Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.Bleies wahrgenommen und sie, ganz im Sinne der Mythe vom Phlogiston, einer entweichenden leichtmachenden "himmlischen Feuermaterie" zugeschrieben; aber erst achtzig Jahre später sprach Jean Rey, ein überaus geschickter Experimentator zu Bergerac, der mit größerer Genauigkeit die Gewichtszunahme der Metallkalke des Bleies, des Zinnes und des Antimons erforscht hatte, das wichtige Resultat aus, die Gewichtszunahme sei dem Zutritt der Luft an den Metallkalk zuzuschreiben. "Je responds et soustiens glorieusement, sagte er90, que ce surcroeit de poids vient de l'air qui dans le vase a este espessi." Man war nun auf den Weg gerathen, der zur Chemie unserer Tage und durch sie zur Kenntniß eines großen kosmischen Phänomens, des Verkehrs zwischen dem Sauerstoff der Atmosphäre und dem Pflanzenleben, führen sollte. Die Gedankenverbindung aber, die sich ausgezeichneten Männern darbot, war zunächst von sonderbar complicirter Natur. Gegen das Ende des 17ten Jahrhunderts trat, dunkel bei Hooke in seiner Micrographia (1665), ausgebildeter bei Mayow (1669) und bei Willis (1671), ein Glaube an salpetrige Partikeln (spiritus nitro-aereus, pabulum nitrosum) auf, welche mit den im Salpeter fixirten identisch, in der Luft enthalten und das Bedingende in den Verbrennungs-Processen sein sollten. "Es wurde behauptet, das Erlöschen der Flamme im geschlossenen Raume finde nicht deshalb statt, weil die vorhandene Luft mit Dämpfen aus dem brennenden Körper übersättigt werde, sondern das Erlöschen sei eine Folge der gänzlichen Absorption des ursprünglich in der Luft enthaltenen salpetrigen spiritus nitroaereus." Das plötzliche Beleben der Gluth, wenn schmelzender Bleies wahrgenommen und sie, ganz im Sinne der Mythe vom Phlogiston, einer entweichenden leichtmachenden „himmlischen Feuermaterie" zugeschrieben; aber erst achtzig Jahre später sprach Jean Rey, ein überaus geschickter Experimentator zu Bergerac, der mit größerer Genauigkeit die Gewichtszunahme der Metallkalke des Bleies, des Zinnes und des Antimons erforscht hatte, das wichtige Resultat aus, die Gewichtszunahme sei dem Zutritt der Luft an den Metallkalk zuzuschreiben. »Je responds et soustiens glorieusement, sagte er90, que ce surcroît de poids vient de l'air qui dans le vase a esté espessi.« Man war nun auf den Weg gerathen, der zur Chemie unserer Tage und durch sie zur Kenntniß eines großen kosmischen Phänomens, des Verkehrs zwischen dem Sauerstoff der Atmosphäre und dem Pflanzenleben, führen sollte. Die Gedankenverbindung aber, die sich ausgezeichneten Männern darbot, war zunächst von sonderbar complicirter Natur. Gegen das Ende des 17ten Jahrhunderts trat, dunkel bei Hooke in seiner Micrographia (1665), ausgebildeter bei Mayow (1669) und bei Willis (1671), ein Glaube an salpetrige Partikeln (spiritus nitro-aëreus, pabulum nitrosum) auf, welche mit den im Salpeter fixirten identisch, in der Luft enthalten und das Bedingende in den Verbrennungs-Processen sein sollten. „Es wurde behauptet, das Erlöschen der Flamme im geschlossenen Raume finde nicht deshalb statt, weil die vorhandene Luft mit Dämpfen aus dem brennenden Körper übersättigt werde, sondern das Erlöschen sei eine Folge der gänzlichen Absorption des ursprünglich in der Luft enthaltenen salpetrigen spiritus nitroaëreus.