Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.der landschaftliche Eindruck, den die Pflanzendecke unseres Planeten in verschiedenen Abständen vom Aequator auf das Gemüth macht, großentheils von den Gesetzen der Pflanzen-Geographie abhängt. Die systematisch geordneten Verzeichnisse aller organischen Gestaltungen, die wir ehemals mit dem allzu prunkvollen Namen von Natur-Systemen bezeichneten, bieten eine bewundernswürdige Verkettung nach inneren Beziehungen der Form-Aehnlichkeit (Structur), nach Vorstellungsweisen von allmäliger Entfaltung (Evolution) in Blatt und Kelch, in farbigen Blüthen und Früchten, dar, nicht eine Verkettung nach räumlicher Gruppirung, d. i. nach Erdstrichen, nach der Höhe über der Meeresfläche, nach Temperatur-Einflüssen, die die ganze Oberfläche des Planeten erleidet. Der höchste Zweck der physischen Erdbeschreibung ist aber, wie schon oben bemerkt worden, Erkenntniß der Einheit in der Vielheit, Erforschung des Gemeinsamen und des inneren Zusammenhanges in den tellurischen Erscheinungen. Wo der Einzelheiten erwähnt wird, geschieht es nur, um die Gesetze der organischen Gliederung mit denen der geographischen Vertheilung in Einklang zu bringen. Die Fülle der lebendigen Gestaltungen erscheint, nach diesem Gesichtspunkte geordnet, mehr nach Erdzonen, nach Verschiedenheit der Krümmung isothermer Linien, als nach der inneren Verwandtschaft, oder nach dem, der ganzen Natur inwohnenden Principe der Steigerung und sich individualisirenden Entfaltung der Organe. Die natürliche Reihenfolge der Pflanzen- und Thier-Bildungen wird daher hier als etwas Gegebenes, der beschreibenden Botanik und Zoologie der landschaftliche Eindruck, den die Pflanzendecke unseres Planeten in verschiedenen Abständen vom Aequator auf das Gemüth macht, großentheils von den Gesetzen der Pflanzen-Geographie abhängt. Die systematisch geordneten Verzeichnisse aller organischen Gestaltungen, die wir ehemals mit dem allzu prunkvollen Namen von Natur-Systemen bezeichneten, bieten eine bewundernswürdige Verkettung nach inneren Beziehungen der Form-Aehnlichkeit (Structur), nach Vorstellungsweisen von allmäliger Entfaltung (Evolution) in Blatt und Kelch, in farbigen Blüthen und Früchten, dar, nicht eine Verkettung nach räumlicher Gruppirung, d. i. nach Erdstrichen, nach der Höhe über der Meeresfläche, nach Temperatur-Einflüssen, die die ganze Oberfläche des Planeten erleidet. Der höchste Zweck der physischen Erdbeschreibung ist aber, wie schon oben bemerkt worden, Erkenntniß der Einheit in der Vielheit, Erforschung des Gemeinsamen und des inneren Zusammenhanges in den tellurischen Erscheinungen. Wo der Einzelheiten erwähnt wird, geschieht es nur, um die Gesetze der organischen Gliederung mit denen der geographischen Vertheilung in Einklang zu bringen. Die Fülle der lebendigen Gestaltungen erscheint, nach diesem Gesichtspunkte geordnet, mehr nach Erdzonen, nach Verschiedenheit der Krümmung isothermer Linien, als nach der inneren Verwandtschaft, oder nach dem, der ganzen Natur inwohnenden Principe der Steigerung und sich individualisirenden Entfaltung der Organe. 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der landschaftliche Eindruck, den die Pflanzendecke unseres Planeten in verschiedenen Abständen vom Aequator auf das Gemüth macht, großentheils von den Gesetzen der Pflanzen-Geographie abhängt.
Die systematisch geordneten Verzeichnisse aller organischen Gestaltungen, die wir ehemals mit dem allzu prunkvollen Namen von Natur-Systemen bezeichneten, bieten eine bewundernswürdige Verkettung nach inneren Beziehungen der Form-Aehnlichkeit (Structur), nach Vorstellungsweisen von allmäliger Entfaltung (Evolution) in Blatt und Kelch, in farbigen Blüthen und Früchten, dar, nicht eine Verkettung nach räumlicher Gruppirung, d. i. nach Erdstrichen, nach der Höhe über der Meeresfläche, nach Temperatur-Einflüssen, die die ganze Oberfläche des Planeten erleidet. Der höchste Zweck der physischen Erdbeschreibung ist aber, wie schon oben bemerkt worden, Erkenntniß der Einheit in der Vielheit, Erforschung des Gemeinsamen und des inneren Zusammenhanges in den tellurischen Erscheinungen. Wo der Einzelheiten erwähnt wird, geschieht es nur, um die Gesetze der organischen Gliederung mit denen der geographischen Vertheilung in Einklang zu bringen. Die Fülle der lebendigen Gestaltungen erscheint, nach diesem Gesichtspunkte geordnet, mehr nach Erdzonen, nach Verschiedenheit der Krümmung isothermer Linien, als nach der inneren Verwandtschaft, oder nach dem, der ganzen Natur inwohnenden Principe der Steigerung und sich individualisirenden Entfaltung der Organe. Die natürliche Reihenfolge der Pflanzen- und Thier-Bildungen wird daher hier als etwas Gegebenes, der beschreibenden Botanik und Zoologie
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