus die Schrift de docta ignorantia des Nicolaus von Cusa gekannt habe. Die erste Pariser Ausgabe der Werke ist allerdings von 1514, und der Ausdruck: jam nobis manifestum est terram in veritate moveri hätte. aus dem Munde eines platonisirenden Cardinals auf den Domherrn von Frauenburg einigen Eindruck machen sollen (Whewell, Philosophy of the inductive Sciences Vol. II. p. 343); aber ein Bruchstück von Cusa's Hand, das durch Clemens ganz neuerlich 1843 in der Bibliothek des Hospitals zu Cues aufgefunden worden ist, beweist genugsam, so wie auch die Schrift de venatione sapientiae cap. 28, daß Cusa sich die Erde nicht um die Sonne, sondern mit dieser zugleich, aber langsamer, "um die immerfort wechselnden Pole der Welt" bewegt dachte. (Clemens in Giordano Bruno und Nicol. von Cusa 1847 S. 97-100.) 34 (S. 350.) S. die gründliche Behandlung dieses Gegenstandes in Martin, Etudes sur Timee T. II. p. 111 (Cosmographie des Egyptiens) und p. 129-133 (antecedents du Systeme de Copernic). Die Behauptung dieses gelehrten Philologen, nach welcher das ursprüngliche System des Pythagoras selbst von dem des Philolaus verschieden ist und die Erde unbewegt in die Mitte gesetzt haben soll, scheint mir nicht ganz überzeugend (T. II. p. 103 und 107). Ueber die auffallende Behauptung Gassendi's von dem tychonischen Systeme des Apollonius von Perga, deren ich oben im Texte Erwähnung gethan, will ich hier mich bestimmter erklären. Es heißt in den Biographien des Gassendi: "Magnam imprimis rationem habuit Copernicus duarum opinionum affinium, quarum unam Martiano Capellae, alteram Apollonio Pergaco attribuit. -- Apollonius Solem delegit, circa quem, ut centrum, non modo Mercurius et Venus, verum etiam Mars, Jupiter, Saturnus suas obirent periodos, dum Sol interim, uti et Luna, circa Terram, ut circa centrum, quod foret Affixarum mundique centrum, moverentur; quae deinceps quoque opinio Tychonis propemodum fuit. Rationem autem magnam harum opinionum Copernicus habuit, quod utraque eximie Mercurii ac Veneris circuitiones repraesentaret, eximicque causam retrogradationum, directionum, Werk des Copernicus ist Aristarch zweimal, p. 69,b und 79, ohne alle Beziehung auf sein System genannt. — Ideler fragt (Wolf's und Buttmann's Museum der Alterthums-Wissenschaft Bd. II. 1808 S. 452), ob Copernicus die Schrift de docta ignorantia des Nicolaus von Cusa gekannt habe. Die erste Pariser Ausgabe der Werke ist allerdings von 1514, und der Ausdruck: jam nobis manifestum est terram in veritate moveri hätte. aus dem Munde eines platonisirenden Cardinals auf den Domherrn von Frauenburg einigen Eindruck machen sollen (Whewell, Philosophy of the inductive Sciences Vol. II. p. 343); aber ein Bruchstück von Cusa's Hand, das durch Clemens ganz neuerlich 1843 in der Bibliothek des Hospitals zu Cues aufgefunden worden ist, beweist genugsam, so wie auch die Schrift de venatione sapientiae cap. 28, daß Cusa sich die Erde nicht um die Sonne, sondern mit dieser zugleich, aber langsamer, „um die immerfort wechselnden Pole der Welt" bewegt dachte. (Clemens in Giordano Bruno und Nicol. von Cusa 1847 S. 97–100.) 34 (S. 350.) S. die gründliche Behandlung dieses Gegenstandes in Martin, Études sur Timée T. II. p. 111 (Cosmographie des Égyptiens) und p. 129–133 (antécédents du Système de Copernic). Die Behauptung dieses gelehrten Philologen, nach welcher das ursprüngliche System des Pythagoras selbst von dem des Philolaus verschieden ist und die Erde unbewegt in die Mitte gesetzt haben soll, scheint mir nicht ganz überzeugend (T. II. p. 103 und 107). Ueber die auffallende Behauptung Gassendi's von dem tychonischen Systeme des Apollonius von Perga, deren ich oben im Texte Erwähnung gethan, will ich hier mich bestimmter erklären. Es heißt in den Biographien des Gassendi: »Magnam imprimis rationem habuit Copernicus duarum opinionum affinium, quarum unam Martiano Capellae, alteram Apollonio Pergaco attribuit. — Apollonius Solem delegit, circa quem, ut centrum, non modo Mercurius et Venus, verum etiam Mars, Jupiter, Saturnus suas obirent periodos, dum Sol interim, uti et Luna, circa Terram, ut circa centrum, quod foret Affixarum mundique centrum, moverentur; quae deinceps quoque opinio Tychonis propemodum fuit. 