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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.

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Die ewige Stadt war das Centrum eines zu großen Kreises geworden. Es fehlte der Geist, der einen so vieltheiligen Staatskörper hätte dauernd beseelen können. Das Christenthum wurde Staatsreligion, als das Reich bereits tief erschüttert und die Milde der neuen Lehre durch den dogmatischen Zwist der Partheien in ihren wohlthätigen Wirkungen gestört war. Auch begann schon damals "der lästige Kampf des Wissens und des Glaubens", welcher unter mancherlei Gestaltung, der Forschung hinderlich, durch alle Jahrhunderte fortgesetzt wird.

Wenn aber auch seinem Umfange und seiner durch den Umfang bedingten Verfassung nach das römische Kaiserreich, ganz im Gegensatz des partiellen selbstständigen Lebens der kleinen hellenischen Republiken, die schaffende geistige Kraft der Menschheit nicht zu beleben und zu stärken vermochte, so bot es dagegen andere eigenthümliche Vortheile dar, die hier zu bezeichnen sind. Es entstand ein großer Reichthum von Ideen als Folge der Erfahrung und vielseitiger Beobachtung. Die Welt der Objecte wurde ansehnlich vergrößert, und so für spätere Zeiten einer denkenden Betrachtung der Naturerscheinungen vorgearbeitet. Der Völkerverkehr wurde durch die Römerherrschaft belebt, die römische Sprache verbreitet über den ganzen Occident und einen Theil des nördlichen Afrika. Im Orient blieb das Griechenthum heimisch, nachdem das bactrische Reich schon längst unter Mithridates I (dreizehn Jahre vor dem Einfall der Sacen oder Scythen) zerstört war.

Der Ausdehnung, d. h. der geographischen Verbreitung nach gewann, selbst ehe der Sitz des Reichs nach Byzanz verlegt wurde, die römische Sprache über die

Die ewige Stadt war das Centrum eines zu großen Kreises geworden. Es fehlte der Geist, der einen so vieltheiligen Staatskörper hätte dauernd beseelen können. Das Christenthum wurde Staatsreligion, als das Reich bereits tief erschüttert und die Milde der neuen Lehre durch den dogmatischen Zwist der Partheien in ihren wohlthätigen Wirkungen gestört war. Auch begann schon damals „der lästige Kampf des Wissens und des Glaubens", welcher unter mancherlei Gestaltung, der Forschung hinderlich, durch alle Jahrhunderte fortgesetzt wird.

Wenn aber auch seinem Umfange und seiner durch den Umfang bedingten Verfassung nach das römische Kaiserreich, ganz im Gegensatz des partiellen selbstständigen Lebens der kleinen hellenischen Republiken, die schaffende geistige Kraft der Menschheit nicht zu beleben und zu stärken vermochte, so bot es dagegen andere eigenthümliche Vortheile dar, die hier zu bezeichnen sind. Es entstand ein großer Reichthum von Ideen als Folge der Erfahrung und vielseitiger Beobachtung. Die Welt der Objecte wurde ansehnlich vergrößert, und so für spätere Zeiten einer denkenden Betrachtung der Naturerscheinungen vorgearbeitet. Der Völkerverkehr wurde durch die Römerherrschaft belebt, die römische Sprache verbreitet über den ganzen Occident und einen Theil des nördlichen Afrika. Im Orient blieb das Griechenthum heimisch, nachdem das bactrische Reich schon längst unter Mithridates I (dreizehn Jahre vor dem Einfall der Sacen oder Scythen) zerstört war.

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[218/0223] Die ewige Stadt war das Centrum eines zu großen Kreises geworden. Es fehlte der Geist, der einen so vieltheiligen Staatskörper hätte dauernd beseelen können. Das Christenthum wurde Staatsreligion, als das Reich bereits tief erschüttert und die Milde der neuen Lehre durch den dogmatischen Zwist der Partheien in ihren wohlthätigen Wirkungen gestört war. Auch begann schon damals „der lästige Kampf des Wissens und des Glaubens", welcher unter mancherlei Gestaltung, der Forschung hinderlich, durch alle Jahrhunderte fortgesetzt wird. Wenn aber auch seinem Umfange und seiner durch den Umfang bedingten Verfassung nach das römische Kaiserreich, ganz im Gegensatz des partiellen selbstständigen Lebens der kleinen hellenischen Republiken, die schaffende geistige Kraft der Menschheit nicht zu beleben und zu stärken vermochte, so bot es dagegen andere eigenthümliche Vortheile dar, die hier zu bezeichnen sind. Es entstand ein großer Reichthum von Ideen als Folge der Erfahrung und vielseitiger Beobachtung. Die Welt der Objecte wurde ansehnlich vergrößert, und so für spätere Zeiten einer denkenden Betrachtung der Naturerscheinungen vorgearbeitet. Der Völkerverkehr wurde durch die Römerherrschaft belebt, die römische Sprache verbreitet über den ganzen Occident und einen Theil des nördlichen Afrika. Im Orient blieb das Griechenthum heimisch, nachdem das bactrische Reich schon längst unter Mithridates I (dreizehn Jahre vor dem Einfall der Sacen oder Scythen) zerstört war. Der Ausdehnung, d. h. der geographischen Verbreitung nach gewann, selbst ehe der Sitz des Reichs nach Byzanz verlegt wurde, die römische Sprache über die

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/223>, abgerufen am 25.11.2024.