Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.und wie diese Gestalt in der Bewegung des Mondes, eines Erd-Satelliten, sich abspiegelt. Unsere Nachbarn jenseits des Rheins besitzen ein unsterbliches Werk, Laplace's Entwicklung des Weltsystems, in welchem die Resultate der tiefsinnigsten mathematisch-astronomischen Untersuchungen verflossener Jahrhunderte, abgesondert von den Einzelheiten der Beweise, vorgetragen werden. Der Bau des Himmels erscheint darin als die einfache Lösung eines großen Problems der Mechanik. Und wohl noch nie ist die Exposition du Systeme du Monde, ihrer Form wegen, der Ungründlichkeit beschuldigt worden. Die Trennung ungleichartiger Ansichten, des Allgemeinen von dem Besondern, ist nicht bloß zur Klarheit der Erkenntniß nützlich, sie giebt auch der Behandlung der Naturwissenschaft einen erhabenen und ernsten Charakter. Wie von einem höheren Standpunkte, übersieht man auf einmal größere Massen. Wir ergötzen uns, geistig zu fassen, was den sinnlichen Kräften zu entgehen droht. Wenn die glückliche Ausbildung aller Zweige des Naturwissens, der sich die letzten Decennien des verflossenen Jahrhunderts erfreuten, besonders dazu geeignet ist, das Studium specieller Theile (der chemischen, physikalischen und naturbeschreibenden Disciplinen) zu erweitern, so wird durch jene Ausbildung in noch höherem Grade der Vortrag allgemeiner Resultate abgekürzt und erleichtert. Je tiefer man eindringt in das Wesen der Naturkräfte, desto mehr erkennt man den Zusammenhang von Phänomenen, die lange, vereinzelt und oberflächlich betrachtet, jeglicher Anreihung zu widerstreben schienen; desto mehr werden Einfachheit und Gedrängtheit der Darstellung möglich. und wie diese Gestalt in der Bewegung des Mondes, eines Erd-Satelliten, sich abspiegelt. Unsere Nachbarn jenseits des Rheins besitzen ein unsterbliches Werk, Laplace's Entwicklung des Weltsystems, in welchem die Resultate der tiefsinnigsten mathematisch-astronomischen Untersuchungen verflossener Jahrhunderte, abgesondert von den Einzelheiten der Beweise, vorgetragen werden. Der Bau des Himmels erscheint darin als die einfache Lösung eines großen Problems der Mechanik. Und wohl noch nie ist die Exposition du Système du Monde, ihrer Form wegen, der Ungründlichkeit beschuldigt worden. Die Trennung ungleichartiger Ansichten, des Allgemeinen von dem Besondern, ist nicht bloß zur Klarheit der Erkenntniß nützlich, sie giebt auch der Behandlung der Naturwissenschaft einen erhabenen und ernsten Charakter. Wie von einem höheren Standpunkte, übersieht man auf einmal größere Massen. Wir ergötzen uns, geistig zu fassen, was den sinnlichen Kräften zu entgehen droht. Wenn die glückliche Ausbildung aller Zweige des Naturwissens, der sich die letzten Decennien des verflossenen Jahrhunderts erfreuten, besonders dazu geeignet ist, das Studium specieller Theile (der chemischen, physikalischen und naturbeschreibenden Disciplinen) zu erweitern, so wird durch jene Ausbildung in noch höherem Grade der Vortrag allgemeiner Resultate abgekürzt und erleichtert. Je tiefer man eindringt in das Wesen der Naturkräfte, desto mehr erkennt man den Zusammenhang von Phänomenen, die lange, vereinzelt und oberflächlich betrachtet, jeglicher Anreihung zu widerstreben schienen; desto mehr werden Einfachheit und Gedrängtheit der Darstellung möglich. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0049" n="30"/> und wie diese Gestalt in der Bewegung des Mondes, eines Erd-Satelliten, sich abspiegelt.