Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.Fernrohr aufgefundenen Nebenplaneten, wurden, wie es scheint, fast zugleich, und ganz unabhängigerweise, am 29 December 1609 von Simon Marius zu Ansbach und am 7 Januar 1610 von Galilei zu Padua entdeckt. In der Publication dieser Entdeckung kam Galilei durch den Nuncius Sidereus (1610) dem Mundus Jovialis (1614) des Simon Marius zuvor.44 Dieser hatte den Jupiterstrabanten den Namen Sidera Brandenburgica zugedacht; Galilei schlug die Namen Sidera Cosmica oder Medicea vor, von denen in Florenz der letztere am Hofe mehr Beifall fand. Die collectiven Namen genügten aber nicht dem schmeichlerischen Sinne. Statt die Monde, wie wir jetzt thun, durch Zahlen zu bezeichnen, nannte sie Marius: Jo, Europa, Ganymed und Callisto; durch Galilei's Nomenclatur traten an die Stelle dieser mythologischen Wesen die Familiennamen des mediceischen Herrscherhauses: Catharina, Maria, Cosimo der ältere und Cosimo der jüngere. Die Bekanntschaft mit dem Satelliten-System des Jupiter und die mit den Phasen der Venus haben den wesentlichsten Einfluß auf die Befestigung und Verbreitung des copernicanischen Systemes gehabt. Die kleine Jupiterswelt (Mundus Jovialis) bot dem geistigen Blicke ein vollkommenes Bild des großen Planeten- und Sonnensystems dar. Man erkannte, daß die Nebenplaneten den von Kepler entdeckten Gesetzen gehorchen; am frühesten, daß die Quadrate der Umlaufszeiten sich verhalten wie die Würfel der mittleren Entfernungen der Satelliten vom Hauptplaneten. Deshalb ruft Kepler, in der Harmonice Mundi, in dem festen Vertrauen und der Sicherheit, welche "einem deutschen Manne" die philosophische Freimüthigkeit einflößt, den Stimm- Fernrohr aufgefundenen Nebenplaneten, wurden, wie es scheint, fast zugleich, und ganz unabhängigerweise, am 29 December 1609 von Simon Marius zu Ansbach und am 7 Januar 1610 von Galilei zu Padua entdeckt. In der Publication dieser Entdeckung kam Galilei durch den Nuncius Sidereus (1610) dem Mundus Jovialis (1614) des Simon Marius zuvor.44 Dieser hatte den Jupiterstrabanten den Namen Sidera Brandenburgica zugedacht; Galilei schlug die Namen Sidera Cosmica oder Medicea vor, von denen in Florenz der letztere am Hofe mehr Beifall fand. Die collectiven Namen genügten aber nicht dem schmeichlerischen Sinne. Statt die Monde, wie wir jetzt thun, durch Zahlen zu bezeichnen, nannte sie Marius: Jo, Europa, Ganymed und Callisto; durch Galilei's Nomenclatur traten an die Stelle dieser mythologischen Wesen die Familiennamen des mediceischen Herrscherhauses: Catharina, Maria, Cosimo der ältere und Cosimo der jüngere. Die Bekanntschaft mit dem Satelliten-System des Jupiter und die mit den Phasen der Venus haben den wesentlichsten Einfluß auf die Befestigung und Verbreitung des copernicanischen Systemes gehabt. Die kleine Jupiterswelt (Mundus Jovialis) bot dem geistigen Blicke ein vollkommenes Bild des großen Planeten- und Sonnensystems dar. Man erkannte, daß die Nebenplaneten den von Kepler entdeckten Gesetzen gehorchen; am frühesten, daß die Quadrate der Umlaufszeiten sich verhalten wie die Würfel der mittleren Entfernungen der Satelliten vom Hauptplaneten. 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Die collectiven Namen genügten aber nicht dem schmeichlerischen Sinne. Statt die Monde, wie wir jetzt thun, durch Zahlen zu bezeichnen, nannte sie Marius: Jo, Europa, Ganymed und Callisto; durch Galilei's Nomenclatur traten an die Stelle dieser mythologischen Wesen die Familiennamen des mediceischen Herrscherhauses: Catharina, Maria, Cosimo der ältere und Cosimo der jüngere.</p> <p>Die Bekanntschaft mit dem Satelliten-System des Jupiter und die mit den Phasen der Venus haben den wesentlichsten Einfluß auf die Befestigung und Verbreitung des copernicanischen Systemes gehabt. Die kleine <hi rendition="#g">Jupiterswelt</hi> (Mundus Jovialis) bot dem geistigen Blicke ein vollkommenes Bild des großen Planeten- und Sonnensystems dar. Man erkannte, daß die Nebenplaneten den von Kepler entdeckten Gesetzen gehorchen; am frühesten, daß die Quadrate der Umlaufszeiten sich verhalten wie die Würfel der mittleren Entfernungen der Satelliten vom Hauptplaneten. 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Fernrohr aufgefundenen Nebenplaneten, wurden, wie es scheint, fast zugleich, und ganz unabhängigerweise, am 29 December 1609 von Simon Marius zu Ansbach und am 7 Januar 1610 von Galilei zu Padua entdeckt. In der Publication dieser Entdeckung kam Galilei durch den Nuncius Sidereus (1610) dem Mundus Jovialis (1614) des Simon Marius zuvor.
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Dieser hatte den Jupiterstrabanten den Namen Sidera Brandenburgica zugedacht; Galilei schlug die Namen Sidera Cosmica oder Medicea vor, von denen in Florenz der letztere am Hofe mehr Beifall fand. Die collectiven Namen genügten aber nicht dem schmeichlerischen Sinne. Statt die Monde, wie wir jetzt thun, durch Zahlen zu bezeichnen, nannte sie Marius: Jo, Europa, Ganymed und Callisto; durch Galilei's Nomenclatur traten an die Stelle dieser mythologischen Wesen die Familiennamen des mediceischen Herrscherhauses: Catharina, Maria, Cosimo der ältere und Cosimo der jüngere.
Die Bekanntschaft mit dem Satelliten-System des Jupiter und die mit den Phasen der Venus haben den wesentlichsten Einfluß auf die Befestigung und Verbreitung des copernicanischen Systemes gehabt. Die kleine Jupiterswelt (Mundus Jovialis) bot dem geistigen Blicke ein vollkommenes Bild des großen Planeten- und Sonnensystems dar. Man erkannte, daß die Nebenplaneten den von Kepler entdeckten Gesetzen gehorchen; am frühesten, daß die Quadrate der Umlaufszeiten sich verhalten wie die Würfel der mittleren Entfernungen der Satelliten vom Hauptplaneten. Deshalb ruft Kepler, in der Harmonice Mundi, in dem festen Vertrauen und der Sicherheit, welche „einem deutschen Manne" die philosophische Freimüthigkeit einflößt, den Stimm-
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