« Das plötzliche Beleben der Gluth, wenn schmelzender <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0391" n="386"/> Bleies wahrgenommen und sie, ganz im Sinne der Mythe vom Phlogiston, einer entweichenden leichtmachenden „himmlischen Feuermaterie" zugeschrieben; aber erst achtzig Jahre später sprach Jean Rey, ein überaus geschickter Experimentator zu Bergerac, der mit größerer Genauigkeit die Gewichtszunahme der Metallkalke des Bleies, des Zinnes und des Antimons erforscht hatte, das wichtige Resultat aus, die Gewichtszunahme sei dem Zutritt der Luft an den Metallkalk zuzuschreiben. »Je responds et soustiens glorieusement, sagte er<note xml:id="ftn529" next="#ftn529-text" place="end" n="90"/>, que ce surcroît de poids vient de l'air qui dans le vase a esté espessi.«</p> <p>Man war nun auf den Weg gerathen, der zur Chemie unserer Tage und durch sie zur Kenntniß eines großen kosmischen Phänomens, des Verkehrs zwischen dem Sauerstoff der Atmosphäre und dem Pflanzenleben, führen sollte. Die Gedankenverbindung aber, die sich ausgezeichneten Männern darbot, war zunächst von sonderbar complicirter Natur. Gegen das Ende des 17ten Jahrhunderts trat, dunkel bei Hooke in seiner <hi rendition="#g">Micrographia</hi> (1665), ausgebildeter bei Mayow (1669) und bei Willis (1671), ein Glaube an salpetrige Partikeln (spiritus nitro-aëreus, pabulum nitrosum) auf, welche mit den im Salpeter fixirten identisch, in der Luft enthalten und das Bedingende in den Verbrennungs-Processen sein sollten. „Es wurde behauptet, das Erlöschen der Flamme im geschlossenen Raume finde nicht deshalb statt, weil die vorhandene Luft mit Dämpfen aus dem brennenden Körper übersättigt werde, sondern das Erlöschen sei eine Folge der gänzlichen Absorption des ursprünglich in der Luft enthaltenen salpetrigen spiritus nitroaëreus.« Das plötzliche Beleben der Gluth, wenn schmelzender </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [386/0391]
Bleies wahrgenommen und sie, ganz im Sinne der Mythe vom Phlogiston, einer entweichenden leichtmachenden „himmlischen Feuermaterie" zugeschrieben; aber erst achtzig Jahre später sprach Jean Rey, ein überaus geschickter Experimentator zu Bergerac, der mit größerer Genauigkeit die Gewichtszunahme der Metallkalke des Bleies, des Zinnes und des Antimons erforscht hatte, das wichtige Resultat aus, die Gewichtszunahme sei dem Zutritt der Luft an den Metallkalk zuzuschreiben. »Je responds et soustiens glorieusement, sagte er
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Man war nun auf den Weg gerathen, der zur Chemie unserer Tage und durch sie zur Kenntniß eines großen kosmischen Phänomens, des Verkehrs zwischen dem Sauerstoff der Atmosphäre und dem Pflanzenleben, führen sollte. Die Gedankenverbindung aber, die sich ausgezeichneten Männern darbot, war zunächst von sonderbar complicirter Natur. Gegen das Ende des 17ten Jahrhunderts trat, dunkel bei Hooke in seiner Micrographia (1665), ausgebildeter bei Mayow (1669) und bei Willis (1671), ein Glaube an salpetrige Partikeln (spiritus nitro-aëreus, pabulum nitrosum) auf, welche mit den im Salpeter fixirten identisch, in der Luft enthalten und das Bedingende in den Verbrennungs-Processen sein sollten. „Es wurde behauptet, das Erlöschen der Flamme im geschlossenen Raume finde nicht deshalb statt, weil die vorhandene Luft mit Dämpfen aus dem brennenden Körper übersättigt werde, sondern das Erlöschen sei eine Folge der gänzlichen Absorption des ursprünglich in der Luft enthaltenen salpetrigen spiritus nitroaëreus.« Das plötzliche Beleben der Gluth, wenn schmelzender
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