Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.Staunton von dem großen kaiserlichen Garten von Zhe-hol36 nördlich von der chinesischen Mauer gegeben hat, entspricht jenen Vorschriften des Lieu-tscheu: Vorschriften, denen einer unserer geistreichen Zeitgenossen, der Schöpfer des anmuthigen Parks von Muskau37, seinen Beifall nicht versagen wird. In dem großen beschreibenden Gedichte, in welchem der Kaiser Kien-long um die Mitte des verflossenen Jahrhunderts die ehemalige mandschuische Residenzstadt Mukden und die Gräber seiner Vorfahren verherrlichen wollte, spricht sich ebenfalls die innigste Liebe zu einer freien, durch die Kunst nur sehr theilweise verschönerten Natur aus. Der poetische Herrscher weiß in gestaltender Anschaulichkeit zu verschmelzen die heiteren Bilder von der üppigen Frische der Wiesen, von waldbekränzten Hügeln und friedlichen Menschenwohnungen mit dem ernsten Bilde der Grabstätte seiner Ahnherrn. Die Opfer, welche er diesen bringt, nach den von Confucius vorgeschriebenen Riten, die fromme Erinnerung an die hingeschiedenen Monarchen und Krieger sind der eigentliche Zweck dieser merkwürdigen Dichtung. Eine lange Aufzählung der wildwachsenden Pflanzen, wie der Thiere, welche die Gegend beleben, ist, wie alles didactische, ermüdend; aber das Verweben des sinnlichen Eindrucks von der Landschaft, die gleichsam nur als Hintergrund des Gemäldes dient, mit erhabenen Objecten der Ideenwelt, mit der Erfüllung religiöser Pflichten, mit Erwähnung großer geschichtlicher Ereignisse giebt der ganzen Composition einen eigenthümlichen Charakter. Die bei dem chinesischen Volke so tief eingewurzelte Heiligung der Berge führt Kien-long zu sorgfältigen Schilderungen der Physiognomik der unbelebten Natur, für welche die Griechen und Römer keinen Staunton von dem großen kaiserlichen Garten von Zhe-hol36 nördlich von der chinesischen Mauer gegeben hat, entspricht jenen Vorschriften des Lieu-tscheu: Vorschriften, denen einer unserer geistreichen Zeitgenossen, der Schöpfer des anmuthigen Parks von Muskau37, seinen Beifall nicht versagen wird. In dem großen beschreibenden Gedichte, in welchem der Kaiser Kien-long um die Mitte des verflossenen Jahrhunderts die ehemalige mandschuische Residenzstadt Mukden und die Gräber seiner Vorfahren verherrlichen wollte, spricht sich ebenfalls die innigste Liebe zu einer freien, durch die Kunst nur sehr theilweise verschönerten Natur aus. Der poetische Herrscher weiß in gestaltender Anschaulichkeit zu verschmelzen die heiteren Bilder von der üppigen Frische der Wiesen, von waldbekränzten Hügeln und friedlichen Menschenwohnungen mit dem ernsten Bilde der Grabstätte seiner Ahnherrn. Die Opfer, welche er diesen bringt, nach den von Confucius vorgeschriebenen Riten, die fromme Erinnerung an die hingeschiedenen Monarchen und Krieger sind der eigentliche Zweck dieser merkwürdigen Dichtung. Eine lange Aufzählung der wildwachsenden Pflanzen, wie der Thiere, welche die Gegend beleben, ist, wie alles didactische, ermüdend; aber das Verweben des sinnlichen Eindrucks von der Landschaft, die gleichsam nur als Hintergrund des Gemäldes dient, mit erhabenen Objecten der Ideenwelt, mit der Erfüllung religiöser Pflichten, mit Erwähnung großer geschichtlicher Ereignisse giebt der ganzen Composition einen eigenthümlichen Charakter. Die bei dem chinesischen Volke so tief eingewurzelte Heiligung der Berge führt Kien-long zu sorgfältigen Schilderungen der Physiognomik der unbelebten Natur, für welche die Griechen und Römer keinen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0106" n="101"/> Staunton von dem großen kaiserlichen Garten von Zhe-hol<note xml:id="ftn135" next="#ftn135-text" place="end" n="36"/> nördlich von der chinesischen Mauer gegeben hat, entspricht jenen Vorschriften des <hi rendition="#g">Lieu-tscheu:</hi> Vorschriften, denen einer unserer geistreichen Zeitgenossen, der Schöpfer des anmuthigen Parks von Muskau<note xml:id="ftn136" next="#ftn136-text" place="end" n="37"/>, seinen Beifall nicht versagen wird.