Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.Der Glaube an eine unmittelbare Bereicherung des Aristotelischen zoologischen Wissens durch die Heerzüge des Macedoniers ist jedoch durch ernste neuere Untersuchungen, wo nicht gänzlich verschwunden, doch wenigstens sehr schwankend geworden. Die elende Compilation eines Lebens des Stagiriten, welche lange dem Ammonius, Sohn des Hermias, zugeschrieben ward, hatte unter vielen historischen Irrthümern auch den verbreitet94, daß der Philosoph seinen Zögling wenigstens bis an die Ufer des Nils begleitet habe95. Das große Werk über die Thiere scheint um sehr weniges neuer als die Meteorologica, und diese fallen nach inneren Kennzeichen96 in die 106te, am spätesten in die 111te Olympiade: also entweder 14 Jahre früher als Aristoteles an den Hof des Philippus kam, oder auf das höchste 3 Jahre vor dem Uebergange über den Granicus. Gegen diese Ansicht einer frühen Vollendung der neun Bücher Aristotelischer Thiergeschichte werden nun freilich einzelne Angaben als widerstreitend angeführt. Dahin gehört die genaue Kenntniß, welche Aristoteles von dem Elephanten, dem bärtigen Pferd-Hirsche (hippelaphos), dem bactrischen zweibuckligen Kameele, dem Hippardion, das man für den Jagdtiger (Guepard) hält, und von dem indischen Büffel zu haben scheint, welcher letzte erst zur Zeit der Kreuzzüge in Europa eingeführt wurde. Es ist aber zu bemerken, daß gerade der Geburtsort jenes merkwürdig großen Hirsches mit der Pferdemähne, den Diard und Duvaucel aus dem östlichen Indien an Cuvier geschickt haben und welchem dieser sogar den Namen Cervus Aristotelis gegeben hat, nach des Stagiriten eigener Angabe nicht die von Alexander durchzogene indische Pentapotamia Der Glaube an eine unmittelbare Bereicherung des Aristotelischen zoologischen Wissens durch die Heerzüge des Macedoniers ist jedoch durch ernste neuere Untersuchungen, wo nicht gänzlich verschwunden, doch wenigstens sehr schwankend geworden. Die elende Compilation eines Lebens des Stagiriten, welche lange dem Ammonius, Sohn des Hermias, zugeschrieben ward, hatte unter vielen historischen Irrthümern auch den verbreitet94, daß der Philosoph seinen Zögling wenigstens bis an die Ufer des Nils begleitet habe95. Das große Werk über die Thiere scheint um sehr weniges neuer als die Meteorologica, und diese fallen nach inneren Kennzeichen96 in die 106te, am spätesten in die 111te Olympiade: also entweder 14 Jahre früher als Aristoteles an den Hof des Philippus kam, oder auf das höchste 3 Jahre vor dem Uebergange über den Granicus. Gegen diese Ansicht einer frühen Vollendung der neun Bücher Aristotelischer Thiergeschichte werden nun freilich einzelne Angaben als widerstreitend angeführt. Dahin gehört die genaue Kenntniß, welche Aristoteles von dem Elephanten, dem bärtigen Pferd-Hirsche (hippelaphos), dem bactrischen zweibuckligen Kameele, dem Hippardion, das man für den Jagdtiger (Guepard) hält, und von dem indischen Büffel zu haben scheint, welcher letzte erst zur Zeit der Kreuzzüge in Europa eingeführt wurde. Es ist aber zu bemerken, daß gerade der Geburtsort jenes merkwürdig großen Hirsches mit der Pferdemähne, den Diard und Duvaucel aus dem östlichen Indien an Cuvier geschickt haben und welchem dieser sogar den Namen Cervus Aristotelis gegeben hat, nach des Stagiriten eigener Angabe nicht die von Alexander durchzogene indische Pentapotamia <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0196" n="191"/> <p>Der Glaube an eine unmittelbare Bereicherung des Aristotelischen zoologischen Wissens durch die Heerzüge des Macedoniers ist jedoch durch ernste neuere Untersuchungen, wo nicht gänzlich verschwunden, doch wenigstens sehr schwankend geworden. 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Dahin gehört die genaue Kenntniß, welche Aristoteles von dem Elephanten, dem bärtigen Pferd-Hirsche (hippelaphos), dem bactrischen zweibuckligen Kameele, dem Hippardion, das man für den Jagdtiger (Guepard) hält, und von dem indischen Büffel zu haben scheint, welcher letzte erst zur Zeit der Kreuzzüge in Europa eingeführt wurde. Es ist aber zu bemerken, daß gerade der Geburtsort jenes merkwürdig großen Hirsches mit der Pferdemähne, den Diard und Duvaucel aus dem östlichen Indien an Cuvier geschickt haben und welchem dieser sogar den Namen Cervus Aristotelis gegeben hat, nach des Stagiriten eigener Angabe nicht die von Alexander durchzogene indische Pentapotamia </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [191/0196]
Der Glaube an eine unmittelbare Bereicherung des Aristotelischen zoologischen Wissens durch die Heerzüge des Macedoniers ist jedoch durch ernste neuere Untersuchungen, wo nicht gänzlich verschwunden, doch wenigstens sehr schwankend geworden. Die elende Compilation eines Lebens des Stagiriten, welche lange dem Ammonius, Sohn des Hermias, zugeschrieben ward, hatte unter vielen historischen Irrthümern auch den verbreitet
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, daß der Philosoph seinen Zögling wenigstens bis an die Ufer des Nils begleitet habe
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in die 106te, am spätesten in die 111te Olympiade: also entweder 14 Jahre früher als Aristoteles an den Hof des Philippus kam, oder auf das höchste 3 Jahre vor dem Uebergange über den Granicus. Gegen diese Ansicht einer frühen Vollendung der neun Bücher Aristotelischer Thiergeschichte werden nun freilich einzelne Angaben als widerstreitend angeführt. Dahin gehört die genaue Kenntniß, welche Aristoteles von dem Elephanten, dem bärtigen Pferd-Hirsche (hippelaphos), dem bactrischen zweibuckligen Kameele, dem Hippardion, das man für den Jagdtiger (Guepard) hält, und von dem indischen Büffel zu haben scheint, welcher letzte erst zur Zeit der Kreuzzüge in Europa eingeführt wurde. Es ist aber zu bemerken, daß gerade der Geburtsort jenes merkwürdig großen Hirsches mit der Pferdemähne, den Diard und Duvaucel aus dem östlichen Indien an Cuvier geschickt haben und welchem dieser sogar den Namen Cervus Aristotelis gegeben hat, nach des Stagiriten eigener Angabe nicht die von Alexander durchzogene indische Pentapotamia
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