Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.der Wissenschaft kennt, deren Gebiet er erweitern will, wenn Ideen, das heißt Einsicht in den Geist der Natur das Beobachten und Sammeln vernunftmäßig leiten. Durch diese Richtung des Naturstudiums, durch diesen glücklichen, aber oft auch allzu leicht befriedigten Hang nach allgemeinen Resultaten kann ein beträchtlicher Theil des Naturwissens das Gemeingut der gebildeten Menschheit werden, ein gründliches Wissen erzeugen, nach Inhalt und Form, nach Ernst und Würde des Vortrags, ganz von dem verschieden, das man bis zum Ende des letzten Jahrhunderts dem populären Wissen genügsam zu bestimmen pflegte. Wem daher seine Lage es erlaubt, sich bisweilen aus den engen Schranken des bürgerlichen Lebens heraus zu retten, erröthend, "daß er lange fremd geblieben der Natur und stumpf über sie hingehe", der wird in der Abspiegelung des großen und freien Naturlebens einen der edelsten Genüsse finden, welche erhöhte Vernunftthätigkeit dem Menschen gewähren kann. Das Studium der allgemeinen Naturkunde weckt gleichsam Organe in uns, die lange geschlummert haben. Wir treten in einen innigeren Verkehr mit der Außenwelt, bleiben nicht untheilnehmend an dem, was gleichzeitig das industrielle Fortschreiten und die intellectuelle Veredlung der Menschheit bezeichnet. Je klarer die Einsicht ist, welche wir in den Zusammenhang der Phänomene erlangen, desto leichter machen wir uns auch von dem Irrthume frei, als wären für die Cultur und den Wohlstand der Völker nicht alle Zweige des Naturwissens gleich wichtig; sei es der messende und beschreibende Theil, oder die Untersuchung chemischer Bestandtheile, oder die Ergründung allgemein verbreiteter physischer Kräfte der Wissenschaft kennt, deren Gebiet er erweitern will, wenn Ideen, das heißt Einsicht in den Geist der Natur das Beobachten und Sammeln vernunftmäßig leiten. Durch diese Richtung des Naturstudiums, durch diesen glücklichen, aber oft auch allzu leicht befriedigten Hang nach allgemeinen Resultaten kann ein beträchtlicher Theil des Naturwissens das Gemeingut der gebildeten Menschheit werden, ein gründliches Wissen erzeugen, nach Inhalt und Form, nach Ernst und Würde des Vortrags, ganz von dem verschieden, das man bis zum Ende des letzten Jahrhunderts dem populären Wissen genügsam zu bestimmen pflegte. Wem daher seine Lage es erlaubt, sich bisweilen aus den engen Schranken des bürgerlichen Lebens heraus zu retten, erröthend, „daß er lange fremd geblieben der Natur und stumpf über sie hingehe“, der wird in der Abspiegelung des großen und freien Naturlebens einen der edelsten Genüsse finden, welche erhöhte Vernunftthätigkeit dem Menschen gewähren kann. Das Studium der allgemeinen Naturkunde weckt gleichsam Organe in uns, die lange geschlummert haben. Wir treten in einen innigeren Verkehr mit der Außenwelt, bleiben nicht untheilnehmend an dem, was gleichzeitig das industrielle Fortschreiten und die intellectuelle Veredlung der Menschheit bezeichnet. Je klarer die Einsicht ist, welche wir in den Zusammenhang der Phänomene erlangen, desto leichter machen wir uns auch von dem Irrthume frei, als wären für die Cultur und den Wohlstand der Völker nicht alle Zweige des Naturwissens gleich wichtig; sei es der messende und beschreibende Theil, oder die Untersuchung chemischer Bestandtheile, oder die Ergründung allgemein verbreiteter physischer Kräfte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0053" n="34"/> der Wissenschaft kennt, deren Gebiet er erweitern will, wenn Ideen, das heißt Einsicht in den Geist der Natur das Beobachten und Sammeln vernunftmäßig leiten.</p> <p>Durch diese Richtung des Naturstudiums, durch diesen glücklichen, aber oft auch allzu leicht befriedigten Hang nach allgemeinen Resultaten kann ein beträchtlicher Theil des Naturwissens das Gemeingut der gebildeten Menschheit werden, ein gründliches Wissen erzeugen, nach Inhalt und Form, nach Ernst und Würde des Vortrags, ganz von dem verschieden, das man bis zum Ende des letzten Jahrhunderts dem <hi rendition="#g">populären Wissen</hi> genügsam zu bestimmen pflegte. 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der Wissenschaft kennt, deren Gebiet er erweitern will, wenn Ideen, das heißt Einsicht in den Geist der Natur das Beobachten und Sammeln vernunftmäßig leiten.
Durch diese Richtung des Naturstudiums, durch diesen glücklichen, aber oft auch allzu leicht befriedigten Hang nach allgemeinen Resultaten kann ein beträchtlicher Theil des Naturwissens das Gemeingut der gebildeten Menschheit werden, ein gründliches Wissen erzeugen, nach Inhalt und Form, nach Ernst und Würde des Vortrags, ganz von dem verschieden, das man bis zum Ende des letzten Jahrhunderts dem populären Wissen genügsam zu bestimmen pflegte. Wem daher seine Lage es erlaubt, sich bisweilen aus den engen Schranken des bürgerlichen Lebens heraus zu retten, erröthend, „daß er lange fremd geblieben der Natur und stumpf über sie hingehe“, der wird in der Abspiegelung des großen und freien Naturlebens einen der edelsten Genüsse finden, welche erhöhte Vernunftthätigkeit dem Menschen gewähren kann. Das Studium der allgemeinen Naturkunde weckt gleichsam Organe in uns, die lange geschlummert haben. Wir treten in einen innigeren Verkehr mit der Außenwelt, bleiben nicht untheilnehmend an dem, was gleichzeitig das industrielle Fortschreiten und die intellectuelle Veredlung der Menschheit bezeichnet.
Je klarer die Einsicht ist, welche wir in den Zusammenhang der Phänomene erlangen, desto leichter machen wir uns auch von dem Irrthume frei, als wären für die Cultur und den Wohlstand der Völker nicht alle Zweige des Naturwissens gleich wichtig; sei es der messende und beschreibende Theil, oder die Untersuchung chemischer Bestandtheile, oder die Ergründung allgemein verbreiteter physischer Kräfte
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