</p> <p>In dem großen beschreibenden Gedichte, in welchem der Kaiser Kien-long um die Mitte des verflossenen Jahrhunderts die ehemalige mandschuische Residenzstadt Mukden und die Gräber seiner Vorfahren verherrlichen wollte, spricht sich ebenfalls die innigste Liebe zu einer freien, durch die Kunst nur sehr theilweise verschönerten Natur aus. Der poetische Herrscher weiß in gestaltender Anschaulichkeit zu verschmelzen die heiteren Bilder von der üppigen Frische der Wiesen, von waldbekränzten Hügeln und friedlichen Menschenwohnungen mit dem ernsten Bilde der Grabstätte seiner Ahnherrn. Die Opfer, welche er diesen bringt, nach den von Confucius vorgeschriebenen Riten, die fromme Erinnerung an die hingeschiedenen Monarchen und Krieger sind der eigentliche Zweck dieser merkwürdigen Dichtung. Eine lange Aufzählung der wildwachsenden Pflanzen, wie der Thiere, welche die Gegend beleben, ist, wie alles didactische, ermüdend; aber das Verweben des sinnlichen Eindrucks von der Landschaft, die gleichsam nur als Hintergrund des Gemäldes dient, mit erhabenen Objecten der Ideenwelt, mit der Erfüllung religiöser Pflichten, mit Erwähnung großer geschichtlicher Ereignisse giebt der ganzen Composition einen eigenthümlichen Charakter. Die bei dem chinesischen Volke so tief eingewurzelte Heiligung der Berge führt Kien-long zu sorgfältigen Schilderungen der Physiognomik der unbelebten Natur, für welche die Griechen und Römer keinen </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [101/0106]
Staunton von dem großen kaiserlichen Garten von Zhe-hol
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nördlich von der chinesischen Mauer gegeben hat, entspricht jenen Vorschriften des Lieu-tscheu: Vorschriften, denen einer unserer geistreichen Zeitgenossen, der Schöpfer des anmuthigen Parks von Muskau
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, seinen Beifall nicht versagen wird.
In dem großen beschreibenden Gedichte, in welchem der Kaiser Kien-long um die Mitte des verflossenen Jahrhunderts die ehemalige mandschuische Residenzstadt Mukden und die Gräber seiner Vorfahren verherrlichen wollte, spricht sich ebenfalls die innigste Liebe zu einer freien, durch die Kunst nur sehr theilweise verschönerten Natur aus. Der poetische Herrscher weiß in gestaltender Anschaulichkeit zu verschmelzen die heiteren Bilder von der üppigen Frische der Wiesen, von waldbekränzten Hügeln und friedlichen Menschenwohnungen mit dem ernsten Bilde der Grabstätte seiner Ahnherrn. Die Opfer, welche er diesen bringt, nach den von Confucius vorgeschriebenen Riten, die fromme Erinnerung an die hingeschiedenen Monarchen und Krieger sind der eigentliche Zweck dieser merkwürdigen Dichtung. Eine lange Aufzählung der wildwachsenden Pflanzen, wie der Thiere, welche die Gegend beleben, ist, wie alles didactische, ermüdend; aber das Verweben des sinnlichen Eindrucks von der Landschaft, die gleichsam nur als Hintergrund des Gemäldes dient, mit erhabenen Objecten der Ideenwelt, mit der Erfüllung religiöser Pflichten, mit Erwähnung großer geschichtlicher Ereignisse giebt der ganzen Composition einen eigenthümlichen Charakter. Die bei dem chinesischen Volke so tief eingewurzelte Heiligung der Berge führt Kien-long zu sorgfältigen Schilderungen der Physiognomik der unbelebten Natur, für welche die Griechen und Römer keinen
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