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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.

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Europa und Asien. "Es ist sehr wohl möglich", sagt er52, "daß in demselben gemäßigten Erdgürtel nahe an dem Parallelkreise von Thinä (oder Athen?), welcher durch das atlantische Meer geht, außer der von uns bewohnten Welt noch eine andere oder selbst mehrere liegen, mit Menschen bevölkert, die von uns verschieden sind." Es muß Wunder nehmen, daß dieser Ausspruch nicht die Aufmerksamkeit der spanischen Schriftsteller auf sich gezogen hat, welche am Anfang des sechzehnten Jahrhunderts überall in den Classikern Spuren einer Kenntniß des neuen Welttheils zu finden glaubten.

"Wie bei allen Kunstwerken", sagt Strabo schön, "die etwas großes darstellen sollen, es nicht vorzüglich auf die Vollendung einzelner Theile ankommt", so wolle er "in seinem Riesenwerke" auch vor allem den Blick auf die Gestaltung des Ganzen heften. Dieser Hang nach Verallgemeinerung der Ideen hat ihn nicht abgehalten gleichzeitig eine große Zahl trefflicher physikalischer, besonders geognostischer Resultate53 aufzustellen. Er behandelt wie Posidonius und Polybius den Einfluß der schneller oder langsamer auf einander folgenden Durchgänge der Sonne durch den Zenith auf das Maximum der Luftwärme unter dem Wendekreise oder dem Aequator; die mannigfaltigen Ursachen der Veränderungen, welche die Erdfläche erlitten; den Durchbruch ursprünglich abgeschlossener Seen; das allgemeine, schon von Archimedes anerkannte Niveau der Meere; die Strömungen derselben; die Eruption unterseeischer Vulkane, Muschelversteinerungen und Fischabdrücke; ja, was am meisten unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht, weil es der Kern der neueren Geognosie geworden ist, die periodischen

Europa und Asien. „Es ist sehr wohl möglich", sagt er52, „daß in demselben gemäßigten Erdgürtel nahe an dem Parallelkreise von Thinä (oder Athen?), welcher durch das atlantische Meer geht, außer der von uns bewohnten Welt noch eine andere oder selbst mehrere liegen, mit Menschen bevölkert, die von uns verschieden sind." Es muß Wunder nehmen, daß dieser Ausspruch nicht die Aufmerksamkeit der spanischen Schriftsteller auf sich gezogen hat, welche am Anfang des sechzehnten Jahrhunderts überall in den Classikern Spuren einer Kenntniß des neuen Welttheils zu finden glaubten.

„Wie bei allen Kunstwerken", sagt Strabo schön, „die etwas großes darstellen sollen, es nicht vorzüglich auf die Vollendung einzelner Theile ankommt", so wolle er „in seinem Riesenwerke" auch vor allem den Blick auf die Gestaltung des Ganzen heften. Dieser Hang nach Verallgemeinerung der Ideen hat ihn nicht abgehalten gleichzeitig eine große Zahl trefflicher physikalischer, besonders geognostischer Resultate53 aufzustellen. Er behandelt wie Posidonius und Polybius den Einfluß der schneller oder langsamer auf einander folgenden Durchgänge der Sonne durch den Zenith auf das Maximum der Luftwärme unter dem Wendekreise oder dem Aequator; die mannigfaltigen Ursachen der Veränderungen, welche die Erdfläche erlitten; den Durchbruch ursprünglich abgeschlossener Seen; das allgemeine, schon von Archimedes anerkannte Niveau der Meere; die Strömungen derselben; die Eruption unterseeischer Vulkane, Muschelversteinerungen und Fischabdrücke; ja, was am meisten unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht, weil es der Kern der neueren Geognosie geworden ist, die periodischen

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[223/0228] Europa und Asien. „Es ist sehr wohl möglich", sagt er ⁵² , „daß in demselben gemäßigten Erdgürtel nahe an dem Parallelkreise von Thinä (oder Athen?), welcher durch das atlantische Meer geht, außer der von uns bewohnten Welt noch eine andere oder selbst mehrere liegen, mit Menschen bevölkert, die von uns verschieden sind." Es muß Wunder nehmen, daß dieser Ausspruch nicht die Aufmerksamkeit der spanischen Schriftsteller auf sich gezogen hat, welche am Anfang des sechzehnten Jahrhunderts überall in den Classikern Spuren einer Kenntniß des neuen Welttheils zu finden glaubten. „Wie bei allen Kunstwerken", sagt Strabo schön, „die etwas großes darstellen sollen, es nicht vorzüglich auf die Vollendung einzelner Theile ankommt", so wolle er „in seinem Riesenwerke" auch vor allem den Blick auf die Gestaltung des Ganzen heften. Dieser Hang nach Verallgemeinerung der Ideen hat ihn nicht abgehalten gleichzeitig eine große Zahl trefflicher physikalischer, besonders geognostischer Resultate ⁵³ aufzustellen. Er behandelt wie Posidonius und Polybius den Einfluß der schneller oder langsamer auf einander folgenden Durchgänge der Sonne durch den Zenith auf das Maximum der Luftwärme unter dem Wendekreise oder dem Aequator; die mannigfaltigen Ursachen der Veränderungen, welche die Erdfläche erlitten; den Durchbruch ursprünglich abgeschlossener Seen; das allgemeine, schon von Archimedes anerkannte Niveau der Meere; die Strömungen derselben; die Eruption unterseeischer Vulkane, Muschelversteinerungen und Fischabdrücke; ja, was am meisten unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht, weil es der Kern der neueren Geognosie geworden ist, die periodischen

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/228>, abgerufen am 22.11.2024.