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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.

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Poggend. Ann. Bd. XV. S. 184 und Bd. XXXII. S. 270, im Voyage dans l'Oural p. 382-398 und im Edinb. Journal of Science, new Series Vol. IV. p. 355. Vergl. Kämtz, Lehrb. der Meteor. Bd. II. S. 217, und über das Aufsteigen der Chthonisothermen in Gebirgsgegenden Bischof S. 174-198.
72 (S. 228.) Leop. v. Buch in Poggend. Ann. Bd. XII. S. 405.
73 (S. 228.) Ueber die Temperatur der Regentropfen in Cumana, welche bis 22°,3 herabsinkt, wenn die Luft-Temperatur kurz vorher 30°-31° gewesen war und während des Regens 23°,4 zeigte, s. meine Rel. hist. T. II. p. 22. Die Regentropfen verändern, indem sie herabfallen, die Normal-Temperatur ihrer Entstehung, welche von der Höhe der Wolkenschichten und deren Erwärmung an der oberen Fläche durch die Sonnenstrahlen abhängt. Nachdem nämlich die Regentropfen bei ihrer ersten Bildung, wegen der frei werdenden latenten Wärme, eine höhere Temperatur als das umgebende Medium in der obern Atmosphäre angenommen haben, erwärmen sie sich allerdings etwas mehr, indem sich im Fallen und bei dem Durchgange durch niedere, wärmere Luftschichten Wasserdampf auf sie niederschlägt und sie sich so vergrößern (Bischof, Wärmelehre des inneren Erdkörpers S. 73); aber diese Erwärmung wird durch Verdampfung compensirt. Erkältung der Atmosphäre durch Regen wird (das abgerechnet, was wahrscheinlich dem electrischen Proceß bei Gewitterregen angehört) durch die Tropfen erregt, die, selbst von niedriger Temperatur wegen des Orts ihrer Entstehung, einen Theil der kalten höheren Luftschichten herabdrängen und, den Boden benetzend, Verdampfung hervorbringen. Dies sind die gewöhnlichen Verhältnisse der Erscheinung. Wenn in seltenen Fällen die Regentropfen wärmer (Humboldt, Rel. hist. T. III. p. 513) als die untere sie umgebende Luft sind, so kann vielleicht die Ursach in oberen warmen Strömungen oder in größerer Erwärmung langgedehnter, wenig dicker Wolken durch Insolation gesucht werden. Wie übrigens das Phänomen der Supplementar-Regenbogen, welche durch Interferenz des Lichtes erklärt werden, mit der Größe der fallenden Regentropfen und ihrer Zunahme zusammenhange; ja wie ein optisches Phänomen, wenn man es genau zu beobachten weiß, uns über einen meteorologischen Proceß nach Verschiedenheit der
Poggend. Ann. Bd. XV. S. 184 und Bd. XXXII. S. 270, im Voyage dans l'Oural p. 382–398 und im Edinb. Journal of Science, new Series Vol. IV. p. 355. Vergl. Kämtz, Lehrb. der Meteor. Bd. II. S. 217, und über das Aufsteigen der Chthonisothermen in Gebirgsgegenden Bischof S. 174–198.
72 (S. 228.) Leop. v. Buch in Poggend. Ann. Bd. XII. S. 405.