</p> <p>Unsere Nachbarn jenseits des Rheins besitzen ein unsterbliches Werk, <hi rendition="#g">Laplace's Entwicklung des Weltsystems,</hi> in welchem die Resultate der tiefsinnigsten mathematisch-astronomischen Untersuchungen verflossener Jahrhunderte, abgesondert von den Einzelheiten der Beweise, vorgetragen werden. Der Bau des Himmels erscheint darin als die einfache Lösung eines großen Problems der Mechanik. Und wohl noch nie ist die <hi rendition="#g"><foreign xml:lang="fra">Exposition du Système du Monde</foreign>,</hi> ihrer Form wegen, der Ungründlichkeit beschuldigt worden. Die Trennung ungleichartiger Ansichten, des Allgemeinen von dem Besondern, ist nicht bloß zur Klarheit der Erkenntniß nützlich, sie giebt auch der Behandlung der Naturwissenschaft einen erhabenen und ernsten Charakter. Wie von einem höheren Standpunkte, übersieht man auf einmal größere Massen. Wir ergötzen uns, geistig zu fassen, was den sinnlichen Kräften zu entgehen droht. Wenn die glückliche Ausbildung aller Zweige des Naturwissens, der sich die letzten Decennien des verflossenen Jahrhunderts erfreuten, besonders dazu geeignet ist, das Studium specieller Theile (der chemischen, physikalischen und naturbeschreibenden Disciplinen) zu erweitern, so wird durch jene Ausbildung in noch höherem Grade der Vortrag allgemeiner Resultate abgekürzt und erleichtert.</p> <p>Je tiefer man eindringt in das Wesen der Naturkräfte, desto mehr erkennt man den Zusammenhang von Phänomenen, die lange, vereinzelt und oberflächlich betrachtet, jeglicher Anreihung zu widerstreben schienen; desto mehr werden Einfachheit und Gedrängtheit der Darstellung möglich. </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [30/0049]
und wie diese Gestalt in der Bewegung des Mondes, eines Erd-Satelliten, sich abspiegelt.
Unsere Nachbarn jenseits des Rheins besitzen ein unsterbliches Werk, Laplace's Entwicklung des Weltsystems, in welchem die Resultate der tiefsinnigsten mathematisch-astronomischen Untersuchungen verflossener Jahrhunderte, abgesondert von den Einzelheiten der Beweise, vorgetragen werden. Der Bau des Himmels erscheint darin als die einfache Lösung eines großen Problems der Mechanik. Und wohl noch nie ist die Exposition du Système du Monde, ihrer Form wegen, der Ungründlichkeit beschuldigt worden. Die Trennung ungleichartiger Ansichten, des Allgemeinen von dem Besondern, ist nicht bloß zur Klarheit der Erkenntniß nützlich, sie giebt auch der Behandlung der Naturwissenschaft einen erhabenen und ernsten Charakter. Wie von einem höheren Standpunkte, übersieht man auf einmal größere Massen. Wir ergötzen uns, geistig zu fassen, was den sinnlichen Kräften zu entgehen droht. Wenn die glückliche Ausbildung aller Zweige des Naturwissens, der sich die letzten Decennien des verflossenen Jahrhunderts erfreuten, besonders dazu geeignet ist, das Studium specieller Theile (der chemischen, physikalischen und naturbeschreibenden Disciplinen) zu erweitern, so wird durch jene Ausbildung in noch höherem Grade der Vortrag allgemeiner Resultate abgekürzt und erleichtert.
Je tiefer man eindringt in das Wesen der Naturkräfte, desto mehr erkennt man den Zusammenhang von Phänomenen, die lange, vereinzelt und oberflächlich betrachtet, jeglicher Anreihung zu widerstreben schienen; desto mehr werden Einfachheit und Gedrängtheit der Darstellung möglich.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/49 |
Zitationshilfe: | Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/49>, abgerufen am 16.02.2025. |