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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.

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War im ganzen das freie Hirtenleben das herrschende im Hedschaz, war es das Leben einer großen und kräftigen Volkszahl, so wurden doch auch dort die Städte Medina und Mekka (letztere mit ihrem uralten räthselhaften Tempelheiligthum, der Kaaba) als ansehnliche, von fremden Nationen besuchte Orte bezeichnet. In Gegenden, welche den Küsten oder den Caravanenstraßen, die wie Flußthäler wirken, nahe lagen, herrschte wohl nirgends die völlige rohe Wildheit, welche die Abgeschlossenheit erzeugt. Schon Gibbon85, der die menschlichen Zustände immer so klar auffaßt, erinnert daran, wie in der arabischen Halbinsel das Nomadenleben sich wesentlich von dem unterscheidet, welches Herodot und Hippocrates in dem sogenannten Scythenlande beschreiben: weil in diesem kein Theil des Hirtenvolkes sich je in Städten angesiedelt hat, während auf der großen arabischen Halbinsel das Landvolk noch jetzt mit den Städtebewohnern verkehrt, die es von gleicher ursprünglicher Abkunft mit sich selbst hält. In der Kirghisensteppe, einem Theile der Ebenen, welche die alten Scythen (Scoloten und Sacer) bewohnten, hat es auf einem Raume, der an Flächeninhalt Deutschland übertrifft86, seit Jahrtausenden nie eine Stadt gegeben; und doch überstieg, zur Zeit meiner sibirischen Reise, die Zahl der Zelte (Yurten oder Kibitken) in den drei Wanderhorden noch 400,000: was ein Nomadenvolk von zwei Millionen andeutet. Wie sehr solche Contraste der größeren oder minderen Abgeschlossenheit des Hirtenlebens (selbst wenn man gleiche innere Anlagen voraussetzen will) auf die geistige Bildsamkeit wirken, bedarf hier keiner umständlicheren Entwickelung.

Bei dem edeln, von der Natur begünstigten Stamme

War im ganzen das freie Hirtenleben das herrschende im Hedschaz, war es das Leben einer großen und kräftigen Volkszahl, so wurden doch auch dort die Städte Medina und Mekka (letztere mit ihrem uralten räthselhaften Tempelheiligthum, der Kaaba) als ansehnliche, von fremden Nationen besuchte Orte bezeichnet. In Gegenden, welche den Küsten oder den Caravanenstraßen, die wie Flußthäler wirken, nahe lagen, herrschte wohl nirgends die völlige rohe Wildheit, welche die Abgeschlossenheit erzeugt. Schon Gibbon85, der die menschlichen Zustände immer so klar auffaßt, erinnert daran, wie in der arabischen Halbinsel das Nomadenleben sich wesentlich von dem unterscheidet, welches Herodot und Hippocrates in dem sogenannten Scythenlande beschreiben: weil in diesem kein Theil des Hirtenvolkes sich je in Städten angesiedelt hat, während auf der großen arabischen Halbinsel das Landvolk noch jetzt mit den Städtebewohnern verkehrt, die es von gleicher ursprünglicher Abkunft mit sich selbst hält. In der Kirghisensteppe, einem Theile der Ebenen, welche die alten Scythen (Scoloten und Sacer) bewohnten, hat es auf einem Raume, der an Flächeninhalt Deutschland übertrifft86, seit Jahrtausenden nie eine Stadt gegeben; und doch überstieg, zur Zeit meiner sibirischen Reise, die Zahl der Zelte (Yurten oder Kibitken) in den drei Wanderhorden noch 400,000: was ein Nomadenvolk von zwei Millionen andeutet. Wie sehr solche Contraste der größeren oder minderen Abgeschlossenheit des Hirtenlebens (selbst wenn man gleiche innere Anlagen voraussetzen will) auf die geistige Bildsamkeit wirken, bedarf hier keiner umständlicheren Entwickelung.

Bei dem edeln, von der Natur begünstigten Stamme

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[246/0251] War im ganzen das freie Hirtenleben das herrschende im Hedschaz, war es das Leben einer großen und kräftigen Volkszahl, so wurden doch auch dort die Städte Medina und Mekka (letztere mit ihrem uralten räthselhaften Tempelheiligthum, der Kaaba) als ansehnliche, von fremden Nationen besuchte Orte bezeichnet. In Gegenden, welche den Küsten oder den Caravanenstraßen, die wie Flußthäler wirken, nahe lagen, herrschte wohl nirgends die völlige rohe Wildheit, welche die Abgeschlossenheit erzeugt. Schon Gibbon ⁸⁵ , der die menschlichen Zustände immer so klar auffaßt, erinnert daran, wie in der arabischen Halbinsel das Nomadenleben sich wesentlich von dem unterscheidet, welches Herodot und Hippocrates in dem sogenannten Scythenlande beschreiben: weil in diesem kein Theil des Hirtenvolkes sich je in Städten angesiedelt hat, während auf der großen arabischen Halbinsel das Landvolk noch jetzt mit den Städtebewohnern verkehrt, die es von gleicher ursprünglicher Abkunft mit sich selbst hält. In der Kirghisensteppe, einem Theile der Ebenen, welche die alten Scythen (Scoloten und Sacer) bewohnten, hat es auf einem Raume, der an Flächeninhalt Deutschland übertrifft ⁸⁶ , seit Jahrtausenden nie eine Stadt gegeben; und doch überstieg, zur Zeit meiner sibirischen Reise, die Zahl der Zelte (Yurten oder Kibitken) in den drei Wanderhorden noch 400,000: was ein Nomadenvolk von zwei Millionen andeutet. Wie sehr solche Contraste der größeren oder minderen Abgeschlossenheit des Hirtenlebens (selbst wenn man gleiche innere Anlagen voraussetzen will) auf die geistige Bildsamkeit wirken, bedarf hier keiner umständlicheren Entwickelung. Bei dem edeln, von der Natur begünstigten Stamme

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/251>, abgerufen am 23.11.2024.