73 (S. 228.) Ueber die Temperatur der Regentropfen in Cumana, welche bis 22°,3 herabsinkt, wenn die Luft-Temperatur kurz vorher 30°-31° gewesen war und während des Regens 23°,4 zeigte, s. meine Rel. hist. T. II. p. 22. Die Regentropfen verändern, indem sie herabfallen, die Normal-Temperatur ihrer Entstehung, welche von der Höhe der Wolkenschichten und deren Erwärmung an der oberen Fläche durch die Sonnenstrahlen abhängt. Nachdem nämlich die Regentropfen bei ihrer ersten Bildung, wegen der frei werdenden latenten Wärme, eine höhere Temperatur als das umgebende Medium in der obern Atmosphäre angenommen haben, erwärmen sie sich allerdings etwas mehr, indem sich im Fallen und bei dem Durchgange durch niedere, wärmere Luftschichten Wasserdampf auf sie niederschlägt und sie sich so vergrößern (Bischof, Wärmelehre des inneren Erdkörpers S. 73); aber diese Erwärmung wird durch Verdampfung compensirt. Erkältung der Atmosphäre durch Regen wird (das abgerechnet, was wahrscheinlich dem electrischen Proceß bei Gewitterregen angehört) durch die Tropfen erregt, die, selbst von niedriger Temperatur wegen des Orts ihrer Entstehung, einen Theil der kalten höheren Luftschichten herabdrängen und, den Boden benetzend, Verdampfung hervorbringen. Dies sind die gewöhnlichen Verhältnisse der Erscheinung. Wenn in seltenen Fällen die Regentropfen wärmer (Humboldt, Rel. hist. T. III. p. 513) als die untere sie umgebende Luft sind, so kann vielleicht die Ursach in oberen warmen Strömungen oder in größerer Erwärmung langgedehnter, wenig dicker Wolken durch Insolation gesucht werden. Wie übrigens das Phänomen der Supplementar-Regenbogen, welche durch Interferenz des Lichtes erklärt werden, mit der Größe der fallenden Regentropfen und ihrer Zunahme zusammenhange; ja wie ein optisches Phänomen, wenn man es genau zu beobachten weiß, uns über einen meteorologischen Proceß nach Verschiedenheit der
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[446/0465] ⁷¹ Poggend. Ann. Bd. XV. S. 184 und Bd. XXXII. S. 270, im Voyage dans l'Oural p. 382–398 und im Edinb. Journal of Science, new Series Vol. IV. p. 355. Vergl. Kämtz, Lehrb. der Meteor. Bd. II. S. 217, und über das Aufsteigen der Chthonisothermen in Gebirgsgegenden Bischof S. 174–198. ⁷² (S. 228.) Leop. v. Buch in Poggend. Ann. Bd. XII. S. 405. ⁷³ (S. 228.) Ueber die Temperatur der Regentropfen in Cumana, welche bis 22°,3 herabsinkt, wenn die Luft-Temperatur kurz vorher 30°-31° gewesen war und während des Regens 23°,4 zeigte, s. meine Rel. hist. T. II. p. 22. Die Regentropfen verändern, indem sie herabfallen, die Normal-Temperatur ihrer Entstehung, welche von der Höhe der Wolkenschichten und deren Erwärmung an der oberen Fläche durch die Sonnenstrahlen abhängt. Nachdem nämlich die Regentropfen bei ihrer ersten Bildung, wegen der frei werdenden latenten Wärme, eine höhere Temperatur als das umgebende Medium in der obern Atmosphäre angenommen haben, erwärmen sie sich allerdings etwas mehr, indem sich im Fallen und bei dem Durchgange durch niedere, wärmere Luftschichten Wasserdampf auf sie niederschlägt und sie sich so vergrößern (Bischof, Wärmelehre des inneren Erdkörpers S. 73); aber diese Erwärmung wird durch Verdampfung compensirt. Erkältung der Atmosphäre durch Regen wird (das abgerechnet, was wahrscheinlich dem electrischen Proceß bei Gewitterregen angehört) durch die Tropfen erregt, die, selbst von niedriger Temperatur wegen des Orts ihrer Entstehung, einen Theil der kalten höheren Luftschichten herabdrängen und, den Boden benetzend, Verdampfung hervorbringen. Dies sind die gewöhnlichen Verhältnisse der Erscheinung. Wenn in seltenen Fällen die Regentropfen wärmer (Humboldt, Rel. hist. T. III. p. 513) als die untere sie umgebende Luft sind, so kann vielleicht die Ursach in oberen warmen Strömungen oder in größerer Erwärmung langgedehnter, wenig dicker Wolken durch Insolation gesucht werden. Wie übrigens das Phänomen der Supplementar-Regenbogen, welche durch Interferenz des Lichtes erklärt werden, mit der Größe der fallenden Regentropfen und ihrer Zunahme zusammenhange; ja wie ein optisches Phänomen, wenn man es genau zu beobachten weiß, uns über einen meteorologischen Proceß nach Verschiedenheit der

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/465>, abgerufen am 10.10.2024.