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Es heißt in den Biographien des Gassendi: »Magnam imprimis rationem habuit Copernicus duarum opinionum affinium, quarum unam Martiano Capellae, alteram Apollonio Pergaco attribuit. — Apollonius Solem delegit, circa quem, ut centrum, non modo Mercurius et Venus, verum etiam Mars, Jupiter, Saturnus suas obirent periodos, dum Sol interim, uti et Luna, circa Terram, ut circa centrum, quod foret Affixarum mundique centrum, moverentur; quae deinceps quoque opinio Tychonis propemodum fuit. Rationem autem magnam harum opinionum Copernicus habuit, quod utraque eximie Mercurii ac Veneris circuitiones repraesentaret, eximicque causam retrogradationum, directionum, </note> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [503/0508]
³³ Werk des Copernicus ist Aristarch zweimal, p. 69,b und 79, ohne alle Beziehung auf sein System genannt. — Ideler fragt (Wolf's und Buttmann's Museum der Alterthums-Wissenschaft Bd. II. 1808 S. 452), ob Copernicus die Schrift de docta ignorantia des Nicolaus von Cusa gekannt habe. Die erste Pariser Ausgabe der Werke ist allerdings von 1514, und der Ausdruck: jam nobis manifestum est terram in veritate moveri hätte. aus dem Munde eines platonisirenden Cardinals auf den Domherrn von Frauenburg einigen Eindruck machen sollen (Whewell, Philosophy of the inductive Sciences Vol. II. p. 343); aber ein Bruchstück von Cusa's Hand, das durch Clemens ganz neuerlich 1843 in der Bibliothek des Hospitals zu Cues aufgefunden worden ist, beweist genugsam, so wie auch die Schrift de venatione sapientiae cap. 28, daß Cusa sich die Erde nicht um die Sonne, sondern mit dieser zugleich, aber langsamer, „um die immerfort wechselnden Pole der Welt" bewegt dachte. (Clemens in Giordano Bruno und Nicol. von Cusa 1847 S. 97–100.)
³⁴ (S. 350.) S. die gründliche Behandlung dieses Gegenstandes in Martin, Études sur Timée T. II. p. 111 (Cosmographie des Égyptiens) und p. 129–133 (antécédents du Système de Copernic). Die Behauptung dieses gelehrten Philologen, nach welcher das ursprüngliche System des Pythagoras selbst von dem des Philolaus verschieden ist und die Erde unbewegt in die Mitte gesetzt haben soll, scheint mir nicht ganz überzeugend (T. II. p. 103 und 107). Ueber die auffallende Behauptung Gassendi's von dem tychonischen Systeme des Apollonius von Perga, deren ich oben im Texte Erwähnung gethan, will ich hier mich bestimmter erklären. Es heißt in den Biographien des Gassendi: »Magnam imprimis rationem habuit Copernicus duarum opinionum affinium, quarum unam Martiano Capellae, alteram Apollonio Pergaco attribuit. — Apollonius Solem delegit, circa quem, ut centrum, non modo Mercurius et Venus, verum etiam Mars, Jupiter, Saturnus suas obirent periodos, dum Sol interim, uti et Luna, circa Terram, ut circa centrum, quod foret Affixarum mundique centrum, moverentur; quae deinceps quoque opinio Tychonis propemodum fuit. Rationem autem magnam harum opinionum Copernicus habuit, quod utraque eximie Mercurii ac Veneris circuitiones repraesentaret, eximicque causam retrogradationum, directionum,
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